Urteil gegen Safia S.

Milde wäre falsch gewesen

Polizisten sichern zum Prozessauftakt gegen Safia S. das Oberlandesgericht in Celle
Zum Prozessauftakt wurde das Oberlandesgericht in Celle stark gesichert. © picture alliance / dpa / Holger Hollemann
Von Thorsten Gerald Schneiders · 26.01.2017
Die Verurteilung der 16-jährigen Safia S. zu sechs Jahren Haft findet unser Kommentator Thorsten Gerald Schneiders richtig. Das Urteil aus Celle sende eine wichtige Botschaft: Auch wer jung sei, müsse mit der Härte des Gesetzes rechnen. Das helfe auch bei der Prävention.
Es ist ein hartes Urteil. Es ist ein gutes Urteil. Safia S. muss sechs Jahre ins Gefängnis. Die Deutsch-Marokkanerin soll vor gut einem Jahr im Auftrag der Terror-Miliz IS einen Polizisten mit einem Gemüse-Messer in den Hals gestochen haben. Das Oberlandesgericht Celle wertete die Tat nun als Mord-Versuch.
Safia S. war damals 15 Jahre alt. Sie war also noch ein Kind. Trotzdem wäre Milde fehl am Platz. Vor dem Hintergrund steigender Bedrohung durch jüngere IS-Sympathisanten sendet das Urteil eine wichtige Botschaft. Sie lautet: Auch wer jung ist, muss mit der Härte des Gesetzes rechnen. Mit dieser Botschaft können jetzt all jene arbeiten, die sich der Prävention islamistischer Radikalisierung verschrieben haben. Jugendlichen, die schulterzuckend vor ihnen sitzen und provokativ fragen: "Na und?", denen können sie dieses Urteil künftig unter die Nase halten.
Salafisten werden nicht abgeschreckt
Gewiss schreckt die Haftstrafe keine eingefleischten Salafistinnen und Salafisten ab. Allerdings greifen bei ihnen eh nur polizeiliche Interventionen. Mit Blick für das große Ganze ist und bleibt Prävention jedoch das wirksamste Mittel zur Eindämmung derartiger Gewalt.
Auch der zweite Celler Schuldspruch gegen den mitangeklagten Deutsch-Syrer Mohamad K. ist belangvoll. Weil der 20-Jährige von der Tat wusste und sie nicht zur Anzeige brachte, wurde er gleichfalls zu einer Haftstrafe verurteilt – von zweieinhalb Jahren! Eine ebenso deutliche wie nötige Botschaft. Es ist nämlich nach wie vor so, dass viele potenzielle Täter von ihrem Umfeld entweder bewusst gedeckt werden oder dass leichtfertig weggesehen wird. Außerdem macht man sich in diesen Kreisen allzu oft über die Wehrhaftigkeit deutscher Behörden lustig. Ein demokratischer Rechtsstaat braucht harte Urteile gegen Islamisten.
Niedersachsen steht vor einem Problem
Jenseits des Celler Gerichtssaals bleibt derweil einiges zu klären. Safia S. war keine Unbekannte. Im Gegenteil: Sie galt als "Kinderstar" der salafistischen Szene, tauchte vor Jahren schon als Grundschülerin in Propaganda-Videos auf. Kinder radikalisieren sich nicht allein. Auch wenn ihre Mutter sie Anfang 2016 aus Istanbul zurückgeholt hat, weil sich Safia S. von dort aus offenbar zum IS absetzen wollte. Die chauvinistische Grundideologie der Abgrenzung von Ungläubigen und der Stilisierung von muslimischen Opfern und nicht-muslimischen Tätern wurde in ihrem Umfeld angelegt.
Ihr Bruder steht im Verdacht, kurz vor dem Messer-Angriff einen Anschlag auf Passanten in einem Hannoveraner Einkaufszentrum verübt zu haben. Gegen den mit Safia S. verurteilten Deutsch-Syrer wird auch im Zusammenhang mit Terrorplänen von November 2015 ermittelt. Diese führten damals zur Absage eines Fußball-Länderspiels in Hannover. Es ist offenkundig: Niedersachen steht vor einem Problem. Wir warten auf Aufklärung.
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