Ultraschall

05.05.2007
Bei Ultraschall denken die meisten Menschen an die Sonographie beim Arzt. Aber vergleichbare Gerätschaften kommen auch in der Lebensmittelindustrie zum Einsatz. In vielen Betrieben sind heute Ultraschallgeräte Standard. Angefangen hatte das vor vielen Jahren mit dem Ultraschallschweißen von Plastikverpackungen – heute gibt es kaum noch ein Produkt, bei dem nicht irgendwo in der Produktion Ultraschall eingesetzt würde.
Wie funktioniert das? Ultraschall sind hochfrequente Vibrationen, die das menschliche Ohr in der Regel nicht mehr als Geräusch wahrnimmt. In der Lebensmittelwirtschaft nutzt man häufig Frequenzen von 15 bis 40 kHz, während in der Medizin im Rahmen Bildgebender Verfahren Frequenzen oberhalb von 100 kHz verwendet werden. Es gibt verschiedene technische Methoden Ultraschall zu erzeugen. Wichtig ist, dass Luft Ultraschall absorbiert, so dass entweder ein direkter Kontakt zum Produkt bestehen muss oder eine Flüssigkeit wie Glycerin als Koppler verwendet wird.

Ein Beispiel: Ultraschall wird gerne zum Schneiden von klebrigem Material wie Torten oder Pausenriegel verwendet. Das Ultraschallmesser aus Titan vibriert pro Sekunde 20.000 Mal. Dadurch ist die Berührung mit dem Produkt jedes Mal so kurz, dass es ganz sauber, ohne zu verschmieren, geschnitten werden kann. Das Ultraschallmesser wird dadurch auch nicht stumpf. Es muss anschließend auch weniger gereinigt werden, weil nichts mehr kleben bleibt. So lässt sich problemlos halbfester Schnittkäse, der beim Schneiden an jedem Messer kleben bleibt, in saubere gleichmäßige Scheiben schneiden. Das Produkt muss vorher auch nicht konditioniert werden, also gekühlt oder erwärmt, um das Schneiden zu erleichtern. Es lassen sich dabei auch alle möglichen "Schnittmuster" umsetzen. Mit Ultraschall wird heute Tiefkühlware, zum Beispiel Fisch, der in Standardfrostblöcken angeliefert wird, zerkleinert, werden Teige oder Tiefkühlpizzas geteilt, Eiskreme in Scheiben geschnitten (bevor die Waffelblätter draufkommen) und Bonbonstränge oder Kaugummimassen ganz sauber und schnell zerteilt, so dass sie in die Einwickelpapierchen passen.

Weitere Anwendungen: Ultraschall macht Margarine streichfähig, hilft beim Emulgieren und Homogenisieren von Soßen, Eiscreme und Mayos. Unverzichtbar zum Dispergieren, also zur optimalen Durchmischung von Nanopartikeln und hilft Spirituosen und Weine schneller altern zu lassen. Zur Beschleunigung der Fleischreifung, Ultraschall ersetzt die Elektrostimulation. Zur Aktivierung von Zellen in Fermentationsanlagen geeignet sowie zu deren Zerstörung. So gewinnt man dann Aroma- und Hefeextrakte oder Enzyme. Mit Ultraschall lässt sich die Aktivität der Enzyme erhöhen und anschließend durch Veränderung der Frequenz die Enzyme nach der Anwendung wiederum inaktivieren. Wichtig ist Ultraschall auch beim Tiefgefrieren: Er eignet sich nicht nur zum Schneiden, sondern beschleunigt zugleich den Gefrierprozess. Durch die Bildung kleinerer Eiskristalle wird außerdem die Qualität des Endproduktes verbessert. Am dankbarsten dürfte die Müslifraktion über den technischen Fortschritt sein: Mit Ultraschall lassen sich Schimmelgifte im Müsli zersetzen.

Mit Ultraschall lässt sich Milch pasteurisieren, Geflügelschlachtkörper entkeimen, die richtige Energie macht Salmonellen gleichermaßen wie Cryptosporidien den Garaus. Dazu gibt es zahllose Patentschriften. Allerdings ist das Verfahren derzeit nur in Kombination mit anderen Methoden der Haltbarmachung zu empfehlen, da nicht alle relevanten Keimgruppen gleichermaßen abgetötet werden.

Selbstverständlich wird der Ultraschall auch zur Qualitätskontrolle verwendet: Zur Untersuchung von Eiern auf Risse in der Schale. Zur Prüfung der Dichtigkeit von Getränkedosen für Limo oder Bier: Ultraschall führt zum spontanen Entgasen der Flüssigkeit. Dadurch erhöht sich der Druck, so dass undichte Verpackungen leicht erkannt werden. Daraus leitet sich gleichermaßen eine andere Anwendung ab: Man kann damit Flüssigkeiten entgasen, zum Beispiel bei der Herstellung von Sahne.

Auch bei der Gewinnung von Nahrung spielt Ultraschall eine Rolle, zum Beispiel beim Orten von Fischschwärmen mittels eines Sonars. Ja sogar in der Landwirtschaft wird mit Ultraschall experimentiert. Man prüft, ob sich durch eine Ultraschallbehandlung des Bodens auf das Pflügen verzichten lässt.

Ist das gefährlich? Höchstens für die Beschäftigten in der Fabrik. Ultraschall nutzen auch viele Tiere zur Kommunikation oder zur Jagd. Dazu zählen nicht nur Fledermäuse, sondern auch Wale oder Kasuare. Und wenn Sie einen umweltfreundlichen Spardiesel fahren, dann produziert der Ultraschall-Schockwellen. Problematisch ist eine ganz andere Nutzung: Das Neuromarketing. Man versucht, durch gezielten Einsatz von Ultraschall das Denken der Menschen zu beeinflussen, um beispielsweise seine Kaufentscheidungen in die richtige Richtung zu lenken.

Quellen:
Clark JP: Ultrasonics in food processing. Food Technology 2007; H.3: 67-69
Zheng L, Sun DW: Innovative applications of power ultrasound during food freezing processes – a review. Trends in Food Science & Technology 2006; 17: 16-23
Hoover DG: Ultrasound. Journal of Food Science 2000, suppl.: 93-95
Hecht J: Supersonic shock. New Scientist v. 23.2.2002; S.23
Sony Corporation/Sony Electronics Inc.: Scanning method for applying ultrasonic acoustic data to the human neural cortex. US-Patent 2004/0267118