Verbraucherschutz

Wie riskant sind Energydrinks?

Eine Reihe Dosen mit Energy-Getränken verschiedener Marken
Eine Reihe Dosen mit Energy-Getränken verschiedener Marken © picture-alliance / dpa / Romain Fellens
Von Udo Pollmer · 28.11.2014
Übelkeit, Schwindel, Herzversagen: In der Presse mehren sich Artikel, die auf gesundheitliche Risiken von Energydrinks hinweisen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung berichtet sogar von ungeklärten Todesfällen.
Viele Jugendliche lieben Energydrinks, doch Behörden wie das Bundesinstitut für Risikobewertung warnen. Denn die Zahl der Vergiftungsfälle durch diese Getränke nimmt weltweit zu, im Jahr 2011 suchten bereits über 20.000 Amerikaner die Notaufnahme auf. Dabei ist zu bedenken, dass es ist nicht unüblich ist, wenn junge Leute die Drinks gleich literweise konsumieren. Eine Überdosis könne, so die Fachpresse, erhöhten Blutdruck, Übelkeit, Schwindel und Herzversagen auslösen – und so im schlimmsten Fall zum Tod führen. Verantwortlich dafür soll das Koffein sein. Gar nicht auszudenken, möchte man einwenden, wie gefährlich erst Kaffeehäuser und Teestuben sein müssen, die ahnungslosen Gästen kännchenweise bedrohliches Koffein kredenzen.
Doch ganz so einfach ist es nicht: Ein erheblicher Anteil der Fälle betrifft Kleinkinder, die die Plörre versehentlich geschluckt haben. Bohnenkaffee ist im Gegensatz dazu bitter und wird von den Kleinen sofort ausgespuckt, aber die pappsüßen Getränke konsumieren sie bereitwillig, auch dann, wenn der Koffeingehalt viel höher ist als in Cola. Die Gefahr entsteht durch die "kinderfreundliche" Rezeptur. Wegen seines penetranten Geschmacks heißt das Zeug im Volksmund ja auch "Gummibärchensaft".
Riskante Kombination mit Alkohol
Verbraucherschützern sind die Drinks ein Dorn im Auge, weil sie mit Alkohol konsumiert werden: Durch das viele Koffein blieben die Menschen wach und bekämen so ihre Alkoholvergiftung gar nicht mit. "Wer immer wacher und wacher wird, kann auch immer weiter trinken", haben aufmerksame Journalisten herausgefunden. Ob da purer Wodka besser ist, als der Versuch, den Alkohol mit Gummibärchensaft zu verdünnen, sei dahingestellt. Abgesehen davon ist Cola mit Schuss im Prinzip das Gleiche. Oder der Pharisäer, also gezuckerter Kaffee mit Rum und Sahnehäubchen.
Dennoch gibt es einen Unterschied zu den Energydrinks: Letztere enthalten dubiose Zusätze wie Taurin, die nur dazu da sind, die Fantasie der Konsumenten zu beschäftigen. Taurin ist eigentlich ein Abbauprodukt des Eiweißstoffwechsels. Der menschliche Körper stellt es in geringer Menge selbst her. Exakt dieses Taurin in den Drinks ist dem Bundesinstitut für Risikobewertung ein Dorn im Auge, da es darin in erheblicher Menge enthalten ist. Die Behörde befürchtet Wechselwirkungen mit Koffein und Alkohol. Doch dazu gibt es kaum verwertbare Daten, einmal abgesehen von ein paar Mäuseversuchen.
Deren Ergebnisse war zunächst erfreulich: Taurin wirkte den Alkoholschäden im Mäusehirn entgegen. Doch eine Erhöhung der Taurindosis hatte fatale Folgen. Die Tiere starben an der Kombination von Alkohol und Taurin. Junge Mäuse reagierten deutlich empfindlicher als ältere. Der Tod war gekennzeichnet von einem massiven Abfall des Blutzuckers.
Obduktionen ohne konkrete Ergebnisse
Lässt sich dieses Ergebnis auf den Menschen übertragen? Vielleicht. Auf jeden Fall aber sollten die Todesfälle von jungen Leuten nach massiven Konsum von Energydrinks zu denken geben: Denn bei der Obduktion wurde oftmals keinerlei Todesursache festgestellt. Womöglich kommt es bei empfindlichen Personen so, wie bei den Mäusen, zu einem Abfall des Blutzuckers. Wenn sie dann noch auf Partys die Nacht durchtanzen, ohne etwas zu essen, ist der Unterzucker vorprogrammiert. Sollte das eine Erklärung für die Todesfälle sein, dann müssen zumindest Energydrinks, die statt Zucker Süßstoffe enthalten, verboten werden. Zucker wäre dann lebensrettend.
Es ist schon merkwürdig: Da werden Getränke auf den Markt gebracht, die sinnlose Zutaten enthalten wie Taurin – und niemand weiß so recht, wie sie im Körper in Kombination mit anderen Zutaten wirken. Die Warnungen der Bundesbehörde sind offenbar in den Wind gesprochen.
Was lehrt uns das? Energydrinks sind von kleinen Kindern fernzuhalten, sie sollten nicht literweise getrunken werden – schon gar nicht in Verbindung mit intensiver sportlicher Betätigung. Und vor allem: Die Hersteller sollten auf den Zusatz von Substanzen mit unklarem Wirkungsprofil verzichten. Mahlzeit!
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