Ukraine

Wie soll der Westen auf die Krim-Krise reagieren?

Ukrainer protestieren in Simferopol auf der Krim gegen das bevorstehende Referendum. Sie tragen die ukrainische Flagge über ihren Schultern.
Ukrainer protestieren in Simferopol auf der Krim gegen das bevorstehende Referendum. © Pavlishak Alexei, dpa/picture-alliance
15.03.2014
Die Krise in der Ukraine spitzt sich zu, am Sonntag findet das Referendum über den Beitritt der Krim zur Russischen Föderation statt. Auch ohne die absehbare Zustimmung hat die Ukraine bereits faktisch keine Herrschaft mehr über die Schwarzmeer-Halbinsel. Putin zeigt sich unbeeindruckt von den Drohungen des Westens.
"Die Krim ist verloren", sagt Prof. Dr. Jörg Baberowski, Professor für Geschichte Osteuropas an der Humboldt-Universität zu Berlin. "Die westlichen Staaten sollten sich darauf konzentrieren, wie die Ukraine als Staat erhalten werden kann"
Putin sei kein Hasardeur, es drohe kein Krieg. Dennoch sieht er die Gefahr: "Putin wird versuchen, sich die Ostukraine in einer Salami-Taktik einzuverleiben."
Um die Situation zu befrieden, müsse man verstehen, wie Putin – und damit die meisten Russen, auch auf der Krim - denken: "Für sie ist die Ukraine kein fremdes Land, sondern der mythische Geburtsort Russlands. Putin schwimmt auf einer Welle der Popularität, die er niemals erlangt hätte, wenn im Westen Europas und in den USA begriffen worden wäre, was das sowjetische Imperium war, und welche Rolle die Ukraine in ihm spielte." Die Ukraine, so der Osteuropaexperte, sei kein einheitlicher Nationalstaat, wie der Westen glaube; die Krim habe immer eine Sonderrolle gespielt. "Jetzt tut der Westen so, als könne man die Ukraine in die Nato aufnehmen – das ist naiv."
Seine provozierende Frage: "Warum kann die Krim nicht haben, was für die Südtiroler selbstverständlich ist? Wieso soll für alle Zeit ausgeschlossen sein, dass sich der östliche vom westlichen Teil der Ukraine trennt? Solches Recht haben auch Tschechen und Slowaken für sich in Anspruch genommen, und es ist kein Krieg daraus geworden."
"Systematischer Bruch aller internationalen Regeln"
"Putin hat sich außerhalb der G8, der UN-Charta und des Völkerrechts gestellt. Das ist ein systematischer Bruch aller internationalen Regeln", sagt die Fraktionschefin der Grünen im Europaparlament, Rebecca Harms. "Es geht um die Souveränität der Ukraine, aber auch um globale Werte, für die die EU steht." Sie spricht sich für Sanktionen gegen Russland aus. Dazu zählten die sofortige Beendigung der Rüstungszusammenarbeit und Waffenexporte, aber auch Reisebeschränkungen und das Einfrieren von Konten der russischen Machtelite.
"Wirtschaftssanktionen, die den russischen Präsidenten beeindrucken können, verlangen auch von uns Veränderung. Die Krise zeigt, wie gefährlich eine einseitige Abhängigkeit bei Energie- und Rohstoffexporten ist. Die EU muss bereit sein, umzudenken und zumindest Projekte wie die geplante Southstream-Pipeline auf Eis zu legen."
Die Grünen-Politikerin war mehrfach in Kiew, um die Opposition auf dem "Majdan" zu unterstützen und politisch zu vermitteln: "Nicht alles, was zurzeit in Kiew passiert, ist automatisch gut. Und es ist längst nicht sicher, dass die Oppositionsparteien es schaffen, den demokratischen Weg weiterzugehen. Deshalb braucht die Ukraine jetzt nicht nur unser Geld, sondern echte Unterstützung. Wir müssen helfen, schnell gegen Korruption vorzugehen, und dafür sorgen, dass von den zugesagten Hilfsgeldern die gesamte Ukraine profitiert. Außerdem muss das Assoziierungsabkommen so schnell wie möglich unterzeichnet werden."
Krise auf der Krim: Wie soll der Westen reagieren?
Darüber diskutiert Dieter Kassel heute von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr mit Jörg Baberowski und Rebecca Harms. Hörerinnen können sich beteiligen und Fragen stellen unter der Telefonnummer: 00800 2254 2254 oder per E-Mail unter gespraech@deutschlandradiokultur.de.
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