Umstrittene City Tax

Von Axel Schröder · 29.01.2013
Seit dem Jahreswechsel gibt es in Hamburg eine sogenannte City Tax. Hotelgäste zahlen einen Aufschlag. So sollen jährlich rund zehn Millionen Euro zusammenkommen. Davon soll die Freie Szene nur ein Zwanzigstel bekommen. Damit sich das ändert, wurde zur Gründungsveranstaltung einer Freien-Koalition ins Kampnagel-Theater eingeladen.
Es sind mehr gekommen als gedacht: Über 200 Künstlerinnen und Künstler sind dem Aufruf von Sören Fenner gefolgt und kamen in den Saal K2 auf Kampnagel.

Fenner: "Herzlich Willkommen allerseits! Schön, dass Ihr alle da seid! Das ist ganz toll! Und willkommen zur Gründungsveranstaltung hoffentlich der Freien hier in Hamburg!"

Fenner gehört zur Freien Tanzszene Hamburgs. Eine Zeitlang hat er in Wien gelebt und gearbeitet und, erzählt er, er hat dort eine Wertschätzung erfahren, die er in Hamburg vermisst. Und dazu gehöre am Ende auch finanzielle Wertschätzung. Die soll es nach Einführung der Hamburger Kultur- und Tourismustaxe Anfang des Jahres auch geben.

Allerdings in einer Höhe, mit der Fenner nicht einverstanden ist. Die Kulturbehörde bestätigt: Zehn Millionen wird die Steuer insgesamt einbringen, die Hälfte fließt in touristisch verwertbare Großveranstaltungen, die andere Hälfte soll der Kultur der Stadt zugute kommen. Für die Freie Szene sind 500.000 Euro reserviert.

Fenner: "Oder anders gesagt: genauso viel wie für die Junioren-Ruderweltmeisterschaft und das Galopp-Derby. Ich wiederhole noch mal: ‚Kultur- und Tourismus-Taxe’ - Junioren-Ruderweltmeisterschaft und das Galopp-Derby zusammen. Dann ist das ein Zeichen, und zwar ein Zeichen gegen unsere Arbeit. Und dann müssen wir aufstehen!"

Nach Fenner traten seine Mitstreiter ans Mikrofon. Unter anderem Mathias Schulte-Kraft von Hamburg-Off, einer Initiative von sieben Hamburger Off-Theatern. Er verweist auf die Versprechungen der Hamburger Kultursenatorin Barbara Kisseler. Vor zwei Jahren hatte sie angekündigt, die Freie Szene in Hamburg stärken zu wollen. Schulte-Kraft hat die Einladung zur Zusammenarbeit, zum Austausch mit der Senatorin gern angenommen. Es sollte um Inhalte und nicht um Geld gehen.

Angesichts der vermeintlich ungerechten Verteilung von Fördergeldern auch unter der neuen Senatorin will sich Schulte damit aber nicht abfinden. Auch er verweist auf die seiner Ansicht nach skandalösen Schieflagen zwischen der Förderung von Hochkultur und freien Künstlern:

Schulte-Kraft: "Da stehen dann 44 Millionen für die Staatsoper. Und dann steht da ein Etat, der jetzt dem ‚Theater n. n.’ und dem ‚Theater in der Washingtonallee’ fehlt, von 55.000 Euro. Das kriege ich im Kopf nicht zusammen. Diese Relation der Zahlengrößen."

Starthilfe aus Berlin war heute auch auf Kampnagel dabei: Christophe Knoch, Sprecher der "Koalition der Freien in Berlin" beschrieb die ersten Erfolge der Initiative.

Knoch: "Dass die Neiddebatte aufgehört hat! Dass nicht mehr die Kleinen gegen die Großen gestänkert haben, dass wir uns ganz stark und sofort gegen eine Schließung der Deutschen Oper gewendet haben. Dass uns allen klar ist, dass wir nur zusammen - wenn die Kunst zusammensteht - etwas für den Standort und für die große Freie Szene in Berlin tun können!"

Zusammen mit Fenner fordert Knoch eine Förderung von freien Künstlerinnen und Künstlern, die ihnen ein Leben über dem Existenzminimum ermöglicht. Helfen könne dabei zum Beispiel eine Unterstützung bei Ausstelllungen. Bisher sei es üblich, dass Künstler unentgeltlich ihre Werke zur Verfügung stellten.

Die Logik dahinter: Immerhin bieten ihnen die Galerien dafür ein Podium. Kaufen könnten sich die Künstler dafür aber auch nichts, so Knoch. Fördergelder, die in diesen Fällen den Aufwand der Kreativen ausgleichen könnten, wären also längst überfällig. In Hamburgs Kulturbehörde arbeitet man zurzeit an den Kriterien, nach denen die 500.000 Euro aus dem sogenannten Elbkulturfonds an die freie Szene der Stadt verteilt werden sollen. Enno Isermann, der Sprecher der Kulturbehörde:

Isermann: "Es wird ein Ausschreibungsverfahren geben. Und dann wird ein unabhängiges Expertengremium entscheiden, wer dann wie viel bekommen soll."

Angesichts der Kritik am vermeintlich mickrigen Anteil für die Freie Szene verweist Isermann auf die Fördergelder, die aus anderen Töpfen an die Künstler fließen. Und darauf, dass günstige Räume für Ateliers zur Verfügung gestellt werden. Ganz vom Tisch wischen möchte er die Forderungen der Freien Hamburger Szene aber auch nicht:

Isermann: "Nichtsdestotrotz ist es ganz sicherlich eine berechtigte Forderung, dass mehr Geld für die Freie Szene zur Verfügung gestellt werden muss, weil auch uns klar ist, dass dort unter sehr großem Engagement und häufig sehr wenig Geld Großes geleistet wird."

Zur Stunde sammeln die Freien Koalitionäre in Hamburg die Wünsche ihrer Unterstützer auf Plakaten. Es wird diskutiert, gesammelt, geordnet, ganz basisdemokratisch. In Berlin hat das funktioniert, erzählt Christophe Knoch. Und nach zwei Monaten der Abstimmung konnten die Koalitionäre dann ihr "Zehn-Punkte-Papier" an den Senat schicken. Auch die Hamburger brauchen also noch Geduld und einen langen Atem.