Ukraine-Krise

Sanktionen setzen Putin unter Druck

Russlands Präsident Wladimir Putin bei einer Pressekonferenz
Russlands Präsident Wladimir Putin ist nach den Sanktionen gegen sein Land in der Zwickmühle. © picture alliance / dpa
Von Gesine Dornblüth · 30.07.2014
Vor allem im Ölgeschäft wird Russland die neuen Sanktionen zu spüren bekommen, vermutet Moskau-Korrespondentin Gesine Dornblüth. Sollte Putin wegen der Handelsbeschränkungen in der Ukraine-Frage einlenken, wird sein Volk ihm das als Schwäche auslegen.
Die neuen Sanktionen gegen Russland wurden klug durchdacht und treffen das Land an empfindlichen Stellen. Zum Beispiel im Ölgeschäft. Offiziellen Angaben zufolge stammt ein Viertel der Technik, die bei der Öl- und Gasförderung in Russland eingesetzt wird, aus dem Ausland. Russland plant, immer schwieriger zugängliche Vorkommen zu erschließen, zum Beispiel in der Arktis.
Dabei ist es auf westliche Hochtechnologie angewiesen. Weil die nun nicht mehr geliefert wird, kann die russische Ölförderung um bis zu zehn Prozent schrumpfen – so die glaubhafte Prognose eines russischen Experten. Aus dem Ölexport bestreitet Russland aber einen ganz wesentlichen Teil seines Haushalts. Es wird den Staat Milliarden kosten, die Wirkung der Sanktionen aufzufangen.
Klare Ansage an Putin
Die EU hat Putin gegenüber klare Ansagen gemacht. Wenn er in der Ukraine-Frage einlenkt, werden die Strafmaßnahmen aufgehoben. Das Problem ist: Putin handelt nicht rational. Man erinnere sich nur an den irrsinnigen Gasliefervertrag mit China, den Putin kürzlich unterzeichnete – als Gegengewicht zum Energiegeschäft mit der EU. Der Preis, den China für das Gas zahlt, ist so niedrig, die Kosten für den Bau der Pipeline sind so hoch, dass Russland am Ende draufzahlen wird.
60 Prozent der Russen glauben, die Sanktionen würden sie nicht betreffen. Irgendwann aber wird es ein böses Erwachen geben.
Putin steckt in einem Dilemma. Das Land schwimmt auf einer Welle des übersteigerten Nationalismus. Die Russen sind davon überzeugt, von Feinden umzingelt zu sein und sich gegen die USA, gegen die Ukraine, verteidigen zu müssen. Sie sehen die Sanktionen als einen weiteren Beleg dafür, dass sich die westliche Welt gegen sie verschworen hat. Der Kreml hat diese Stimmungen erzeugt.
Immer wieder war die Rede vom "Siegervolk"
Wenn Putin nun unter dem Druck der Sanktionen in der Ukrainefrage einlenkt, wird ihm das als Schwäche ausgelegt. Denn in Russland zählen Stärke und Sieger. Wie oft hat Putin vom "Siegervolk" geredet. Wenn er aber hart bleibt gegenüber dem Westen, werden ihm seine Wähler irgendwann die Folgen der Sanktionen anlasten. Der ehemalige Finanzminister Kudrin spricht von Einkommenseinbußen in Höhe von 20 Prozent für ganz normale Bürger.
Heute schwieg Putin zu den Sanktionen. Man bekommt immer mehr den Eindruck, dass der Präsident spontan reagiert, je nach Situation. Und je weiter er bisher in der Defensive war, umso aggressiver fiel seine Reaktion aus.
Die Sanktionen der EU sind wichtig und richtig, vor allem für die Glaubwürdigkeit der EU. Wären sie früher gekommen, hätten sie Putin womöglich davon abgehalten, nach dem Raub der Krim auch noch die Ostukraine zu destabilisieren: Jetzt aber ist ihre Wirkung auf Putin völlig offen.
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