Urteil zu Sampling

    Etappensieg für Moses Pelham

    Beschwerdeführer: der Musiker, Produzent und Komponist Moses Pelham.
    Produzent Moses Pelham hatte Verfassungsbeschwerde eingelegt - mit Erfolg. © picture alliance / dpa / Uli Deck
    31.05.2016
    Vor dem Bundesverfassungsgericht hat der Produzent Moses Pelham einen Etappensieg errungen. Er hatte ohne Erlaubnis eine Sequenz aus einem "Kraftwerk"-Stück gesampelt. Das wurde ihm gerichtlich untersagt, doch Karlsruhe hob das Urteil wieder auf.
    Sampling ist in der heutigen Musikwelt kaum noch wegzudenken. Dabei wird aus bereits vorhandenen Musikstücken ein kleines Loop herausgeschnitten und als Sequenz wiederholt.
    Das Bundesverfassungsgericht musste nun über einen prominenten Fall von Sampling urteilen: Die Band "Kraftwerk" hatte den Produzenten Moses Pelham verklagt, weil dieser eine zweisekündige Rhythmussequenz aus ihrem Lied "Metall auf Metall" benutzt hat und als Beat unter den Song "Nur mir" von Sabrina Setlur gelegt hatte.
    Der Bundesgerichtshof hatte 2012 geurteilt, dass das gegen das Leistungsschutzrecht der Plattenlabel. Zum anderen sei die Verwendung selbst "kleinster Tonfetzen" insbesondere dann nicht zulässig, wenn sie so simpel sind, dass sie ein "durchschnittlicher Musikproduzent" hätte selbst herstellen können.

    BGH-Urteile tragen nicht der Kunstfreiheit Rechnung

    Der Produzent Moses Pelham hatte gegen das Urteil Verfasssungsbeschwerde eingelegt und nun Recht bekommen. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die früheren Urteile des Bundesgerichtshofes der Kunstfreiheit nicht hinreichend Rechnung trügen. Zur Begründung wurde die Kürze der benutzten Sequenz herangezogen. Daraus sei ein neues, eigenständiges Kunstwerk entstanden, ohne dass Kraftwerk dadurch wirtschaftlichen Schaden habe. Ein Verbot würde "die Schaffung von Musikstücken einer bestimmten Stilrichtung praktisch ausschließen", sagte Vize-Gerichtspräsident Ferdinand Kirchhof.

    Kunstfreiheit vor geistigem Eigentum

    Der auf Urheberrechtsfragen spezialisierte Anwalt Jan Simon sagte im Deutschlandradio Kultur, dass Urteil sei insofern bemerkenswert, als dass die erste Entscheidung sei, "wo Kunstfreiheit vor Eigentum geht". Das geistige Eigentum dürfe nicht so hohe Schranken setzen, dass eine künstlerische Entfaltung mit Sampling nicht mehr möglich ist.
    Allerdings sei fraglich, ob das Urteil auf alle Arten von Sampling übertragbar sein, denn dies sei eine Einzelfallentscheidung über die Nutzung eines zwei Sekunden langen Samples. Ob das dann auch für längere Samples gilt, sei nach wie vor unklar.
    Das Bundesverfasssungsgericht habe so auch das Kriterium des Bundesgerichtshofes verworfen, nachdem das Sampling verboten ist, wenn man es ohne weiteres selbst einspielen könnte. "Natürlich kann man die Melodie nachbauen oder den Rhythmus, aber nicht den Sound und die Atmosphäre des Originals."

    "Einschränkung der künstlerischen Kreativität"

    Der Philosoph Reinhold Schmücker warnt davor, Sequenzen dieser Kürze grundsätzlich derart zu schützen, dass man sie nur mit Erlaubnis des Komponisten benutzen kann. Das würde "eine ganz erhebliche Einschränkung der künstlerischen Kreativität bedeuten", sagte Schmücker im Deutschlandradio Kultur.
    "Es gibt nicht umsonst im deutschen Urheberrecht die Möglichkeit ein Stück oder einen Teil eines schutzfähigen Werkes frei zu benutzen."
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