Verbrechen in Vietnam

"USA haben im Sommer 1964 einen Kriegsvorwand gesucht"

Amerikanische Soldaten 1968 beim Kampf um die Stadt Hue in Südvietnam.
Amerikanische Soldaten 1968 beim Kampf um die Stadt Hue in Südvietnam. © picture alliance / dpa / Foto: UPI
Bernd Greiner im Gespräch mit Robert Brammer · 02.08.2014
Vor 50 Jahren schossen im Golf von Tonkin angeblich vietnamesische auf amerikanische Soldaten. Die USA nutzten diesen Vorwand, um direkt in den Vietnamkrieg einzugreifen. Der Historiker Bernd Greiner hat die Ereignisse von damals erforscht und ein Buch geschrieben.
Robert Brammer: Der Vietnamkrieg war nicht nur der längste heiße Krieg im Kalten Krieg. Nirgendwo sonst wurden auch so viele Zerstörungsmittel eingesetzt. Über Vietnam und den angrenzenden Gebieten von Laos und Kambodscha warfen US-Kampfflugzeuge mehr Bomben ab, als auf allen Schauplätzen des Zweiten Weltkrieges zusammen. Millionen Hektar Land wurden durch Herbizide vergiftet. Riesige Waldgebiete durch das Entlaubungsmittel Agent Orange vernichtet. Der Anteil der Zivilisten unter den Kriegsopfern war extrem hoch. Er lag bei mehr als 40 Prozent. Vor 50 Jahren gab es ein Ereignis, das die USA direkt in Vietnam hat eingreifen lassen. Der sogenannte "Zwischenfall im Golf von Tonkin". Der Historiker Bernd Greiner hat dazu lange geforscht und ein Standartwerk mit dem Titel "Krieg ohne Fronten: Die USA in Vietnam" verfasst. Und jetzt ist er am Telefon. Guten Tag!
Bernd Greiner: Guten Tag!
Brammer: Was genau, Herr Greiner, ist damals vor 50 Jahren passiert?
"Es ging nur noch um das Wie, nicht mehr um das Ob"
Greiner: Na ja, wenn man es auf einen Satz bringen möchte, dann könnte man sagen, die USA haben im Sommer 1964 einen Kriegsvorwand gesucht. Sie hatten im Grunde genommen schon seit geraumer Zeit überlegt, mit welchen Mitteln und Methoden man in der Dritten Welt dem Einfluss, dem zunehmenden Einfluss nationaler Befreiungsbewegungen begegnen könnte. Und John F. Kennedy hat den bekannten Satz geprägt: "Vietnam is the place". An diesem Ort wollen wir zu dieser Zeit dieser Entwicklung einen Riegel vorschieben. Es ging nur noch um das Wie, nicht mehr um das Ob. Und das ist der Hintergrund für diesen Zwischenfall im Golf von Tonkin mit amerikanischen Patrouillenbooten und ihrem nordvietnamesischen Gegenüber, die sie angeblich beschossen hätten.
Brammer: Die Darstellung der Ereignisse von Tonkin durch die US-Regierung waren also bewusste Falschinformationen. Wer hat diese Falschinformationen damals zu verantworten gehabt?
Greiner: Das Pentagon einerseits, zum Zweiten der Verteidigungsmister, der wissend um die nicht Belastbarkeit dieser Informationen an die Presse gegangen ist und sie als Wahrhaftig verkauft hat. Und zum Dritten natürlich der Präsident, der dieses ganze Spiel mitgemacht hat und darüber hinaus sein nationaler Sicherheitsberater McGeorge Bundy.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Das vollständige Interview mit Prof. Bernd Greiner können Sie in unserem Audio-On-Demand-Angebot nachhören.
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