Verrazano Narrows Bridge

Einst die längste Hängebrücke der Welt

Blick auf die Verrazano Narrows Bridge im Morgengrauen, aufgenommen vom Hudson aus am 13.09.2010.
Einst war sie die längste Hängebrücke der Welt: die Verrazano Narrows Bridge. © picture alliance/dpa-Zentralbild - Daniel Gammert
Von Regina Kusch · 21.11.2014
Vor 50 Jahren wurde in New York die bis dahin längste Hängebrücke der Welt eingeweiht: die Verrazano Narrows Bridge. Zehn Jahre lang hatten 12.000 Arbeiter Stahl und Beton zusammengefügt. Das Bauwerk von Ingenieur Othmar Hermann Ammann wurde als Gipfel der modernen Brückenbaukunst gefeiert.
"Was haben wir schon anderes getan, als Wäscheleinen zwischen zwei Pfosten aufzuspannen?"
Mit diesen Worten übergab der 85-jährige Bauingenieur Othmar Hermann Amman der New Yorker Öffentlichkeit am 21. November 1964 die damals größte Hängebrücke der Welt. Mit der Verrazano Narrows Bridge erhielt die Stadt der Superlative ein weiteres Monument des technischen Fortschritts, das mit zwei stählernen Brückenpfeilern, höher als der Kölner Dom, und einer Spannweite von knapp anderthalb Kilometern über der New Yorker Hafeneinfahrt, Brooklyn mit Staten Island verband.
Benannt wurde sie nach dem italienischen Seefahrer und Entdecker der Meerenge, Giovanni da Verrazzano. Kritiker lehnten diesen Namen ab, Verrazzano sei in der amerikanischen Bevölkerung nahezu unbekannt, außerdem sei der Name zu lang. Doch man fand keine mehrheitsfähige Alternative, erzählt der Amerikanistikprofessor Christoph Ribbat.
"Einen kleinen Kompromiss gab es, der sehr amerikanisch ist, finde ich, dass man nämlich ein Z aus dem Namen Verrazzano noch herausgenommen hat. Der wurde eigentlich mit zwei Z geschrieben. Jetzt als Brücke hat er nur noch ein z, und so wurde sie ein kleines bisschen kürzer."
Die Brücke und die Italoamerikaner
In den italienischen Vierteln Brooklyns am Fuß der Brücke war Verrazzano ein Held und die Brücke ein Symbol.
"Die Italoamerikaner wollten zeigen, wir sind nicht nur Mafiosi oder arme sizilianische Pizzabäcker, sondern Italoamerikaner haben Amerika geformt, von Anfang an. Es gibt die Geschichte, dass das erste Auto, das über diese Brücke fuhr, dass in dem vier italoamerikanische Jugendliche saßen. Und dass der erste Angestellte im Mauthäuschen, der das Geld von diesen Jugendlichen entgegennahm, auch Italoamerikaner war. Und der nahm die Münze, die sie ihm gaben und hat sie sich in die Tasche gesteckt und hat sie durch eine eigene Münze ersetzt und so blieb die erste Maut für die Verrazano-Bridge fest in italoamerikanischer Hand."
Ein filmisches Denkmal wurde ihr mit "Saturday Night Fever" gesetzt, in dem John Travolta einen jungen Italoamerikaner spielt, der nichts als Tanzen im Kopf hat - und diese Brücke.
"Weißt du, wie hoch diese Brücke ist? Die Brücke, der Turm ist 210 Meter hoch. Jedes Jahr fahren über 40 Millionen Autos darüber. 127.000 Tonnen Stahl sind in dem Ding verbaut. Und Beton, da haben sie fast eine dreiviertel Million Kubikmeter Beton reingeschüttet. Das ist eine irre Menge. Und mit den Auffahrrampen kommt eine ungefähre Gesamtlänge von etwa zweieinhalb Meilen raus."
Spitzenlöhne lockten Brückenbauspezialisten aus aller Welt in den Big Apple. Viele von ihnen waren kanadische Mohawk-Indianer, die schwindelfrei auf schwankenden Strickleitern mächtige Stahltrossen spannten. Der Journalist Gay Talese, ebenfalls Italoamerikaner, widmete sein Buch "The Bridge" den 12.000 Arbeitern.
"Es war grau und windig. Edward Iannielli blickte auf die Arbeitsbühnen auf den Hunderte von Männern in flatternden Kleidern an den Kabeln zerrten. Plötzlich hörte er unter sich einen Aufschrei: Eddie, Eddie, hilf mir! Und sah wie Gerard McKee an der südlichen Ecke des Arbeitsbalkens hängend, die Seile des Stützgeländers umklammerte und um sein Leben kämpfte. Er kroch über den Balken und versuchte, McKee an seinen Armen hochzuziehen. Doch der war zu schwer. Andere Arbeiter kamen gelaufen, versuchten McKee zu ergreifen, der schrie: Beeilt euch, ich kann mich nicht mehr lange halten! Dann ließ er das Seil los und stürzte in die Tiefe. Iannielli schloss die Augen und begann zu weinen."
Ohne Rad- und Fußgängerwege
Um zu verhindern, dass sich Selbstmörder aus fast 70 Metern Höhe in den Hudson stürzen könnten, strich Planungschef Robert Moses die in Ammanns Entwurf vorgesehen Rad- und Fußgängerwege. Vor allem aber wollte er New York weiter zu einer Autostadt ausbauen.
"Robert Moses wollte eben möglichst breite, gerade Expressways, wo eben die Autos fahren konnten. Viele sagen, dass er die Stadt so auch ein Stück weit zerstört hat, und das Ironische daran ist, dass dieser Robert Moses, dieser Autonarr, diese Großstadt für Autos geplant und gebaut hat, dass der selber gar keinen Führerschein hatte, planierte aber die Stadt für das Auto."
Die Verrazano Narrows Bridge ist bis heute eine der meist befahrenen Autobahnbrücken der Welt. Aber einmal im Jahr gehört sie ganz den Fußgängern, wenn auf ihr der New York Marathon startet.
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