Ukraine

Putins Sorgen − Kiews Panik

Bewaffnete vor dem Gebäude der Regionalverwaltung in Slaviansk
Prorussische Bewaffnete halten die Regionalverwaltung in Slaviansk besetzt. © dpa / picture alliance / Roman Pilipey
Von Sabine Adler · 14.04.2014
Die Separatisten im Osten der Ukraine interessiert kein Referendum − sie wollen ein instabiles Land, sturmreif für die russische Übernahme. Die Polizei sieht dem Chaos tatenlos zu.
Wenn sich der russische Präsident, wie er es heute wissen ließ, Sorgen macht, dann hat Kiew allen Grund zu Panik. Denn aus Sorge um die Russen in der Ukraine könnte der Kremlherr Truppen schicken, die die Landsleute jenseits der Grenze angeblich schützen. Und weil das offenbar am besten gelingt, wenn man gleich das Territorium besetzt, könnte die Ukraine wieder ein Stück Land verlieren.
Pro-russische Kräfte nutzen den Machtwechsel skrupellos aus, die neue Regierung in Kiew hat den Osten nicht hinter, sondern gegen sich. Nirgendwo wird das so deutlich wie in den Reihen der Sicherheitsorgane. Eine Stadtverwaltung, eine Dienststelle nach der anderen wird erstürmt, die Orte versinken im Chaos und die Polizei steht daneben und sieht tatenlos zu. Keineswegs nur, weil sie Blutvergießen vermeiden möchte.
Die ukrainische Regierung wird am Donnerstag bei den Gesprächen in Genf mit den USA, der EU und Russland Beweise für Moskaus Beteiligung an der Destabilisierung der Region vorlegen. Zu sehen wird dabei sein, wie ein russischer Offizier einer ganzen Polizeieinheit Anweisungen erteilt für ihr Verhalten bei den Gebäudebesetzungen. Er fordert sie auf, das orange-schwarze Georgsband an ihr rechtes Schulterstück zu binden. Was ihren Seitenwechsel für jedermann sichtbar macht. Ukrainische Polizisten mit russischem Tapferkeitssymbol. Kein Polizist widerspricht, geht, protestiert, fragt auch nur nach.
Sicherheitsorgane werden von Janukowitsch geschmiert
Der Verrat an ihrem bisherigen Dienstherrn scheint nicht das geringste Problem für sie zu sein. Eine Erklärung dafür könnte der ehemalige Innenminister und erbitterter Janukowitsch-Gegner Juri Luzenko geliefert haben. Er, und nicht nur er allein, weiß, dass die gesamte Donezker Führung der Sicherheitsorgane nach wie vor von Ex-Präsident Janukowitsch geschmiert wird. Dessen Sohn und ein Freund des Sohnes sind allein in den Amtsjahren von Vater Janukowitsch Dollar-Milliardäre geworden. Die Familie kommt aus Donezk, Janukowitsch hat hier seine Heimat, auch politisch. Nun zittert der Clan, seine Pfründe zu verlieren. Die Stimmung im Donbass ist Anti-Kiew.
So kann keine Anti-Terror-Operation gelingen, kein nationales Referendum die Region befrieden. Präsident Turtschinow hat es heute vorgeschlagen, will es zusammen mit der Präsidentschaftswahl abhalten lassen. Allein, es wird keine Wirkung zeigen. Denn die Separatisten interessiert weder Dezentralisierung noch Föderalisierung, sie wollen ein instabiles Land, sturmreif für die russische Übernahme. Auf dem Maidan wird sich das so mancher nicht mehr lange anschauen, sondern seine Sachen packen und Richtung Osten ziehen.
So kampflos wie Russland die Krim bekommen hat, wollen sie Putin Donezk und Lugansk nicht überlassen. Die nächsten Wochen versprechen leider keinen Frieden.
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