Verwechslungsdrama

Nach der Geburt vertauscht

Cannes: Der japanische Regisseur Hirokazu Kore-eda mit den Schauspielern Shogen Hwang (links) und Keita Ninomiya aus dem Film "Like Father, like Son" auf dem Filmfestival
Der Regisseur Hirokazu Kore-eda (mitte) mit den zwei jungen Schauspielern Shogen Hwang (links) und Keita Ninomiya auf dem Filmfestival in Cannes © Valery Hache / AFP
Von Anke Leweke · 24.09.2014
In dem neuen Film des japanischen Regisseurs Hirokazu Kore-eda geht es um zwei im Hospital vertauschte Kinder und schließlich um die Frage, ob Blutsverwandtschaft oder Sozialisation für die Eltern-Kind-Beziehung wichtiger ist.
Die Filme von Hirokazu Kore-eda kreisen um die Familie oder besser um die Sehnsucht nach Familie. "I wish" nimmt die Perspektive eines Scheidungskindes ein, in "Nobody knows" wiederum folgt die Kamera einem kleinen Jungen, der sich um seine noch kleineren Geschwister kümmern muss, weil die Mutter immer wieder für Wochen spurlos verschwindet. Offenbar hat die Familie, diese kleinste Gemeinschaft einen besonderen Stellenwert in Japan, gibt den Rückhalt in einer autoritätshörigen Gesellschaft.
Kore-edas neuer Film "Like Father, like Son" erzählt die Geschichte zweier nach der Geburt im Krankenhaus vertauschter Kinder und wirft dabei die Frage auf, was eine Familie wirklich ausmacht? Die Verbundenheit und Vertrautheit durch das gemeinsame Zusammenleben oder doch die Blutsbande?
Plötzlich die richtigen Eltern kennenlernen
Stets tritt die Kamera einen Schritt zurück, um die Reaktionen aller Beteiligten zu registrieren: Die Verunsicherung der beiden kleinen Jungen, die plötzlich ihre richtige Eltern kennenlernen und die gar nicht wissen, wie ihnen geschieht. Das Fremdheitsgefühl der Eltern gegenüber einem Jungen, der ihr biologischer Sohn ist, den sie aber gar nicht kennen.
Auch wenn die Totale eine Einstellung ist, die auf Distanz geht, erzeugt sie hier gerade Nähe zu ihren Figuren. Der Film entscheidet sich nicht für eine Perspektive, sondern entwickelt mit präzisem Blick Verständnis für alle Beteiligten. Soviel Verständnis, dass auch der Zuschauer in das Geschehen involviert wird und sich ebenso ohnmächtig und von den Gefühlen zerrissen fühlt, wie die Menschen auf der Leinwand.

"Like Father, like Son" von Hirokazu Kore-eda
Mit: Masahura Fukuyuma, Machiko Ono, Lily Franky
Japan, 2013