Ungarn

Spaß am Skandal

Wie stark hat er die Presse im Griff? Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán
Kriszta Nagy wollte für ihre Serie ein Bild von Orbán verwenden, "wo er gut aussieht". © AFP
Von Srdjan Govedarica  · 10.09.2014
Ministerpräsident Viktor Orbán mit einem Marihuana-Blatt vor dem Gesicht oder sein Konterfei, das von Totenköpfen zermalmt wird: So zeigt ihn die Budapester Künstlerin Kriszta Nagy in einer Porträtserie. Die Bilder finden reißenden Absatz - nicht nur unter Orbáns Kritikern.
Die Galerie Godot in Budapest ist auf Anhieb schwer zu finden. Von außen sieht sie aus wie ein Café, der kleine Ausstellungsraum ist über eine steile Treppe zu erreichen, die Decke ist niedrig, man muss aufpassen, dass man sich den Kopf nicht stößt. Ausgerechnet hier hängen die wohl angesagtesten Bilder Budapests – die Orbán Portraits der Künstlerin Kriszta Nagy.
"Ich wollte auf jeden Fall ein idealisiertes Bild von ihm verwenden – eines wo er gut aussieht. Und das ist ein Porträtbild von seiner Wahlkampagne vor vier Jahren. Deswegen habe ich das gewählt"
Aus einem Wahlkampfporträt hat Kriszta Nagy in bester Andy-Warhol-Tradition Pop-Art gemacht. Auf jedem der 20 Leinwände ist Viktor Orbán zu sehen, der ungarische Ministerpräsident. Er schaut knapp am Betrachter vorbei, sein Kopf ist leicht zur Seite geneigt, die Mundwinkel formen ein gönnerhaftes Lächeln. Farben, Muster und Symbole lassen Orbán auf jedem Bild anders wirken. Mal versperrt ihm ein Marihuana-Blatt die Sicht, hier verschmilzt sein Porträt mit einem Kruzifix, dort scheinen ihn zwei Totenköpfe zwischen ihren Kiefern zu zermalmen. Schwer vorstellbar, dass sich der Chef der nationalkonservativen Fidesz Partei selbst gerne so sieht. Krysta Nagy winkt ab:
"Nein, ich will nicht sagen, dass das jetzt meine politischen Ansichten ausdrücken soll. Ich will damit nur zeigen, welche Gefühle ich in der aktuellen politischen Lage mitbekommen habe."
"Ich provoziere das ganze Land"
Und es ist auch der Spaß am Skandal, der Kriszta Nagy antreibt. Das ist auch ihr künstlerisches Markenzeichen.
"In Ungarn bin ich eine sehr provokative und progressive Künstlerin. Ich provoziere sicherlich, das ist richtig. Aber ich provoziere nicht nur Viktor Orbán, sondern das ganze Land."
Ganz egal ob sie malt, Videoinstallationen produziert oder und singt - die Kunst von Kriszta Nagy ist immer provokativ und skandalös.
Hier im Video zu ihrem Song Weihnachten, rekelt sie sich mit einem Lendenschurz bekleidet auf einem Flügel und besingt das Christkind, das von einer grotesken Stoffpuppe symbolisiert wird.
Der Paradiesvogel der Budapester Kunstszene
In Anlehnung an die erste Frau im All nennt sich Kriszta Nagy Tereskova, so kennen sie auch die meisten Ungarn. Die studierte Malerin ist der Paradiesvogel der Budapester Kunstszene. Ihr Leitmotiv ist die Körperlichkeit, in ihren Performances zeigt sie sich oft nackt.
Exzentrisch präsentiert sie sich auch heute im Interview, vor dem dem Hinsetzten breitet sie ein Tuch auf ihrem Stuhl aus:
"Das ist so ein Tick von mir, ich habe Angst vor Bakterien."
Kriszta Nagys Porträtserie von Viktor Orbán hat in Ungarn ein reißendes Interesse gefunden. Die erste Serie umfasste genau 57 Portraits und war schnell ausverkauft. In der Galerie Godot sind noch die letzten 20 der 69 Exemplare der zweiten Serie zu sehen, ein Bild kostet umgerechnet 200 Euro. Unter den Käufern sind viele Prominente Ungarn, auch Viktor Orbáns Frau Anikó Lévai kam eines Tages in der Galerie vorbei und kaufte zwei Bilder. Zur großen Freude der Künstlerin.
"Ich denke, dass eine First Lady nicht alles tun kann, was sie so möchte. Und ich glaube dass die Geste, dass sie hier war uns selbst ein Bild gekauft hat, doch zeigt, dass unser Viktor Orbán Humor hat."
Nächstes Projekt wieder mit Orbán
Viktor Orbán wird auch künftig seinen Sinn für Humor beweisen müssen. Kriszta Nagy hat schon das nächste Projekt in Planung. Im Mittelpunkt steht wieder der ungarische Ministerpräsident.
"Ich werde weitermachen, es gibt dieses Jahr noch die Art Fair Budapest. Da werden seine Porträts auf berühmte Kunstwerke montiert. Damit will ich zeigen, welche Beziehung die Politik zur Kunst hat."