Überwachung

DDR-Bürgerrechtler enttäuscht von deutscher Politik

Eine kleine Deutschlandfahne steht am 17.05.2013 neben einer Kamera und Mikrofonen für eine Videokonferenz auf einem Monitor bei einer Pressekonferenz des Zollfahndungsamts in Hamburg.
Keine Überwachung mehr? Sebastian Pflugbeil beklagte mangelnde Bürgerrechte in Deutschland. © dpa / picture alliance / Christian Charisius
09.09.2014
Mehr Bürgerbeteiligung und keine willkürliche Überwachung durch den Staat, das forderten die Mitglieder des Neuen Forums in der DDR vor 25 Jahren. Mitbegründer Sebastian Pflugbeil erhebt auch heute die Stimme - diesmal gegen die Bundesregierung.
Der Mitbegründer des vor 25 Jahren gegründeten oppositionellen Neuen Forums in der DDR, Sebastian Pflugbeil, hat sich enttäuscht über die politische Entwicklung in der Nachwendezeit geäußert.
In der Zeit um '89 hätten die Oppositionellen für einen Rechtsstaat gekämpft. "Die andere Frage ist, ob wir den jetzt haben", sagte Pflugbeil am Dienstag im Deutschlandradio Kultur. "Und wenn man mit den Augen von damals die Gegenwart anguckt - daran liegt mir eigentlich -, dann ist die Bilanz schwierig." Es gebe "harte Probleme, die jetzt auch gelöst werden müssen, die ich beinahe für gravierender halte, als das, was uns damals Ende '89 geplagt hat".
Mangelnder Dialog mit den Mächtigen
Als Beispiel nannte er die Enthüllungen um geheimdienstliche Überwachungen in Europa. Die Bürgerrechtler hätten sich in der DDR dafür eingesetzt, Überwachung mittels Abhörgeräten, Videokameras und Postkontrollen durch die Stasi abzuschaffen, sagte Pflugbeil. "Was wir in den letzten Monaten erfahren haben, da sind wir durchaus nicht besser dran jetzt." Auch die Möglichkeiten zur Bürgerbeteiligung halte er für bedenklich: "Wir wollten Dialog mit den Mächtigen, den haben wir jetzt auch nicht."
Die Gründung des Neuen Forums sei allerdings auch im Nachhinein eine Erfolgsgeschichte, sagte Pflugbeil. "Wir haben innerhalb von wenigen Wochen sehr viel mehr erreicht, als wir alle für möglich gehalten hatten." Die Bewegung habe die Chance geboten, sich von Kirche und Umweltbewegungen unabhängig zu machen. Der Kirchenrahmen "schützte vor den Attacken der Stasi und des Staates, aber er schränkte natürlich auch die Wirkung ein. In die Kirchen kamen nicht alle Leute, und wir hatten das Gefühl, dass die Probleme in der DDR so scharf geworden sind, dass man raus muss und offen darüber diskutieren".
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