"Vestiges & Claws" von José González

Luftig-leichte Melodien

José González, hier mit seiner Band Junip in Jena.
José González, hier mit seiner Band Junip bei einem Konzert in Jena. © imago/Vidata
Von Anke Behlert · 24.02.2015
Eigentlich wollte José González Biochemiker werden. Aber die Menschen waren von seiner Musik begeistert und so schmiss der Sohn argentinischer Eltern das Studium. Jetzt erscheint bereits sein drittes Album "Vestiges & Claws". Songs perfekt für den Alltag.
"The Extraordinary Ordinary Life of José González", also das außergewöhnlich gewöhnliche Leben des José González heißt ein Dokumentarfilm aus dem Jahr 2011. Er zeigt in langen ruhigen Einstellungen den Musiker José González beim Frühstücken, Songs schreiben oder wie ihm im Flugzeug beim Einschlafen immer wieder der Kopf zur Seite fällt. Das ist so unspektakulär, wie es klingt und trotzdem spannend. Gleiches gilt auch für die Musik von González. Sparsame Melodien, eine gekonnt gezupfte Gitarre und eine sanfte Stimme – mehr ist es meistens nicht. Aber Gonzalez zaubert aus diesen wenigen Zutaten wunderschön schimmernde Songperlen.
José González ist ein freundlicher, unaufgeregter Mensch. Er wächst als Sohn argentinischer Einwanderer im schwedischen Göteborg auf. Mit 14 lernt er klassische Gitarre und spielt bis heute ausschließlich ohne Plektrum, nur mit seinen Fingern. 2003 erschien sein erstes Solo-Album. "Vestiges & Claws" ist sein drittes und damit wird eine Art Trilogie abgeschlossen, sagt er.
"Das ist das dritte Album mit Akustikgitarre, Percussion und Gesang. Es hätte auch elektronische Musik sein können, aber ich habe mich entschieden, im selben Genre zu bleiben. Wenn man die Alben insgesamt betrachtet, findet man ähnliche Themen und Sounds. Sie gehören deshalb schon zusammen, aber es ist jetzt nicht wie die Starwars Trilogie."
Karriere in der Forschung
Ursprünglich wollte José González in der Forschung Karriere machen und studierte Biochemie. Als aber das Interesse an seiner Musik immer mehr wuchs, brach er das Studium ab. Sein wissenschaftlicher Hintergrund ist in seiner Musik immer noch allgegenwärtig. Das fängt schon beim Albumtitel "Vestiges & Claws" an.
"Es ist ein ziemlicher Zungenbrecher, aber ich wollte einen Titel, der eine Bedeutung hat. Bei meinem ersten Album ´Veneer`hat das gut geklappt, da hat der Titel den Kern der Songs ausgedrückt. Bei ´Vestiges and claws´ ist das ähnlich. Ein ´vestige` ist ein Überbleibsel. Etwas das über lange Zeit gleich geblieben ist, aber seine Funktion verloren hat. Wie zum Beispiel Teile unseres Skeletts oder in der Kultur bestimmte Rituale."
González kritisiert in seinen Songs Religion und Aberglauben. Er ruft dazu auf, den eigenen Verstand zu benutzen und sich von Vernunft leiten zu lassen. Man könnte meinen, er habe einen pädagogischen Auftrag.
"Ich mag diesen Aspekt meiner Musik"
"Es gibt schon diesen Ansatz, aber das kommt eher aus einer Frustration meinerseits. Die meisten Leute haben ihre Erfahrungen und da kann man schlecht sagen, das ist aber falsch. Es gibt vielleicht Gründe, und man könnte Erklärungen finden, aber die Erfahrung an sich ist ja nicht falsch. Wenn ich also Wörter wie ´Wahrheit` oder ´Vernunft` benutze, bin ich mir bewusst, dass das problematisch ist. Aber für mich ist das eine Art von Punk, weil meine Musik und die Art wie ich singe, ja sehr harmlos klingen. Dafür lege ich mit den Texten den Finger in die Wunde. Ich mag diesen Aspekt meiner Musik."
Dank der luftig-leichten Melodien und seinem immer etwas schläfrig wirkenden Gesang klingt das Ganze zum Glück nie nach erhobenem Zeigefinger. Die Songs von José González kommen ohne viel Dramatik aus und berühren trotzdem. Oder vielleicht gerade deshalb. Seine unaufgeregte Musik passt einfach sehr gut zum Leben der meisten Menschen. Da reihen sich ja oftmals auch eher unspektakuläre Momente aneinander wie Frühstücken, Arbeiten und Schlafen. Aber gerade das Gewöhnliche kann auch spannend sein, wie José González mit seiner Musik beweist.
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