Ultraschall

Geschärfter Blick in den Körper

Schüler begleiten den Chefarzt eines Krankenhauses in Halle (Saale) bei der 3D-Ultraschall-Untersuchung einer schwangeren Frau.
Schüler begleiten den Chefarzt eines Krankenhauses in Halle (Saale) bei der 3D-Ultraschall-Untersuchung einer schwangeren Frau. © picture alliance / dpa
Von Stephanie Kowalewski · 20.11.2014
Als die Pioniere des Ultraschalls in den 1960er-Jahren erstmals in den Bauch einer Schwangeren blickten, konnte nur das geschulte Auge auf den grauen Bildern etwas erkennen. Seitdem hat sich die Technik enorm weiterentwickelt.
Ultraschall ist heute das mit Abstand am häufigsten eingesetzte bildgebende Diagnoseverfahren, sagt Andreas Schuler, Ärztlicher Direktor und Chefarzt an den Alb Fils Kliniken in Göppingen-Geislingen.
Schuler: "Wir machen heute Ultraschall von der Socke bis zu Locke."
Ultraschall kommt ohne Strahlen, Magnetfelder und enge Röhren aus.
Schuler: "Wir haben einen Ultraschallkopf, der Schallwellen aussendet im Körper und zwar im für uns nicht hörbaren Bereich, also Ultra-Schall. Und wir hören dann auf die Echos. Und dann kann über ein elektronisches Signal die Stärke dieses Echos abgegriffen werden und daraus wird ein Bild gemacht."
Bis zu 35 Zentimeter Eindringtiefe
Von Anfang an kam die risikolose Sonografie besonders in der Geburtshilfe zum Einsatz. Die ersten Bilder eines Fetus Ende der 1960er Jahre sahen für den Laien eher wie ein Mischmasch aus verschiedenen Grautönen aus. Heute können werdende Eltern ihrem ungeborenen Baby beim Daumenlutschen im Mutterleib zusehen - in 3D und in Echtzeit, schwärmt Jan Scholzen vom Geräterhersteller GE Healthcare.
Scholzen: "Man sieht sehr gut das Gesicht, man kann die Hände und die Füße sehen. Was es jetzt aber interessant macht, gerade mit unserer Neuentwicklung, ist, dass man das fetale Herz in Echtzeit aufnehmen kann. In der zehnten Schwangerschaftswoche, das Kind ist etwa vier Zentimeter groß, kann man hineinzoomen in die Hirnventrikel."
Für die Eltern ist es ein großartiges emotionales Erlebnis, ihr Baby, lange vor der Geburt, quasi wie im Kino beobachten zu können.
Scholzen: "Für den befundenden Arzt hat es den großen Vorteil, dass er zu einem schon sehr frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft schon diagnostizieren kann, ob alles in Ordnung ist oder eben, ob ein Eingriff möglicherweise im Mutterleib erfolgen kann."
Möglich sind solch gestochen scharfe dreidimensionale Bilder nur, weil sich die Computer und die Softwareprogramme, die die Echos in Bilder umsetzten, enorm verbessert haben. Sie können heute viel mehr Daten in viel kürzerer Zeit verarbeiten, als noch vor ein paar Jahren. Und moderne Sonografiegeräte können den Schall heute erheblich tiefer in den Körper schicken, als das zur Zeit der Pioniere möglich war, und liefern dabei dennoch wesentlich schärfere Bilder, erklärt Andreas Schuler.
Schuler: "Wir haben Eindringtiefen von 30-35 Zentimeter von außen mit Ultraschall, wo wir quasi von der Bauchdecke bis zur Wirbelsäule durchschallen können und auch kleine Veränderungen, kleine Strukturen sehr viel besser, sehr viel detailgetrauer auflösen können."
Häufig wird der Herzschlag von Mutter und Kind verwechselt
So können inzwischen eben auch sehr dicke Menschen mit dem Ultraschallverfahren untersucht werden. Ein Vorteil, den die Firma Philips auch für die Geburtshilfe nutzt. Der Gerätehersteller hat einen kabellosen Wehenschreiber entwickelt und liegt damit voll im Trend. Denn der mobile Einsatz der Ultraschallgeräte ist nicht nur in Notarztwagen oder Rettungshubschraubern gewünscht, sondern auch auf Intensiv- oder Entbindungsstationen, sagt Norbert Heinze von Philips.
Heinze: "Was in der Geburthilfe eben häufig vorkommt, ist eben, dass Mutter und Kind verwechselt werden, der Herzschlag. Und das können wir jetzt auch mit dieser kabellosen Telemetrie sicherstellen, dass das nicht der Fall ist."
Kabellose mobile Geräte erlauben es der Schwangeren, sich frei zu bewegen und sogar in die Badewanne zu steigen. Statt in den üblichen Schallköpfen steckt die Technik hier in flachen Kunststoffscheiben, den so genannten "Aufnehmern". Sie werden mit Hilfe eines elastischen Gurtes so auf dem Bauch der Schwangeren befestigt, dass sie die Herztöne des Babys und die der Mutter aufnehmen und per Funk an das Ultraschallgerät leiten. Hier werden die Daten dann in Töne umsetzt. Und das inzwischen auch bei Mehrlingsgeburten, betont Norbert Heinze.
Heinze: "Im Extremfall, wenn die Schwangere jetzt Drillinge bekommen würde, hätte ich vier Aufnhemer, die mit diesem Gurt positioniert werden."
"Wir können sehr nah am Herz arbeiten"
Aber Ultraschall wird in der modernen Medizin nicht nur außerhalb des Körpers angewendet. Mit Hilfe so genannter Schlucksonden können sich die Ärzte inzwischen auch ein genaues Bild zum Beispiel von den Herzklappen machen, erklärt Michael Ilg von Siemens. Das geht von außen kaum, denn dann müsste der Ultraschall durch die mit Luft gefüllte Lunge hindurch. Und Luft schwächt den Schall. Deshalb gibt es spezielle Endoskop-Ultraschallsonden, die unter Narkose in einem langen Schlauch über den Mund bis in die Speiseröhre vorgeschoben werden.
"Und dann wird das Herz von der Speiseröhre aus beschallt. Der Vorteil ist, wir können sehr nah am Herz arbeiten, haben dadurch eine bessere Ortsauflösung und wir haben keine störenden Effekte der Lunge, also von Luft. Ein weiterer Vorteil dieser Sonde ist, dass nicht nur die Anatomie dargestellt wird, sondern auch die Funktionalität, nämlich über die Darstellung des Blutflusses. So sieht der Arzt ohne Zeitverzögerung, wie das bis jetzt der Fall war, ob die Klappen richtig schließen."
So kann der Arzt bereits während der Operation korrigierend eingreifen. Eine andere wegweisende Neuerung ist der Einsatz von Konstrastmittel. Dabei werden dem Patienten winzige Gasbläschen gespritzt, durch die per Ultraschall in Sekundenschnelle sichtbar gemacht werden kann, wie zum Beispiel die Durchblutung eines Tumors ist.
Schuler: "Wo wir sehr schnell erkennen können, spricht eine Therapie an, wird der Tumor weniger durchblutet, wird er kleiner, eben weniger aktiv, verändert er sich biologisch unter der Therapie."
So kann die Therapie individuell für den Patienten gesteuert werden. Das ist die Zukunft des Ultraschalls, sagt der Arzt Andreas Schuler.
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