USA: Republikaner in neuer Verantwortung

Die Grabenkämpfe der Sieger

Der künftige US-Präsident Donald Trump verabschiedet Mitt Romney.
Der künftige US-Präsident Donald Trump verabschiedet Mitt Romney, einen der Kandidaten für das Außenamt © picture alliance / dpa / Aude Guerrucci / Pool
Von Thilo Kößler · 21.11.2016
Donald Trump ist derzeit dabei, wichtige Posten zu besetzen. Wer künftig an welchen Hebeln sitzt, entscheidet auch über die Zukunft der Republikanischen Partei. Die sucht derzeit - tief gespalten durch den Wahlkampf - nach innerer Einheit.
Das Wahlergebnis war noch gar nicht richtig bei den Parteifreunden angekommen – da lehnte sich ausgerechnet Paul Ryan, der republikanische Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, schon weit aus dem Fenster:
"We are on the same page with our president-elect."
Die republikanische Partei stehe geschlossen hinter ihrem gewählten Präsidenten Donald Trump – und das nach einem Wahlkampf, der nicht nur tiefe Spuren in der amerikanischen Gesellschaft hinterlassen hat, sondern auch zu einer beispiellosen Zerreißprobe für die republikanische Partei wurde.
Tatsächlich deutet alles darauf hin, dass die Republikaner in Anbetracht dieses ebenso überraschenden wie eindeutigen Wahlsieges Donald Trumps zunächst einmal die Reihen schließen, sagt Peter Sparding vom German Marshall Fund, einem Think-Tank in Washinton.
"Ich glaube, die Republikaner sind eine geteilte Partei in vielen verschiedenen Bereichen. Es gibt nach wie vor die Establishment-Republikaner, moderate Kräfte. Es gibt in der Außenpolitik die Hardliner, die sog Neokons und dergleichen und dann gibt es jetzt eine, vor allem von der Basis getragene Gruppe der Trump-Anhänger, die sich möglicherweise mischt mit einigen der bekannten Tea-Party-Anhänger. Dadurch, dass Donald Trump diese Wahl so überraschend gewonnen hat, hat diese Gruppe im Moment den Vorrang. Und solange der Wahlsieg noch nachwirkt und die Popularität für den Wahlsieger noch gegeben ist, hat er freie Hand innerhalb der Partei."
So sieht das auch Frances Burwell, die Vizepräsidentin des einflussreichen Atlantic Council, einer Denkfabrik, die sich mit dem transatlantischen Verhältnis beschäftigt:
"Donald Trump hat alles getan, was er konnte, um die Partei zu einen. Er hat nicht nur die Wahl gewonnen, sondern es auch geschafft, dass der Senat in der Hand der Republikaner blieb. Obwohl seine Partei so große Probleme mit ihm hatte, hat er nun eine unangefochtene Machtposition. Und die Partei wird sich zunächst hinter ihm zusammenschließen, weil es den Abgeordneten und Senatoren leichter fällt, ihre Posten zu behalten."

Der Übergang könnte nicht holpriger sein

Damit ist aber keinesfalls gesagt, dass die Partei bereits Fuß gefasst hat und zur Tagesordnung übergehen kann: Diesen Machtwechsel haben sich viele anders vorgestellt – der Übergang in die Amtszeit des 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika könnte holpriger nicht sein.
Das liegt nicht nur daran, dass Donald Trump das politische Epizentrum von Washington nach New York verlegt hat, in die privaten Gemächer seines Trump-Towers. Bereits das wird als politisches Statement gegen die verhassten Eliten in der Washingtoner Machtblase gewertet.
Wie bereits im Wahlkampf, stützt sich Donald Trump auch in dieser Übergangsphase auf seine eigene Familie. Trumps Söhne Eric und Donald junior, seine Tochter Ivanka und vor allem deren Ehemann Jared Kushner bilden den Kern eines Beraterteams, das auch unter republikanischen Parteigranden Misstrauen hervorruft.
Die Rede ist von einer möglichen Interessenkollision zwischen Staatsamt und Geschäftsinteressen. Die Rede ist immer mehr von Nepotismus, von familiärer Begünstigung, die kraft Gesetzes verboten ist.
Insbesondere Schwiegersohn Jared Kushner ist Objekt von Mutmaßungen. Frances Burwell weiß, dass Kushner so reich ist, dass er ein Gehalt gar nicht nötig hat – weshalb seine persönliche Beratertätigkeit kaum justiziabel werden dürfte.
"This could be one way around the entire nepotism thing. If he does not need to paid and he will be just informal adviser, just a member of the family. That is one way around."
Als in den ersten Tagen nach der Wahl mit Chris Christie einer der einflussreichsten Republikaner im Umfeld Donald Trumps aus dem Übergangsteam entlassen wurde, galt das als Racheakt Jared Kushners – Chris Christie hatte dessen Vater einst den Prozess gemacht.
Statt Christie berief Donald Trump Rience Prebus ins Weiße Haus – der hoffnungsvolle Vertreter des moderaten Establishments der republikanischen Partei soll dort den einflussreichen Posten des Stabschefs bekommen. Eine Ernennung mit beruhigender Signalwirkung an die zunehmend nervöse Partei – doch die Erleichterung wich dem nackten Entsetzen, als Donald Trump seinen obersten Wahlkampfmanager Stephen Bannon zum künftigen Chefstrategen im Weißen Haus ernannte.
Bildkombo mit Reince Priebus und Steve Bannon
Der Chef der Republikaner Reince Priebus (l.) wird Stabschef im Weißen Haus; Steve Bannon ist Trumps künftiger Chefstratege und Schrecken aller liberalen Geister.© dpa/imago
Bannon, ehemals Kopf der stramm rechten und ausgewiesen nationalistischen Internet-Plattform Breitbart, gilt als populistischer Hardliner und Exponent der rechtsextremen bis offen rassistischen amerikanischen "AltRight"-Bewegung. Allein diese Personalie wirkte wie eine Absage an die Parteieliten und ein Bekenntnis zu den radikalen Thesen im Wahlkampf.

Zwei streiten sich, und Trump entscheidet

Seither ist die Partei mit der Frage beschäftigt, ob sich bereits jetzt ein erbitterter Machtkampf zwischen den moderaten Parteikreisen und den neuen Machtzirkeln abzeichnet. Auch für Frances Burwell ist es ein Rätsel, wie diese Exponenten ganz unterschiedlicher Flügel miteinander klarkommen sollen. Sie vermutet ein Kalkül hinter dieser Personalentscheidung Donald Trumps, das zum Muster weiterer Personalentscheidungen werden könnte: Zwei streiten sich, Trump entscheidet.
"How do they get along? This is a total mystery. Does Mr. Trump like to hear different views and then resolve them? Or does he have a system like that?"
Nach dem Präzedenzfall Stephen Bannons im Weißen Haus zeichnet sich immer klarer ab, dass Donald Trump seiner Präsidentschaft auch gemessen an den Maßstäben der republikanischen Partei ein ultrakonservatives, ja ausgewiesen rechtes und nationalistisches Profil geben möchte. Donald Trump hat bisher nur weiße Männer in sein Kabinett berufen – keine einzige Frau, noch keinen Afroamerikaner. Aber allen gemeinsam ist eine dezidiert anti-islamische Grundhaltung.
Das gilt für Jeff Sessions, den künftigen Justizminister, der Zeit seiner politischen Karriere mit Rassismus-Vorwürfen konfrontiert war. Und das gilt auch für Michael Flynn, den künftigen Sicherheitsberater im Weißen Haus, der den Islam einmal als politische Ideologie und Krebsgeschwür bezeichnet hat.
Erste Konflikte zwischen den Parteiflügeln dürften womöglich aber erst mit der Besetzung der so wichtigen Spitzenposten des Secretary of state, des Außenministers und des Verteidigungsministers zutage treten. Donald Trump hat im Wahlkampf die Gewissheiten der amerikanischen Außenpolitik in Frage gestellt.

Avancen gegenüber Wladimir Putin

Mit ausgesprochenem Misstrauen haben die moderaten außenpolitischen Kräfte der Partei die Avancen Donald Trumps gegenüber Wladimir Putin wahrgenommen und seine Kritik an der Nato. Da gibt es so viele Konfliktpunkte, dass sich Donald Trump zunächst einmal der Innenpolitik widmen wird, glaubt Frances Burwell. Und doch sieht sie auf lange Sicht viele Erfolge in den europäisch-amerikanischen Beziehungen in Gefahr.
Zum Beispiel die stärkere Nato im Osten, ein geschärftes Bewusstsein für die Probleme in Russland. Der Iran-Deal. Der Klimawandel. Die Ukraine-Sanktionen, aber auch TTIP: All diese Dinge werden wahrscheinlich geändert oder sind in Gefahr.
Für die Europäer ist daraus nur der Schluss zu ziehen, künftig geschlossener aufzutreten und offensiver für die gemeinsamen Projekte im transatlantischen Miteinander zu werben, sagt Frances Burwell. Das ist leichter gesagt als getan. Zumal auch in Europa das Phänomen der populistischen Politikkultur Schule macht.
Die Vereinigten Staaten blicken jetzt sehr intensiv auf die anstehenden Wahlen jenseits des Atlantiks, sagt Frances Burwell. Man frage sich, ob die Wahl Donald Trumps zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten einen Wahlerfolg der politischen Rechten in Europa eher wahrscheinlich macht – oder eher einen abschreckenden Effekt hat.
"Will the election of Donald Trump make it seem more likely that European voters will vote for the far right? Or does a new Trump administration do things that alarm Europeans enough that they don´t vote that way."
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