Unbesiegbarkeit im Sport

Warum Bayern bewundert, aber nicht bejubelt wird

Münchens Robert Lewandowski verabschieden sich nach einem Sieg von den Fans - allerdings nur mit leisem Jubel - auf beiden Seiten
Münchens Robert Lewandowski verabschieden sich nach einem Sieg von den Fans - allerdings nur mit leisem Jubel - auf beiden Seiten © dpa picture alliance / Nicolas Armer
Von Stefan Osterhaus · 21.12.2014
Champions haben es nicht leicht, vor allem dann nicht, wenn sie ständig und immerzu oben stehen. Stefan Osterhaus versucht zu erklären, warum alle anerkennen: "Ja, die Bayern sind wirklich gut!" - und trotzdem bei Bayern-Siegen nur eher verhalten klatschen.
Fußball in höchster Perfektion - den spielen die Münchner an guten Tagen, dafür werden sie bewundert. Aber wirklich laut jubelt nur das eigene Publikum.
In der Zurückhaltung der anderen drückt sich Skepsis gegenüber dem Phänomen der Unbesiegbarkeit aus. Unbesiegbare erscheinen nicht selten entrückt, wie nicht von dieser Welt. Und so wird immer wieder versucht, die Unbesiegbaren zu gewöhnlichen Menschen zu machen, einen Makel zu entdecken, sie zurückzuholen ins Reich der Normalsterblichen. Das gelingt gar nicht so selten: Lance Armstrong, der Seriensieger der Tour de France, war schließlich ein Betrüger.
Unbesiegbarkeit ist ein zutiefst suspekter Zustand. Denn Unschlagbare führen das Wesen des Sports ad absurdum. Es ist die Spannung zwischen den Polen, die Spannung von Sieg und Niederlage, die das Geheimnis und somit auch die Faszination des Sports ausmacht.
Gegenüber den Unbesiegbaren ist man skeptisch. Deren Leistungen werden sorgfältig seziert: In der Formel 1, so meint das werte Publikum häufig, sind Seriensiege eher der Technik als dem Können des Fahrers geschuldet.
Besonders sensibel: das Boxen. Denn da zählt nur das direkte Duell. Den legendären Schwergewichtschampions Gene Tunney etwa mochten die Boxfreunde nicht. Der hatte von 88 Kämpfen nur einen verloren, fand aber nebenbei auch noch die Zeit, in Yale über Shakespeare zu referieren.
In den frühen 1950er Jahren trat Rocky Marciano ohne Niederlage ab. Er war zwar kein Literaturkenner wie Tunney, aber er musste damit leben, dass ihm die Fans nachsagten, er sei ein Champion in einer Zeit gewesen, in der es keine wirklich gute Konkurrenz gab. Muhammad Ali war im Gegensatz zu den Makellosen ein Comeback-Spezialist. Er ist vor allem auch durch seine überwundenen Niederlagen zum populärsten Sportler aller Zeiten geworden.
Was haushoch überlegen - und somit unerklärlich - erscheint, das muss irgendwie rationalisiert werden. Schon in den Sagen der Antike und des Mittelalters waren selbst die vermeintlich unverwundbaren Superhelden verwundbar, man denke an Siegfried und Achilles.
Und auch die Macher von Superman dachten daran, als sie ihn allergisch gegen Kryptonite machten.
Ein Gegenmittel gegen den FC Bayern hat die Konkurrenz noch nicht gefunden. Aber dafür müssen die Münchner Perfektionisten eben damit leben, nur bewundert und nicht von allen bejubelt zu werden.
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