Umweltschutz

Kein Ende für die Salzfracht?

Ein Lader kippt im Kaliwerk Werra abgesprengtes Rohsalz in einen Brecher.
Ein Lader kippt im Kaliwerk Werra abgesprengtes Rohsalz in einen Brecher. © picture alliance / dpa / Uwe Zucchi
Von Anke Petermann · 03.07.2014
Der Düngemittelproduzent K+S fördert im hessisch-thüringischen Grenzgebiet Kalisalz. Halden- und Produktionsabwässer werden in den Untergrund gepresst und in die Werra eingeleitet. Der Konzern will an dieser Entsorgungsvariante festhalten und stößt dabei auf Widerstand von Umweltschützern und Anrainerkommunen.
In einem Stollen 700 Meter unter der Erde steuert Carolin Möller den Arm des riesigen Bohrfahrzeugs auf die Wand aus grauen und rötlichen Salzschichten zu. Metertiefe Sprenglöcher setzt sie mit dem ferngesteuerten Bohrer. Gesprengt wird das Salz während des Schichtwechsels im dann menschenleeren Stollen. Soeben hat die 22-Jährige als Bergbautechnologin ausgelernt und freut sich über einen sicheren Arbeitsplatz. Einen von 4400 allein im Kaliwerk Werra mit drei Bergwerken, unterirdisch so groß wie ganz München.
"Ich bin gern hier, ich würde diesen Beruf jedem empfehlen, der mich fragt, sehr gute Ausbildung! Ich freu mich jeden Tag, hier einzufahren."
Norbert Seiner nickt anerkennend. So engagierte und dankbare Beschäftigte hört der Vorstandschef des Düngemittelkonzerns gern. An diesem Nachmittag hat Steiner für den Ortstermin im Stollen den weißen Bergmannsanzug angelegt. K+S geht nach dem Nachfragetief von 2013 wieder auf Wachstumskurs, ist seine Botschaft. Bis 2016 investiert Kali und Salz, wie es früher hieß, drei Milliarden Euro, um in Kanada eine Kaliproduktion aufzubauen. Die salzhaltigen Abwässer darf man dort einfach im Boden versenken, merkt Steiner an, ganz ohne Befristung, so lange produziert wird. Schwingt da eine Drohung für deutsche Standorte mit?
"Kanada ist nie ein Argument gewesen, um in Deutschland Wirkung erzielen zu wollen. Kanada soll Deutschland unterstützen. Wir haben uns zum deutschen Standort insofern ohne Wenn und Aber bekannt,"
aber, setzt der Vorstandschef dann doch hinzu: nur bei einer Mindestrentabilität werde der Konzern das Kali-Vorkommen an der Werra in den kommenden 50 Jahren ausschöpfen. Rund 400 Millionen Euro hat das Unternehmen unlängst investiert, um das Volumen der Salzabwässer zu halbieren, diese und weitere Umweltkosten müsse das Kaliwerk Werra allein tragen und dabei profitabel bleiben.
"Da gibt es Grenzen."
Der Standort rechnet sich nur, da wird Steiner deutlich, wenn die Versenkung von Salzlauge tiefes Gestein über Ende 2015 hinaus genehmigt wird, am besten für weitere zehn Jahre. Beantragen will K+S das noch in diesem Sommer, mit Erfolg, da ist der Kali-Boss zuversichtlich. Auch das umstrittene Einleiten von Salzlauge in die Werra wird über 20020 hinaus genehmigt, meint Steiner, trotz EU-Wasserrahmen-Richtlinie. Die lasse ja Ausnahmen zu. Der Vorstandschef baut auf die Unterstützung der schwarz-grünen Regierung Bouffier für den großen Arbeitgeber in der strukturschwachen Region. Allerdings wird die Koalition von Umweltverbänden und Anrainerkommunen bedrängt, beide umstrittenen Entsorgungsmethoden endlich zu beenden. Frank Hix, christdemokratischer Bürgermeister von Bad Sooden-Allendorf, fordert seit Jahren, Salzlauge nicht mehr in den Untergrund zu pressen,
"denn da ist Trinkwasser gefährdet, und die Salzeinleitung in die Werra, die wollen wir nicht mehr haben, sondern wir wollen die Salzlauge da eingeleitet bekommen, wo sie am wenigsten Schäden verursacht,"
nämlich in die Nordsee, wie ein länderübergreifender Runder Tisch zum Schutz von Werra und Weser empfahl. Doch das Land Niedersachsen und norddeutsche Umweltschützer machen Front gegen die Salz-Pipeline. Die Laugeneinleitung werde das empfindliche Ökosystem im UNESCO-Naturerbe Wattenmeer belasten, fürchten sie. Dem Düngemittelriesen kommt der überregionale Streit gerade recht. Zwar hat der Konzern die Pipeline prophylaktisch beantragt, doch dass ihm die 800 Millionen Euro schwere Leitung viel zu teuer ist, daraus macht K+S keinen Hehl. Und so lange die Kritiker seiner derzeitigen Entsorgungsmethoden sich gegenseitig blockieren, steigen wohl die Chancen des Konzerns, die Werra weiter versalzen zu dürfen.