"Verbindungen schaden nur dem, der keine hat"

Consul Weyer im Gespräch mit Joachim Scholl · 26.08.2009
Hans-Hermann Consul Weyer Graf von Yorck, auch der "Schöne Consul" genannt, will aktuellen Bundestagsabgeordneten Titel wie Diplomaten- oder Doktortitel beschafft haben. Sein Geschäft hat ihn reich gemacht.
Joachim Scholl: Korruption an deutschen Universitäten – über 100 Professoren sollen gegen Geld zahlungswillige Kandidaten zum Doktor emporgeschwindelt haben. Die Aufregung ist groß. Und wir sind gleich mit einem, vielleicht dem Fachmann im Metier verbunden, nämlich Consul Weyer Graf von Yorck, einer breiten, deutschen Öffentlichkeit auch als der "Schöne Consul" bekannt. Der ist jetzt am Telefon, guten Morgen!

Hans-Hermann Consul Weyer Graf von Yorck: Ich grüße Sie herzlich!

Scholl: 4000 bis 20.000 Euro sollen aktuell so geflossen sein für einen deutschen Doktortitel. Was haben Sie denn seinerzeit dafür verlangt?

Weyer: Ja, Sie sehen schon an der Preisklasse: Dafür wäre ich nicht mal aufgestanden morgens. Die Leute haben an dem falschen Ende gespart und ich möchte vorab sagen, dass ich über jeden mich freue, der auffliegt, denn die Leute machen das unseriös und ich habe das 35 oder 37 Jahre seriös betrieben und alle meine Leute haben ihre Doktortitel bis heute im Pass eingetragen und unantastbar geführt.

Scholl: Wie haben Sie denn das gedeichselt mit einem Doktor?

Weyer: Ich habe eine konkurrenzlose Materie und kann ja nicht jetzt Betriebsinterna verraten. Aber ich kann Ihnen sagen: Auf meinem Schreibtisch in Rio de Janeiro, meinem Hauptwohnsitz, steht ein Spruch: Verbindungen schaden nur dem, der keine hat.

Scholl: Aber noch mal: Was hat denn damals ein Doktor gekostet bei Ihnen?

Weyer: Ja, ich habe das so gemacht, dass ich mit Universitäten aus europäischen, großen Städten – wie zum Beispiel Padua und vielen, vielen anderen – zusammengearbeitet habe und dann haben die Urkunden bekommen, wo drinstand jeweils oder drin steht, auch bis heute: Der Herr Soundso oder Frau Soundso haben sich um die Universität verdient gemacht. Und verdient gemacht heißt ja, dass sie entweder Akademisches geleistet haben – also eine Doktorarbeit geleistet haben – oder eben auch dem Dekan und dem Rektor eine Spende gemacht haben. Da habe ich immer Wert drauf gelegt, dass auch viele arme Studenten, die kein Geld hatten ... Deswegen bin ich eigentlich einer der größten Entwicklungshelfer auf.

Scholl: Aber das waren doch damals dann sozusagen Ehrendoktoren, also Dr. h.c. Ich meine, wenn ich 20.000 Euro, sage ich jetzt mal – Sie wollen die Summe anscheinend wirklich einfach nicht verraten, egal –, wenn ich 20.000 Euro der Universität Padua stifte und die gibt mir dafür einen Doktor, da habe ich ja keine wissenschaftliche Leistung erbracht.

Weyer: Nein, aber das ist absichtlich so gehalten, dass, wenn Sie also einen Ehrendoktor bekommen haben, dann bekommen Sie also eine Urkunde, die von den ... muss ich Ihnen noch sagen, in Deutschland ist es zum Beispiel Länderhoheitssache, der Eintrag, und die Länder tragen den Doktortitel im Pass ein. Und wenn einer den Dr. h. c. eingetragen hat, dann darf er ihn ordentlich führen und an seinem Türschild steht "Dr." und da kann kein Mensch dran rütteln. Viele werden, will ich Ihnen verraten, vergessen dann, das h. c. zu schreiben.

Scholl: Was waren das eigentlich für Leute, denen Sie damals so Titel verkauften?

Weyer: Ja, bis zu Bundestagsabgeordneten im laufenden Parlament, viele Kaufleute und viele angesehene Multimillionäre, die jedes Kind kennt, die dann, nachdem sie ihre Karriere gestartet haben, viel Geld verdient haben, aber sich etwas nackt gefühlt haben, vor dem Namen keinen Titel hatten. Und deswegen habe ich ja auch so viele Konsulate, Wahlkonsulate, Honorarkonsulate gemacht. Das war dann der Ersatzdoktor für die Leute.

Scholl: Im laufenden Bundestag, sagen Sie. Verraten Sie uns jemand?

Weyer: Nein, natürlich nicht. Ich meine ...

Scholl: Ach, kommen Sie!

Weyer: Ich könnte das Geschäft doch nicht so erfolgreich und konkurrenzlos betreiben, wenn ich jemals einen Namen genannt hätte. Ich habe meinen Bestseller geschrieben, den Sie möglicherweise kennen, ...

Scholl: "Ich, der schöne Consul".

Weyer: Ja, "Ich, der schöne Consul", 240.000 Mal verkauft worden, und da kann man alles nachlesen.

Scholl: Ich meine, früher haben Sie auch Titel und Orden eines fiktiven Fürstentums, wenn ich richtig orientiert bin, gehandelt. Es war ja wahrscheinlich eine glänzende Geschäftsidee, oder?

Weyer: Nennen wir es mal so: Da war ich 18 oder 19 Jahre, hatte ich gerade das Abitur gemacht, hatte kein Geld, und da habe ich mit jemandem zusammen ein Fürstentum gegründet und wir haben dann auch regelrechte Eintragungen, wie sagt man, versucht, das beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag genehmigt zu bekommen, und das ist leider schiefgegangen. Das war ein Anfängerfehler.

Scholl: Na, mit 18, aber ein ganz schön kregeler Junge waren Sie damals, oder?

Weyer: Ja, ich war nicht auf den Kopf gefallen.

Scholl: Sind Sie eigentlich noch im Geschäft, Herr Weyer?

Weyer: Ja, natürlich. Ich halte noch zwei Mal im Jahr Sprechstunde, ich habe eine deutsche Botschaftertochter geheiratet und wir sind 20 Jahre glücklich verheiratet, und ich pendle zwischen Captiva Island und meinem Hauptwohnsitz Rio de Janeiro hin und her und habe ein eigenes kleines Flugzeug und eine Yacht und es geht mir gut, ich bin kerngesund.

Scholl: Herr Weyer, aber jetzt mal, wirklich mal, würde ich gern mal eine Summe hören. Was muss ich denn heute für einen Titel anlegen? Sagen wir, ich möchte gern Dr. h.c. sein und vielleicht ein kleines Honorarkonsulat in irgendeinem netten, asiatischen Kleinstaat haben. Was kostet mich das bei Ihnen?

Weyer: Ja, dann hole ich erst mal eine Auskunft über Sie ein, ob Sie ein genauso gutes Führungszeugnis haben wie ich selbst, und dann ist es so, dass ich sechsstellig überhaupt erst anfange zu verhandeln.

Scholl: 100.000 Euro, so? 200.000?

Weyer: Kommt aufs Land an. 100.000, 200.000, 250.000, 300.000, kommt darauf an, ob es ein europäisches Land ist, wissen Sie? Dann wird es dann auch noch mal noch teurer. Und da kommt es dann darauf an, welchen Beruf man hat. Es gibt zum Beispiel skandinavische Länder, die Wert darauf legen, dass Sie in Banken vertreten sind. Das werden Sie öfter schon gesehen haben, dass manche Bankenvorstände ein skandinavisches Konsulat haben.

Scholl: Ihr Privatvermögen wird ja auf 100 Millionen Euro geschätzt, das heißt, Sie haben mit dieser Idee ja ganz gut verdient. Diese deutschen Professoren, die sich da jetzt also mit 4000 bis 20.000 Euro haben ja abspeisen lassen, könnte man ja sagen im Vergleich mit diesen Summen – waren das dann eigentlich alles relative Stümper?

Weyer: Ja, das sind natürlich Stümper. Wenn ein Mann, der eine akademische Karriere gemacht hat, auf so ein Angebot eingeht und da mitmacht, dann hat er selbst Schuld, wenn ihm das verboten wird.

Scholl: Was würden Sie denn jetzt aus Ihrem großen Erfahrungsschatz heraus einem jungen Menschen, sagen wir mal 18, der denkt, der Consul Weyer, der hat es gebracht, ich habe auch so eine Idee oder ich möchte auch so was machen, was würden Sie dem denn raten?

Weyer: Ich darf Ihnen sagen: Ich habe gerade eine Sendung gemacht von RTL, und daraufhin habe ich 6700 Briefe bekommen. Und da sind über 1000 Leute, die kostenlos bei mir in die Lehre gehen wollen, aber ich brauche natürlich keinen Lehrling. Und das ist eine Sache, die ganz, ganz auf meine Person zugeschnitten ist. Und wenn zum Beispiel ein Dekan einer Universität mit 28.000 Studenten sich darauf einlässt, mit mir ein Geschäft zu machen, dann ist es natürlich wichtig, dass er sich hundertprozentig auf mich verlassen kann. Und deswegen habe ich auch in meinem Leben noch niemals Probleme gehabt, es sei denn, solange ich in Deutschland wohnte, hat natürlich bei den großen Umsätzen, die ich gemacht hatte, immer die Steuer ein Interesse an mir gehabt.

Scholl: Das wäre also dann vielleicht doch ein Tipp. Also: Wenn du ins Titelhandelgeschäft möchtest, sei seriös und solide.

Weyer: Genau, das ist die Voraussetzung, aber wie eigentlich in jedem Geschäft. Wenn Sie heute unseriös sind, dann ist das eine Frage der Zeit, dass das schiefgeht.

Scholl: Consul Weyer Graf von Yorck, der wohl berühmteste Mann für prominente Titel hier im Deutschlandradio Kultur. Ich danke Ihnen herzlich für das Gespräch!

Weyer: Danke Ihnen!
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