"Überall glänzendes schimmerndes Gold!"

Von Regina Kusch · 04.11.2012
Es war eine archäologische Sensation. Jahrelang hatte der Brite Howard Carter ohne großen Erfolg im Tal der Könige im antiken Theben gegraben, als er am 4. November 1922 die erste unberührte Grabstätte eines Pharaos fand. Die Entdeckung des Grabes von Tutanchamun löste weltweit eine Begeisterung für die ägyptische Antike aus.
"Es war gegen 10 Uhr morgens, als ich Spuren des Grabeingangs entdeckte: Die oberste Stufe einer verschütteten Treppe, etwa vier Meter unterhalb des Eingangs vom Grab Ramses VI. ins Gestein gemeißelt. Schnell hatten wir festgestellt, dass es der Einstieg zu einer steilen Vertiefung war. Wie es schien, war es der Zugang zu einem Grab der 18. Dynastie. Aber mehr kann man noch nicht sagen, bevor das Geröll nicht weggeräumt sein wird."

Samstag, 4. November 1922.

Als Howard Carter dies in sein Tagebuch notierte, hatte er bereits jahrelang ohne großen Erfolg im Tal der Könige, im antiken Theben, gegraben. Jetzt stand er vor einer archäologischen Sensation. Nachdem die Arbeiter den Eingang freigeschaufelt hatten, trat etwas zutage, was es bis dahin noch nicht gegeben hatte: ein ungeplündertes Pharaonengrab.

Howard Carter: "Es herrschte Totenstille, als wir den großen Deckel, der über eineinviertel Tonnen wog, anhoben. Der Inhalt war vollständig mit leinenen Leichentüchern bedeckt. Als das letzte Tuch weggerollt war, begannen wir zu beten, denn was wir sahen, war göttlich: Einen zweiten Sarg mit dem goldenen Abbild des jungen Königs. Eine großartige Arbeit! Darin waren noch weitere Särge ineinander geschachtelt, zuinnerst die sterblichen Überreste des jungen Königs Tutanchamun."

1922 wusste man nicht viel über Tutanchamun. Der Pharao hatte als Kind den Thron bestiegen und war verheiratet mit seiner Halbschwester Ankhesenamun, einer Tochter des Königs Echnaton. Tutanchamun war jung gestorben. Woran, war nicht überliefert.
Um das Grab auszuräumen und die über 5000 Grabbeigaben - Statuen, Schmuckstücke, Möbel, Streitwagen, Waffen und natürlich die berühmte Goldmaske – zu katalogisieren, brauchte Carter zehn Jahre. Seine Entdeckung löste weltweit Begeisterung für die ägyptische Antike aus und machte ihn zu einem britischen Nationalhelden. Doch die Erforschung der Lebensgeschichte Tutanchamuns kam in den folgenden Jahren kaum voran. Nachdem Carter sich mit der ägyptischen Regierung überworfen hatte, untersagte die ihm, seinen Fund außer Landes zu bringen. Heute befindet sich der Pharaonenschatz im Nationalmuseum in Kairo. Die Särge blieben im Tal der Könige. Dort hat sie die Ägyptologin Marianne Eaton-Kraus in den 90er-Jahren untersucht. Sie geht davon aus, dass der frühe Tod Tutanchamuns für seine Zeitgenossen völlig überraschend kam. Anders als bei anderen Königen hatte noch niemand begonnen, einen Totentempel zu errichten. Man arbeitete einen Sarkophag aus der Grabausrüstung einer verstorbenen Königin um:

"Es war eine Notbestattung. Als er starb, mussten sie für ihn eine Grabausrüstung herstellen. Es gab natürlich Palastmöbel, Throne usw., die wurden dann zusammengepackt und nach Theben gebracht."
Schon allein deshalb verrät das Grab wenig über das Leben des jungen Pharao. Jahrelang waren Wissenschaftler davon ausgegangen, er sei durch einen Schlag ins Genick gestorben. Inzwischen wurde die Mumie geröntgt, im Computertomografen untersucht und es wurden DNA-Proben genommen.

Marianne Eaton-Krauss: "Es gab jetzt diese Untersuchung der Mumie, wo behauptet wird, dass Tutanchamun einen Klumpfuß hatte und Malaria, einen Unfall. … Und es gibt angeblich einen Artikel in Arbeit, wo behauptet wird, dass Tutanchamun im Krieg getötet wurde. Der Grund: über seine Mumie waren unheimlich viel Öle und Harz gegossen. Um abzudecken, dass er sehr verletzt wurde. Man sollte nicht so viel Vertrauen haben in die Interpretation von diesen Daten, die durch die neuesten naturwissenschaftlichen Methoden erzielt sind."

Die Daten ersetzen nicht, was Carter nie fand, weil es offenbar dem Grab nicht beigegeben war: Überlieferungen zum Leben Tutanchamuns. Es gab nur wenige Papyri und kaum Texte an den Wänden, die mehr Aufschluss über seine politische Bedeutung hätten geben können. Deshalb ist der berühmteste ägyptische König bis heute auch der geheimnisvollste geblieben.
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