Urkomisches und drastisches Porträt der Barockzeit

Von Gesa Ufer · 30.09.2009
"Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen ist einer der bekanntesten Schelmenromane. Das barocke Prosastück über den naiven Helden Simplicius Simplicissimus hat Autoren wie Günter Grass beeinflusst.
Im Jahr 1669 erschien in Nürnberg ein fünfbändiges Buch, das beim Publikum prompt ein Riesenerfolg wurde: "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch", verfasst von einem gewissen Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen aus dem hessischen Gelnhausen. Nicht einmal das genaue Geburtsdatum dieses literarischen Außenseiters ist bekannt, nur, dass der Nachfahre einer adligen Familie zur örtlichen Lateinschule ging, als sehr belesen galt und erst spät zum Schreiben fand.

Der Held seines Buches: der naive Simplicius Simplicissimus, ein Narr, der über seine Abenteuer in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges berichtet. Nichts ist hier von Dauer, weder Glück noch Erfolg bleiben dem Mann treu. Aus dem tumben Toren wird bald ein Soldat, dann ein Narr, ein Bauer, später ein Räuber, Sklave, Pilger und Einsiedler.

Gleichzeitig beschreibt Grimmelshausen im Simplicissimus anschaulich, urkomisch, überbordend und drastisch seine Zeit: Hunger, Gewalt, die blanke Willkür marodierender Soldaten. Dabei wechseln sich Szenen grausamen Terrors mit Momenten der Frömmigkeit und Belehrung ab.

Die kuriose Gestalt des Simplicissimus bleibt bis heute die prominenteste Figur der deutschen Barock-Literatur. Günter Grass' Werk ist vom Simplicissimus beeinflusst, Bertolt Brechts "Mutter Courage" basiert auf ihm, Thomas Mann nannte ihn "ein Literatur- und Lebens-Denkmal der seltensten Art" - nur gelesen hat das gewaltige Buch kaum jemand, denn das barocke Deutsch aus dem 17. Jahrhundert wurde mit der Zeit für immer mehr Leser unzugänglich.