Ukraine-Krise

Baden-Baden bangt um seine Russen

Von Uschi Götz · 14.11.2014
Baden-Baden ist bis heute bei Russen beliebt. Früher kamen Dostojewski und Tolstoi, heute kommt Moskaus Oberschicht. Doch seit dem Embargo gegen Russland sinkt die Zahl der russischen Gäste. Die Stadt ist alarmiert.
Eine edle Kutsche kommt die Lichtentaler Allee hinauf. Von oben winkt ein frischvermähltes Hochzeitspaar freudig den Fußgängern im Park zu. Die Sonne scheint, nahezu alle Parkbänke sind besetzt. Überall ist es November, nur in Baden-Baden nicht. Eingebettet zwischen der Rheinebene und den sanft ansteigenden Höhen des Schwarzwalds ist das Klima in der Kurstadt milder. Der Frühling kommt schneller, der Winter später.
Renate Effern bleibt stehen und schaut dem Hochzeitspaar in der Kutsche hinterher:
"Ich kenne Ehepaare, wo er Russe und sie Ukrainerin (ist). Und die haben nach 30 Jahren Ehe, haben die jetzt plötzlich Eheprobleme. Also wegen dieser ganzen Situation."
Doch um Politik, gar um die Krim-Krise, soll es nicht gehen. Renate Effern ist Expertin für russische Geschichte und Vorsitzende der Turgenev-Gesellschaft. Etwa 120 russische Gruppen führt sie pro Jahr durch die Stadt, die auch als Mekka vieler Kranker gilt. Täglich schütten zwölf Quellen zusammen rund 800.000 Liter Thermalwasser aus.
Die Kurstadt hat von allem ein bisschen mehr abbekommen als der Rest der Welt so scheint es zumindest. Der Baden-Baden zum Teil regelrecht umarmende Stadtwald ist der größte in ganz Deutschland. Der beschauliche Stadtkern wurde während des Zweiten Weltkriegs verschont und sieht mit der abendlichen Beleuchtung wie eine große Puppenstube aus. Das Spielcasino in Baden-Baden lockt abendlich eine bunte Schar von Spielern an.
Russische Touristen prägen die Stadt
Baden-Baden, so sagt man, sei auch die russischste Stadt Deutschlands. Waren es früher vor allem Sankt Petersburger, die kamen, sind es heute überwiegend Gäste aber auch Einwanderer aus Moskau. Die russischen Touristen prägen die Stadt. Überall wird russisch gesprochen, auch in den edlen Läden. Die russischen Frauen fallen auf: Sie tragen meist auffällig hohe Schuhe und auffällig blonde Haare. Die schwerreiche russische Oberschicht, die Oligarchen hingegen, sind kaum im Stadtbild wahrnehmbar.
Effern: "Die Tatsache allein, dass auch die ganz reichen Russen, dass die ohne Bodyguards morgens in der Allee joggen können, das ist für die schon ein Erlebnis, dass sie hier sich frei bewegen können und dass sie hier diese Ruhe haben."
Baden-Baden liegt am Westrand des nördlichen Schwarzwaldes im Tal der Oos, einem kleinen Fluss der kurz hinter Baden-Baden schon wieder in einen anderen Fluss mündet.
Renate Effern geht über eine Brücke. Hier geht’s zu meinem Chef, sagt sie lachend und zeigt in Richtung einer Büste. Ein Dutzend Touristen warten dort.
"Ich will nur den Herren und Damen erzählen, ich bin die Vorsitzende der Turgenev Gesellschaft und als diese Büste hier eingeweiht wurde, wehte im Wind eine wunderbare russische Fahne auf der stand in Goldbuchstaben 'Dem großen Turgenev, das dankbare Russland' Und diese Fahne habe ich geklaut. (Alle lachen) und sie hängt in meinem Büro. Und das erzähle ich allen, das habe ich auch dem Moskauer Generalstaatsanwalt erzählt und der ist nicht in Ohnmacht gefallen."
Im Gegenteil. Renate Effern bekam 2006 die Puschkin-Medaille von Russland verliehen. Eine hohe Auszeichnung für Verdienste im kulturellen Bereich. Vor ein paar Jahren wurde die Russland-Expertin nach Berlin eingeladen, um im sehr kleinen Kreis mit Ljudmila Putina zu speisen. Mittlerweile haben sich der russische Präsident und seine Frau nach mehr als 30 Ehejahren scheiden lassen.
Rasend schneller Fürst Menschikow
Renate Effern hat ein Buch über die Geschichte der Russen in Baden-Baden geschrieben. Der Titel: "Hurra die Russen kommen zurück". Richtung Spielcasino führt sie kurz in die russische Literatur ein, denn nur dadurch lässt sich erklären, warum der Ort Baden-Baden so wichtig für Russen ist:
"Es ist einfach eine Tatsache, dass außerordentlich viele russische Schriftsteller hier gewesen sind, dass sie auch alle hier über Baden-Baden geschrieben haben. Der erste, der einen Roman geschrieben hat, der in Baden-Baden angesiedelt ist, ist Leo Tolstoi, dann der Spieler von Dostojewski und Turgenev hat einen Roman geschrieben, der heißt "Rauch" und spielt ganz und gar in Baden-Baden."
Ein Schlüsselroman, sagt Frau Effern noch, dann ist sie vor lauter sprudelndem Brunnenwasser fast nicht mehr zu hören. Im Roman "Rauch" geht es um einige politische Figuren der damaligen Zeit. Schwer zu verstehen, es geht weiter mit leichterer Kost:
"Es gab hier am Ende, sie sehen diese Prachtvilla, die gehörte einem Fürsten Menschikow, das war ein Freund von Peter dem Großen, und ein Urenkel von dem kam nach Baden-Baden und brachte eine Troika mit, eine Kutsche mit drei Pferden und ist hier immer die Allee entlang gedonnert."
Zu schnell für die Polizei. Der russische Fürst wurde angehalten. "Fürst, so schnell dürfen sie hier nicht fahren", soll ein Polizist gesagt haben.
"Und da soll der dem Goldrubel gegeben haben, und gesagt haben, nehmen sie das, das ist für alle Fälle."
Neulich kam einer der russischen Gäste nach dieser Geschichte auf die Idee:
"Da kann ich mit meinem Ferrari ja auch so schnell fahren, wie ich möchte. Wissen sie, in Baden-Baden wohnen sehr viele reiche Menschen. Ausgewiesen 900 deutsche Millionäre und viele von denen haben sicher auch einen Ferrari und wenn die jetzt alle mit ihrem Ferrari fahren, dann würde es ja hier einen Stau geben auf der Lichtentaler Allee."
Unternehmer nennt Situation dramatisch
Seit der Krimkrise kommen weniger russische Gäste in die Stadt und seit die Sanktionspolitik wirkt, macht man sich langsam Sorgen in Baden-Baden. Was, wenn die Russen ganz wegbleiben? Im Rathaus sagt man, es sind 0,5 Prozent weniger russische Gäste als in früheren Jahren. Die Baden-Badener Hoteliers sprechen hingegen von einem Drittel weniger Gäste aus Russland. Die Stimmung hat sich verändert, erzählt Igor Rothmann:
"In der Stadt gibt es verschiedene Meinungen, verschiedene Richtungen. Immer beschuldigt sich eine Seite, das muss nicht sein. Der Dialog muss bleiben, dass wir den St. Petersburger Dialog abgelehnt haben, das ist nicht richtig. Wir müssen uns treffen, wir müssen zusammen eine Lösung finden. Wir sind strategischer Partner, wir sind es und wir müssen es bleiben"
Rothmann soll mit Präsident Putin gut befreundet sein. Seit Jahren gilt er als Mittler zwischen den russischen und deutschen Geschäftswelten. Der väterlich wirkende Unternehmer ist keiner, der sich versteckt, im Gegenteil: Rothmann kennen alle und viele schätzen ihn in Baden-Baden. Er vermittelt russische Patienten an deutsche Kliniken. International kam er in die Schlagzeilen, als er Baden-Baden regelrecht geklont hat. Er ließ die Stadt an der Oos nahezu originalgetreu am Fuße des Kaukasus nachbauen.
Heute Abend sitzt Igor Rothmann im Brenners Park Hotel zu Baden-Baden. Das Thema ist heikel: Wie steht es um die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland? Zu diesem Thema wird gleich der russische Botschafter Wladimer Grinin sprechen. Die Karlsruher IHK hat zu dem kleinen Wirtschaftsgipfel eingeladen. Nicht umsonst trifft man sich in Baden-Baden.
Der freundlich wirkende Botschafter kommt ohne Personenschutz, schüttelt Hände, klopft dem einen oder anderen auf die Schulter und hält dann eine Rede, die den einen oder anderen fassungslos zurücklässt. Grinin sagt, die Situation sei dramatisch.
So deutlich hat man es bislang eher aus der Ferne gehört. Zwischen Suppe und Wild sagt der Botschafter dann noch, man spüre die Sanktionen sehr wohl. Baden-Badens CDU Oberbürgermeisterin Margret Mergen kommt spät zur Rede, aber noch rechtzeitig, um das Fazit des Botschafters zum Thema deutsch –russische Wirtschaftsbeziehungen zu hören: Eine Isolierung Russlands sei unmöglich. Punkt.
An manchen Tischen wird nach der Rede minutenlang geschwiegen. Erst ganz am Ende, kurz vor dem Dessert, wird der Botschafter sagen, man müsse die Hände ausgestreckt lassen.
Oberbürgermeisterin lädt zum deutsch-russischen Dialog ein
Die Oberbürgermeisterin sitzt am Tisch des Botschafters. Was gesprochen wird, wer weiß es schon. Vielleicht wiederholt die Oberbürgermeisterin das, was sie zuvor im Rathaus gesagt hat. Nämlich, der Dialog zwischen Westeuropa und Osteuropa sei sehr wichtig:
Mergen: "Und ich kann nur anbieten, dass sich Baden-Baden optimal eignet, weil es eben ein absolut friedlicher Ort ist mit dieser Ost-West-Dimension, mit der Geschichte Russland – Baden-Baden, Frankreich. Ich kann nur anbieten, dass die Menschen den Dialog hier führen bevor man in Konfliktsituationen kommt."
Friedensgespräche in Baden-Baden? In Baden-Baden glaubt man nicht, dass die Oberbürgermeisterin an Selbstüberschätzung leidet. Alle fürchten sich vor einer Eskalation. Unternehmer Rothmann meint, bei einer nächsten Stufe der Sanktionen sei das Maß voll und appelliert:
"Wir müssen zusammen sein, unsere Völker, wir müssen alles tun …wir müssen einen Weg finden – einen Dialog zwischen Politikern. Wir müssen einen Weg finden, Frieden zu bauen. Wir müssen alle am Runden Tisch sitzen, über Frieden nachdenken, über einen Dialog, wir haben Kinder, wir haben Enkelkinder, wir müssen diese Zukunft gründen."
In der Krise wird immer deutlicher: Viele in Baden-Baden lebende Russen haben gute Verbindungen zu Putin, nicht wenige sind dem Präsidenten freundschaftlich verbunden. Es hält sich das hartnäckige Gerücht in der Stadt, eine Putin-Tochter lebe seit geraumer Zeit in Baden-Baden. Wie nah ist Baden-Baden der Krimkrise?
Henn: "Baden-Baden ist sicher nicht am Rande dieser ganzen Geschichte, denn die Oligarchen, die hier sind haben gute Verbindungen zu Putin und das ist auch das Problem, das es eine ganz bestimmte Schicht ist und Herr Rothmann ist natürlich auch nicht neutral in dieser ganzen Geschichte. Er ist einer der Freunde der Moskauer Regierung. Und wenn wir gute Beziehungen mit Russland haben möchten, dann heißt das nicht mit dem Kreml, sondern mit Russland."
Werner Henn sitzt seit über zehn Jahren für die SPD im Gemeinderat. Kurz nach Ausbruch der Ukraine-Krise forderte er den Gemeinderat dazu auf, man müsse die Städtepartnerschaft mit Jalta auf der Krim aussetzen. Der bis Mitte dieses Jahres regierende Oberbürgermeister Wolfgang Gerstner rang lange um eine eindeutige Position. Seine Nachfolgerin, CDU Oberbürgermeisterin Margret Mergen, war erst einmal in Russland und noch nie auf der Krim. Was die Frage nach der Partnerschaft betrifft, ist sie eindeutig: Die Politik, die derzeit gefahren wird, ist nicht tolerabel.
Mergen: "Und schon gar nicht der Umgang mit der Ukraine, wir distanzieren uns davon und haben deswegen auch aktuell die Städtepartnerschaft mit Jalta, die eigentlich ja ukrainisch ist, aber jetzt eben doch russisch geprägt ist, im Moment mal ruhen lassen, um abzuwarten, wie es sich entwickelt."
Kann sich eine Stadt wie Baden-Baden überhaupt eine so eindeutige Position leisten? Was passiert, wenn die Oligarchen gehen? Die Touristen ausbleiben?
Uniklinik Freiburg will von russischer Kundschaft profitieren
Nicht nur Baden-Baden wäre betroffen. Eine ganze Region lebt von den zahlungskräftigen Russen. Besonders hart umkämpft ist mittlerweile der gesamt medizinische Bereich. Seit Jahrzehnten haben sich Ärzte, Zahnärzte und Krankenhäuser auf die russischen Patienten eingestellt. Es gibt eigene Krankenstationen für Russen, besonderes Essen und natürlich russisch sprechendes Fachpersonal.
Regelmäßig landen auf dem Baden-Airport Flugzeuge aus Russland, die Patienten zur Behandlung in die Region bringen. Viele von ihnen fliegen am gleichen Abend wieder zurück in Richtung Moskau. Offiziell ist nicht bekannt, wo sich wer behandeln lässt. Auch gibt keine Klinik rund um Baden-Baden Auskunft darüber, ob die Zahl der Patienten seit Beginn der Krimkrise zurückgeht.
Etwas gesprächiger ist das Universitätsklinikum Freiburg. Die Freiburger Klinik hat im Sommer dieses Jahres eine eigene Repräsentanz mitten in der Baden-Badener Innenstadt eröffnet. Die Geschäfte sollen immer noch ganz gut gehen.
Ein russisches Paar steht vor dem Schaufenster der Repräsentanz. Gleich an der Eingangstür liegen Broschüren aus. In kyrillischer Schrift ist auf den Deckblättern zu lesen: "Der einzige große Reichtum ist unsere Gesundheit". In der Broschüre werden nahezu alle Behandlungsbereiche der Uniklinik reich bebildert vorgestellt. Ein Operationssaal ist zu sehen, diagnostische Verfahren werden erklärt. Das russische Paar spricht leise miteinander. Energisch schütteln beide beim Anblick eines Mikrofons den Kopf und gehen fluchtartig weiter.
In der Repräsentanz wartet Eugen Weigel auf Kundschaft. Der Mann mittleren Alters, trägt einen hellblauen Pullover, Lederschuhe, und lächelt freundlich. Er zeigt auf eine große Sitzgruppe und bittet darum, auf einem Ledersessel Platz zu nehmen. Zwei weitere Mitarbeiterinnen, ebenfalls Beschäftigte der Uniklinik Freiburg, warten diskret im Hintergrund. Wer kommt zur Beratung in die Repräsentanz? Herr Weigel denkt nach:
"Also größtenteils ausländische Patienten, die sich informieren wollen über die Behandlungsmöglichkeiten an der Uniklinik Freiburg , und allgemeine Fragen stellen. Also, welche Art der Krankheit werden behandelt und wie ist es möglich, sich als Patient zu melden."
Herr Weigel und seine Mitarbeiterinnen haben russische Wurzeln. Das Werbematerial ist eindeutig für russischsprechende Patienten vorgesehen, doch nirgendwo, auch hier nicht, wird offen über die russische Zielgruppe gesprochen. Neuer Anlauf, gleiche Frage: Wer kommt in diese Repräsentanz zur Beratung?
Weigel: "Größtenteils sind das potenzielle russische Patienten, Gäste aus Kasachstan. Ein paar Araber waren auch schon da."
In Baden-Baden ist man empört über den Werbefeldzug der Universitätsklinik Freiburg. Eine Konkurrenzsituation von Kliniken in öffentlicher Trägerschaft wird befürchtet. Die Oberbürgermeisterin sagt:
"Die Tatsache, dass das sich bis Freiburg herumgesprochen hat und hier jetzt eine Dependance aufgebaut wurde, findet nicht unsere Begeisterung, weil wir sagen, wir werben natürlich in Russland für den Tourismus und das steht den Freiburgern frei, dies natürlich auch in Russland zu tun, aber es ist eigentlich unsportlich hier direkt in Baden-Baden zu werben."
Allerdings geht es hier nicht um gewöhnlichen Tourismus, sondern um Medizintourismus. Die Nerven liegen blank. Mittlerweile wurde das baden-württembergische Wissenschaftsministerium eingeschaltet, um zu klären, welche Klinik wo um russische Patienten werben darf.
Russen investieren in aufwändig restaurierte Immobilien
Wie abhängig ist Baden-Baden von den russischen Gästen, seinen Einwanderern und nicht zuletzt von den russischen Patienten? Gemeinderat Henn gibt Entwarnung:
"Es gibt Stimmen, die sagen, wir sind abhängig, wenn die Russen nicht mehr kommen, dann gehen in Baden-Baden die Lichter aus. Das ist nicht so. Und wenn es denn so wäre, dann müssten wir allerschleunigst die Reißleine ziehen, denn wir dürfen uns ja nicht abhängig machen von irgendeiner Gruppe, egal woher sie kommt. Auch wirtschaftlich, touristisch, in diesem Fall. Wir sind eine internationale Stadt, 120 verschiedene Nationen, die hier leben, die Russen sind nur ein Teil davon."
Doch genau dieser Teil schottet sich ab, erzählt man sich in der Stadt. 30 bis 40 Millionen Euro investieren Osteuropäer jährlich in Baden-Baden allein in Immobilien. Man kann und will nicht auf sie verzichten, jedenfalls nicht die Rathausspitze.
OB Mergen: "Ich finde es deswegen nicht schlimm, weil das Häuser sind, die auch wieder ein Stück Geschichte, badische und Baden-Badener Geschichte, die teilweise so aufwändig zu restaurieren sind, dass man sich das als Normalmensch überhaupt nicht leisten könnte."
Am südlichen Ortsausgang von Baden-Baden wurde ein Schloss nahezu neu aufgebaut. Von dem früheren Schloss waren nur noch ein paar Steine übrig:
Mergen: "Wenn sie das heute anschauen, ist das absolut denkmalgerecht aufgebaut und mir wird gesagt, der Eigentümer habe 25 Millionen Euro investiert. Darüber kann ich nicht unglücklich sein, denn das Haus steht hier und ist im schönen Erscheinungsbild und so gibt es einige Objekte, wo nach außen kolportiert wird: Oh, das haben reiche Russen gekauft. Ja, natürlich, und ich bin froh drum, sonst hätten wir wahrscheinlich Ruinen."
Was sich hinter den meist meterhohen Mauern vor den millionenteuren Villen verbirgt, lässt sich nicht einmal erahnen. An vielen Eingangsportalen gibt es keine Namensschilder.
Henn: "Seit dem Embargo habe ich den Eindruck, auch dadurch, dass einige Konten auf Zypern gesperrt wurden und einige dieser Oligarchen auf der Schwarzen Liste der EU stehen, dass auch einige Immobilien den Eigentümer wieder wechseln."
Allerdings zweifelt SPD-Gemeinderat Henn daran, ob es sich tatsächlich um einen Eigentümerwechsel handelt.
"Es gibt ja juristische Tricks über eine GmbH, die man gründen kann und auf einmal ist kein Russe mehr der Eigentümer, sondern ein Usbeke oder ein Kasache… In Baden-Baden werden die alle unter dem Sammelbegriff 'Russen' geführt, ob die jetzt aus der ehemaligen Sowjetunion kommen oder aus welchem Land auch immer."
Verleger: Die Stadt ist von den politischen Umständen betroffen
Optimistisch hat Verleger Manfred Söhner vom Aquensis Verlag auch die nächsten Auflage, immerhin 10.000 Stück, des Journals "Baden-Baden exclusiv" drucken lassen. Das Magazin ist ausschließlich für russischsprachige Gäste gemacht, denn alle Texte sind in kyrillischer Schrift gedruckt.
Auf über 70 Seiten gibt es viele Informationen über die Geschichte Baden-Badens, Tipps für Ausflüge und jede Menge Fotos und Werbeanzeigen. Kein Wort über die aktuelle politische Situation. Das Heft wird bis zum nächsten Frühjahr auf Flügen von und nach Russland verteilt und liegt in Baden-Baden an vielen Stellen aus.
Söhner: "Wir werden auch nicht politisch werden, weil das nicht unsere Aufgabe ist. Es ist ein Gästemagazin, da gehört Politik meiner Meinung nach nicht rein."
Doch Manfred Söhner kennt die Seele der Stadt. Als früherer Pressesprecher hat er Baden-Baden auch auf Auslandsreisen vertreten. Die Stadt ist von den politischen Umständen betroffen, sagt Verleger Manfred Söhner:
"Ich würde mir natürlich schon wünschen, dass sich das Verhältnis wieder normalisiert. So, dass wir sagen können, wir haben es in den letzten Jahren geschafft, den Kalten Krieg zu überwinden und das wäre jetzt ziemlich schlecht, wenn wir wieder in diesen Zustand kämen, dass wir wieder einen Kalten Krieg hätten."
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