"Uncle Boonmee erinnert sich an seine früheren Leben"

29.09.2010
Der mit der Goldenen Palme von Cannes in diesem Jahr ausgezeichnete Film des nicht nur als Filmemacher, sondern auch wegen seiner Installationen international anerkannten Künstlers führt uns wie alle seine Projekte in den Norden Thailands.
Das ist ein vom Tourismus weitgehend unberührtes Stück Erde. Hier haben sich die alten Mythen einer uns fremden Kultur bis heute erhalten haben, die von Apichatpong Weerasethakul immer wieder künstlerisch kreativ verarbeitet werden. Das Ergebnis ist ein in seiner schlichten Menschlichkeit für westliche Augen sowohl verständlicher und berührender, in seinem Abbilden fremder Denk-und Lebensweisen aber auch befremdlicher Film, in den sich der aufgeschlossene Zuschauer aber sehr wohl eindenken und einfühlen kann.

Der Held des Filmes, Uncle Boonmee ( Thanapat Aissymar) hat sich mit schwerer Krankheit auf seine Farm zurückgezogen, wo Tamariskenbäume und Bienen gezüchtet werden. Mehrmals täglich wird er von einem jungen Verwandten an medizinische Geräte angeschlossen, um das Nierenversagen zu verhindern. Während ein anderer junger Mann, ein arbeitssuchender Emigrat aus Laos, die Farm führt. An seiner Seite bleibt bis zu seinem Tode auch die Schwester seiner verstorbenen Frau Jen (Jenjira Pongpas), die, so will es Boonmee, nach ihm die Farm übernehmen soll.

Der Tag ist angefüllt mit einfachen Arbeiten und der Erinnerung an Vergangenes. Zu diesem so einfachen wie tief gehenden Abschied vom Leben gesellen sich auf natürliche Art die Geister der Verstorbenen, seine Ehefrau Huay und sein Sohn Boonsong. In Menschen- oder in Affengestalt sitzen sie plötzlich wie selbstverständlich mit am Abendbrottisch und sprechen mit den Lebenden über ihr Leben nach dem Tode.

So befremdlich diese filmische Darstellung von Reinkarnation zu Beginn auch wirkt, so selbstverständlich nimmt man über die lange Laufzeit des Filmes diese Tatsache an. Zumal sie in einer natürlichen Umwelt stattfindet, die aus der Unberührtheit üppiger Natur und unter dem Flirren der Insekten in einer faszinierenden Atmosphäre stattfindet. Dass diese Idylle, dieses selbstverständliche, vertraute Zusammengehen von sich liebenden Menschen, Geistern und Tieren am Verschwinden begriffen ist, zeigt der Regisseur dabei sehr wohl.

Quälende Erinnerungen an Zeiten des Krieges, die Absicht der Tante, doch wieder lieber in ihr bequemes Stadtleben zurückzukehren, ein junger Mönch, der nach der Beerdigungszeremonie im Hotelzimmer seiner weiblichen Verwandten ein Bad nimmt, sind der Einbruch der modernen Welt, die aus der Erzählung "Uncle Boonmee erinnert sich an sein früheres Leben" auch einen melancholischen Abgesang auf einen Reichtum macht, den wenigstens in seinen Filmen und Installationen zu bewahren, sich der Regisseur verschrieben hat. Dazu gewinnt er vor allem Laiendarsteller, die im Norden Thailand auch geboren sind und verschiedenen Berufen nachgehen.

BRD, Frankreich, GB, Niederlande, Spanien, Thailand 2010, Regie: Apichatpong Weerasethakul, Darsteller: Thanapat Saisaymar, Jenjira PongpasSakda Kaewbuadee, Natthakarn Aphaiwonk, 113 Minuten, ohne Altersangabe

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