Ukraine-Konflikt

Regierungskrise in Kiew

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Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk hat seinen Rücktritt angekündigt. © picture alliance / dpa / Andrew Kravchenko/Government Pre
Von Sabine Adler · 25.07.2014
Eine schwere Regierungskrise verschärft die Lage in der Ukraine. Die Suche nach Opfern des Flugzeugabsturzes geht unterdessen weiter. Die Leichen von 100 Personen werden noch vermisst.
Mehr als ein Brief war heute von Arseni Jazeniuk nicht zu sehen. Weder im Parlament noch im Kabinett, doch der Sessel des gestern zurückgetretenen Premierministers blieb nicht lange leer, Wolodimir Groismann hat ihn heute besetzt. Für fünf Minuten, genauso lange wie seine Ankündigung dauerte:
"Sie wissen, dass der Premierminister im Parlament seinen Rücktritt verkündet hat. Eine entsprechende Erklärung hat er schriftlich an die Werchowna Rada gerichtet. Ich möchte anmerken, das der Rücktritt offiziell so lange nicht angenommen ist, solange das Parlament sich damit nicht befasst hat. Und solange erfüllen wir unsere Pflichten. Mir wurde die Funktion des Premierministers übergangsweise übertragen."
Groismann ist Vizepremier für Bau und Regionale Entwicklung, nach dem Absturz des malaysischen Flugzeuges wurde ihm die Leitung der Arbeitsgruppe der Regierung anvertraut. Er gilt als Poroschenko-Mann, doch noch ist nicht ausgemacht, dass er tatsächlich der neue Premier ist.
Finanzierung der Armee nicht sichergestellt
Der Präsident will Jazeniuk weiter im Amt sehen und nahm deshalb dessen Rücktritt bislang nicht an. Poroschenko ruft Jazeniuk auf, sich wieder zu beruhigen, doch der reagierte heute nicht. Arseni Jazeniuk meint, dass sich das Parlament dringend mit der Finanzierung der Armee hätte befassen müssen, die ab dem 1. August nicht sichergestellt ist. Auch die Beteiligung von ausländischen Investoren an der Gasversorgung wäre wichtiger gewesen, als jetzt die Regierungskoalition platzen zu lassen, um damit vorgezogenen Parlamentswahlen zu ermöglichen. Poroschenko möchte sie, die Parteien UDAR und Swoboda taten ihm den Gefallen, aus der Regierungskoalition auszutreten.
Dabei bekäme die nationalistische Swoboda kaum mehr so viele Stimmen wie bei der letzten Wahl, die Vaterlandspartei von Julia Timoschenko, die derzeit fast alle Regierungsämter stellt, würde vermutlich auch verlieren, vor allem aber würde wohl die Partei der Regionen von Ex-Präsident Viktor Janukowitsch massive Verluste erleiden. Poroschenkos Vorgänger im Präsidentenamt, Krawtschuk, Kutschma und Juschtschenko unterstützen vorgezogenen Parlamentswahlen, doch unbeantwortet bleibt, wie bis Ende Oktober, dem voraussichtlichen Wahltermin, neue Parteien entstehen sollen, einschließlich der von Präsident Poroschenko.
Der hat offensichtlich nicht mit Jazeniuks Reaktion gerechnet. Olkesandr Daniljuk, der Vertreter des Präsidenten im Kabinett sagte: "In diesen Tagen ist es wichtig, dass Kommando zu behalten. Die Arbeit muss gut abgestimmt sein zwischen Kabinett, Präsident und Parlament. Der Präsident versteht, wie schwierig die Situation ist und möchte, dass die Regierung weiter im Amt bleibt. Man kann jetzt nicht die Funktion auf Wolodimir Groisman übertragen, schließlich ist es ein hohes politisches Amt. Das geht vielleicht 2 bis 3 Tage, aber eine endgültige Lösung ist das nicht."
Weiter Suche nach Opfern des Flugzeugabsturzes
Ungeachtet der politischen Krise in der Hauptstadt geht die Suche nach den Opfern des Flugzeugabsturzes in der Ostukraine weiter. 100 Personen fehlen noch. Am Sonnabend sollen die vorerst letzten Särge in die Niederlande geflogen werden, die Holländer wollen die Bergung der sterblichen Überreste und Wrackteile von einem unbewaffneten internationalen Polizeitrupp absichern lassen, vorausgesetzt, die Konfliktparteien sind einverstanden.
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