Unfreiwillige Weihnachtsfamilie

Von Jörg Taszman · 14.11.2007
"Wir sagen Du! Schatz." ist eine originelle Komödie um den Mittdreißiger und Single Oliver, der sich in einem Ost-Berliner Plattenbau für das Weihnachtsfest aus Babyklappe, Altersheim und von der Straße eine Familie zusammenklaut. In "Takva" wird ein streng gläubiger Islamist dazu auserkoren, mit Handys und Autos korrumpiert zu werden.
"Wir sagen Du! Schatz."
Deutschland 2007, Regie: Marc Meyer, Hauptdarsteller: Samuel Finzi, Ennio Incannova, Nina Kronjäger, Anna Maria Mühe, Margot Nagel, Noray Plistermann, Harald Warmbrunn, 97 Minuten, ab 12 Jahre

Charmante und originelle schwarze Komödie um den Mittdreißiger und Single Oliver, der sich in einem abgelegenen Ost-Berliner Plattenbau für das Weihnachtsfest eine Familie zusammenklaut. Aus der Babyklappe, dem Altersheim, von der Straße und der einzige Mieter wird gleich mit gezwungen Mama, Papa, Baby, Tochter, Sohn, Oma und Opa zu spielen.

Oliver versucht, Regeln aufzustellen. So muss die unfreiwillige Zwangsfamilie immer gemeinsam essen. Aus einem anfänglichen Totalwiderstand gegen Olivers Kidnapping wird langsam ein behutsames Zusammenleben. Aber lässt sich eine Familie so einfach zusammenzimmern?

Regisseur Marc Meyer hat keine Antworten parat, zeigt jedoch die Einsamkeit der einzelnen Protagonisten, und deckt ihre Lebenslügen auf. Und so ist kein klamottiger, sondern durchaus ernsthafter Film entstanden, der Werte wie Familie neu definiert und die Frage stellt: Darf man Menschen zu ihrem Glück zwingen?

"Wir sagen Du! Schatz" mag nicht unbedingt den glücklichsten Filmtitel haben, ist aber ein ebenso sehenswerter wie charmanter Film mit einem großartigen Darstellerensemble um Samuel Finzi als Oliver, Nina Kronjäger als seine "Frau" und Anna Maria Mühe als "Tochter". Wunderbar bärbeißig ist auch Harald Warmbrunn als "Opa" und "Kommunist".

"Takva - Gottesfurcht"
Türkei / Deutschland 2006, Regie: Özer Kiziltan, Hauptdarsteller: Erkan Can, Güven Kiraç, Meray Ülgen, 96 Minuten, ab 12 Jahren

Ein streng gläubiger Islamist, der alleine lebt, wird in Istanbul von einer dubiosen, islamistischen Organisation dazu auserkoren, Geschäfte zu machen und mit westlichen Gütern wie Handys oder Autos korrumpiert zu werden. Anfangs wehrt er sich, dann lässt er sich schnell überzeugen und wird zum skrupellosen Geschäftsmann. Er treibt Schulden ein, lässt sich bestechen und ist dabei doch so brav und naiv, dass er das Geld brav bei seinem islamischen Oberhaupt abgibt. Und obwohl er einen erotischen Dauertraum hat, indem die schöne Tochter seines geistigen Chefs eine Rolle spielt, schlägt er das Angebot der Hochzeit aus und fällt dann so langsam in Ungnade...

Etwas verworrene Parabel, die stark mit surrealistischen Einschüben arbeitet, am Ende dann sehr ins Kafkaeske abdriftet und so stark an Überzeugungskraft verliert, dass die Kritik am fanatischen Islamismus dann schon sehr verworren ausfällt.