Umweltproblem EDV

Von Dirk Asendorpf · 03.09.2007
Auch wenn es auf den ersten Blick nicht auffällt: Die elektronische Welt verursacht ganz immense Kosten - und entsprechende CO2-Emissionen. Schon die Produktion eines Computers verschlingt mehrere tausend Kilowattstunden. Während Energieeffizienz in anderen Bereichen längst groß geschrieben wird, wächst das ökologische Bewusstsein im EDV-Bereich erst langsam. Entsprechend groß sind die Sparpotenziale.
Läuft der Computer auf Hochtouren, schluckt er zwischen 50 und 300 Watt. Dazu kommen Bildschirm, Drucker, Modem, WLAN. Und selbst im scheinbar ausgeschalteten Zustand ziehen die meisten elektronischen Geräte noch ein paar Watt aus dem Netz.

Zusammengerechnet verbraucht die Informations- und Kommunikationstechnik bereits über sechs Prozent des Stroms in Deutschland. Wer seinen persönlichen Beitrag möglichst niedrig halten will, steht vor einem Problem. Inse Ewen ist Energieexpertin beim Bundesverband für Umweltberatung und kennt das Dilemma.

"Es wird nie einfach sein, ein energiesparendes, umweltverträglicheres Gerät zu bekommen, das gebe ich ganz offen zu. Wir selber haben diese Erfahrung gerade machen müssen, dass Sie in der Regel über die Leistung eines Computers sehr viel erfahren, was das Gerät kann, aber sehr wenig erfahren über Verbrauchszahlen oder zum Beispiel auch: Was wiegt denn das Notebook, das Sie jetzt in die engere Wahl genommen haben."

Anders als bei der sogenannten weißen Ware - also Kühlschränken, Waschmaschinen oder Tiefkühltruhen - gibt es im EDV-Bereich noch keine leicht verständliche Kennzeichnung für den Energieverbrauch. Einige Geräte tragen zwar den amerikanischen Energy-Star oder neuerdings auch den Blauen Umweltengel, doch selbst in Fachgeschäften wird darauf kaum hingewiesen.

Und auf den Kartons, die sich in den Mediamärkten stapeln, sind die Energiespar-Label meist noch nicht einmal abgedruckt. Dabei können die Kosten für den erhöhten Stromverbrauch eines Billig-Computers schon nach wenigen Jahren die Ersparnis beim Kauf des Schnäppchens übersteigen.

"Es kann durchaus ne Größenordnung von neun Euro im Jahr betragen, die Sie mehr an Rechnungsbetrag bezahlen in Ihrer Stromrechnung, wenn Sie nicht auf energieeffiziente Arbeitsplatzcomputer achten. Wenn Sie dann dazu betrachten, dass Sie durch Ihr Nutzerverhalten noch mal einiges einsparen können, summieren sich solche Beträge ganz schnell in höhere Summen."

Noch deutlicher zeigen sich die Betriebskosten der EDV in Rechenzentren. Hier verbrauchen nicht nur die zu hunderten in Regalen, sogenannten Racks, gestapelten Computer sehr viel Energie. Auch die Heißluft, die sie beim Betrieb erzeugen, wird mit Strom fressenden Klimaanlagen wieder abgekühlt.

"Es gibt den ganz normalen 19 Zoll breiten Rack-Server und der stammt aus tiefster Verfangenheit, der bis heute Bestand hat. Und der ist zwar danach gebaut, dass er zuverlässig läuft, auch leistungsstark ist, viel Speicherplatz hat, aber er ist nie darüber konstruiert worden, auch thermodynamisch, das heißt Entlüftung und Belüftung im Griff zu haben."

Harald Rossol wollte sich damit nicht abfinden. In jahrelangen Versuchen konnte der Chef eines Bremer Rechenzentrums den Energieverbrauch seines Serverparks um mehr als die Hälfte senken. Eine verbesserte Anordnung von Chips, Laufwerken und Netzteilen im Luftstrom und vor allem eine deutlich höhere Temperatur waren der Schlüssel zum Erfolg. Maximal 21 Grad dürften in einem Serverraum herrschen, hatten ihm alle Fachleute erklärt. Doch Rossol stellte fest, dass die Computer auch bei wesentlich höherer Temperatur einwandfrei arbeiten.

"Jetzt haben wir genau 33,7 Grad. Wir können in diesem Raum bis auf 39 Grad Celsius hochgehen, ohne dass unsere Systeme irgendein Problem haben. Bei uns aktuell sind es 10.000 Euro im Jahr, was wir einfach sparen an Energiekosten."

Eine Klimaanlage braucht Rossol in seinem Rechenzentrum nicht. Und im Winter wird die Abwärme genutzt.

"Wir haben an Heizkosten null Euro im Jahr, weil unsere Heizkörper immer aus sind, wir brauchen sie ja nicht. Wir ziehen im unteren Bereich des Raumes die Frischluft an und die Frischluft ist verbunden mit den Frischluftschächten des gesamten Hauses, da ist ne Regeltechnik drin, also wir überwachen komplett Luftfeuchte, Innentemperatur, Außentemperatur, Büroraumtemperatur, Bürofeuchte und regeln danach den Luftaustausch. Wir können bis zu 500 Kubikmeter pro Stunde hier rauspumpen - pumpen wir einfach geregelt in unser Büro rein, und dadurch haben wir ne Luftheizung."

Der Erfolg des Nichtfachmanns Rossol zeigt, wie groß das Energiesparpotenzial im EDV-Bereich ist. Schon hat die Computertechnik beim CO2-Ausstoß den Flugverkehr überholt. Eine einzige Suchanfrage bei Google verbraucht auf dem Weg durch die Datennetze und Serverparks genauso so viel wie eine Energiesparlampe in der Stunde. Und jeder Bewohner des virtuellen Second Life benötigt ganz real die gleiche Strommenge wie ein durchschnittlicher Brasilianer.

Siegfried Behrendt beobachtet am Berliner Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung den stetig wachsenden Energiehunger der Computer - und registriert dabei in letzter Zeit auch hoffnungsvolle Signale.

"Eine Form, die sich doch langsam entwickelt, ist klimaneutrale Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Da tut sich auch ein neues Geschäftsfeld auf: Das klimaneutrale Handy, das klimaneutrale Surfen, das grüne Surfen sozusagen, da zeigt sich meines Erachtens auch eine neue Verantwortung der Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnik. Einige nehmen sie auch schon wahr. Interessanterweise, und das finde ich sehr schön, dass vor allem junge Unternehmen, Start-up-Unternehmen zunehmend auch das Thema Klimaschutz, Energieeffizienz, Ressourceneffizienz als Thema entdecken."

Und Privatnutzern bleibt ein ganz simpler Appetitzügler für den Stromhunger ihrer Computer: Einfach mal ausschalten.