"Urban Prayers Ruhr" in Duisburg

Feier der Gemeinsamkeit

Minarett und Kuppeln der DITIB-Merkez-Moschee in Duisburg-Marxloh
In der DITIB-Merkez-Moschee in Duisburg-Marxloh startete "Urban Prayers Ruhr". © imago / Reichwein
Von Stefan Keim · 14.08.2016
Ein fröhliches und sinnliches Miteinander: Das Projekt "Urban Prayers Ruhr" von Autor Björn Bicker und dem Team der Ruhrtriennale zeigt die religiöse Vielfalt des Potts – und fördert den Dialog. In der DITIB-Merkez Moschee in Duisburg war die Premiere.
In den Nachrichten werden Religionen oft mit Fanatismus, Krieg und Terror verbunden. Um das ganz normale Zusammenleben geht es Autor Björn Bicker und dem Team der Ruhrtriennale in dem Projekt "Urban Prayers Ruhr".
In sechs Gotteshäusern verschiedener Glaubensrichtungen wird das Stück an den kommenden Sonntagen aufgeführt. Darunter sind eine Synagoge in Bochum und ein Sikh-Tempel in Hamm. Die Premiere in der DITIB-Merkez Moschee Duisburg-Marxloh wurde zu einer sinnlichen und fröhlichen Feier des Miteinanders. Gemeindemitglieder führten durch die Moschee, ein Derwisch tanzte, an der Gastro-Theke standen junge Frauen mit Kopftüchern neben geschminkten Frauen ohne Haarbedeckung.

Wie hältst du es mit der Religion? - "Ich bin dem Religiösen wieder näher gekommen" erzählt Björn Bicker in "Rang I" im Gesprach mit Suanne Burkhardt über sein Projekt "Urban Prayers Ruhr".
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Hörspiel auf fünf Barhockern

Im Zentrum des Abends steht Björn Bickers Text, der Geschichten und Meinungsäußerungen aus allen im Projekt vertretenen Gemeinden collagiert. Johan Simons hat ihn wie ein Hörspiel inszeniert, fünf Schauspieler lesen hoch konzentriert, auf Barhockern sitzend. Neben ernsthaften Momenten bricht immer wieder Humor durch. Wenn es zum Beispiel um die Autobahnen des Ruhrgebietes geht oder die Rolle des aufgrund seines Verhaltens nach der Loveparade-Katastrophe zurückgetretenen Duisburger Oberbürgermeisters Adolf Sauerland. In der muslimischen Gemeinde erinnert man sich an ihn als sympathischen Politiker, der zu Ramadan-Zeiten mehrmals abends zum Fastenbrechen kam. "Hat er gefastet?" fragt einer. "Nein, gegessen", lautet die Antwort.
Solche Scherze lockern auf, es gibt nichts Entspannenderes als gemeinsam zu lachen. Oder Musik zu hören. Florian Helgath und das wieder grandiose Chorwerk Ruhr unterbrechen den Text mit sechs Liedern aus den verschiedenen Glaubensrichtungen der Gemeinden, in denen "Urban Prayers Ruhr" gezeigt wird. Das geht von einem traditionellen muslimischen Gesang, in dem Dirigent Helgath in den Chor tritt und mitsingt, bis zu einem schwungvollen Gospel. Der weist auf die Kirche des nächsten Wochenendes hin, das House of Solution, eine afrikanisch angehauchte Gemeinde, die einen ehemaligen Supermarkt in Mülheim zum Gotteshaus umfunktioniert hat.

Duisburger Moschee mit Kontakt zu christlichen Kirchen

Beim Dachverband DITIB denken viele an eine strenggläubige Form des Islam und die Abhängigkeit vom Geld des türkischen Staates. Die Moschee in Duisburg-Marxloh allerdings ist von Anfang an in enger Absprache mit den christlichen Kirchen und der Lokalpolitik betrieben worden. Es gibt ein Begegnungszentrum, das von der Theologin und Politikwissenschaftlerin Nigar Yardim geleitet wird. Sie berichtet, dass die Zahl der Hassmails durch die politischen Ereignisse gestiegen sei. Allerdings käme immer wieder auch heftige Kritik von muslimischer Seite, weil die Moschee immer im Dezember ein Banner mit der Aufschrift "Fröhliche Weihnachten" aufhängt. Sie ist stolz darauf, dass der katholische Pfarrer in Marxloh von "unserer Moschee" spricht.
Vorurteile werden sofort pulverisiert, wenn sich Leute kennenlernen. Einige Besucher von "Urban Prayers Ruhr" haben erstmals eine Moschee betreten. Vor und nach den Lesungen und Gesängen trug der Imam der Gemeinde Ausschnitte aus dem Koran vor. Ein wichtiges Zeichen, denn damit stellte er sich hinter das Projekt. Die Ruhrtriennale wird damit nicht jede Verkrustung aufbrechen können. Aber die vielen Dialog-Initiativen, die es schon gibt, werden durch "Urban Prayers Ruhr" gestärkt. Es ist der richtige Weg, von Gemeinsamkeiten und nicht von Unterschieden zu sprechen, zu lachen und zu feiern und nicht immer nur Probleme zu wälzen.

Urban Prayers Ruhr
Von Björn Bicker
Regie: Johan Simons
Die Termine und Orte der nächsten Aufführungen finden sie auf ruhrtriennale.de.

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