Über den neuen Kundera-Roman

Grandioses oder verkrampftes Alterswerk?

Der Schriftsteller Milan Kundera auf einem Bild von 2005
Der Schriftsteller Milan Kundera; Aufnahme von 2005 © picture-alliance/ dpa/dpaweb
Von Tobias Wenzel · 20.02.2015
Vierzehn Jahre lang hatte der französische Autor tschechischer Herkunft Milan Kundera keinen Roman mehr geschrieben. Mit seinem neuen Roman "Das Fest der Bedeutungslosigkeit" beschäftigen sich die Feuilletons: "Ein grandioses Alterswerk", meint Hellmuth Karasek in der "Welt".
"Undenkbar, Bond könnte das Bond-Girl mit 'Altes Mädchen' ansprechen",
findet Hannes Hintermeier. Das ist nicht dieser österreichische Schlagersänger mit schulterlangen blonden Haaren, sondern ein kurzhaariger, aus Bayern stammender Redakteur der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG.
Ebendort denkt er darüber nach, ob der Ausdruck "Bond-Girl" bei der 50-jährigen Monica Bellucci überhaupt noch passt. Denn sie ist das neue Bond-Girl und das älteste aller Zeiten. Hintermeier - der Schelm! - schlägt deshalb für die Zukunft deutsche, nicht mehr ganz so junge Schauspielerinnen als Bond-Girls vor, unter anderem Katja Riemann, Veronica Ferres und Christine Neubauer.
Mitarbeiter der Zeitung ausgespäht
"James Bond bei der 'taz'?", fragt der TAGESSPIEGEL.
"Der Redakteur als Whistleblower",
heißt die entsprechende Überschrift in der WELT. Dort berichtet Robin Alexander, in der "taz" seien mit Hilfe eines so genannten Keyloggers, der äußerlich einem USB-Stick gleicht, aber Tastatureingaben heimlich speichert, Mitarbeiter der Zeitung ausgespäht worden.
Bei dem Täter soll es sich um den "taz"-Redakteur Sebastian Heiser handeln, schreibt Robin Alexander weiter in der WELT. Heiser habe mittlerweile "Hausverbot".
Ebenjener Sebastian Heiser, der früher für die "SZ" arbeitete, habe jüngst mit heimlich mitgeschnittenen Gesprächen zu belegen versucht, wie "Anzeigenkunden aus der Finanzbranche die Berichterstattung der 'Süddeutschen' beeinflusst haben sollen".
Da stellt sich die Frage, ob Heiser, falls die Anschuldigungen stimmen, vorhatte, nun auch über die "taz" investigativ zu berichten oder ob er einfach nur mal vorsichtshalber die Daten gesammelt hat. In den Worten von Robin Alexander von der WELT:
"Hat dieser Machtzuwachs von Rechercheuren bei einem jungen Reporter dazu geführt, dass er Allmachtsfantasien im eigenen Büro auslebte?"
"Ein grandioses Alterswerk", ruft, ebenfalls in der WELT, Hellmuth Karasek aus und meint Milan Kunderas neuen Roman "Das Fest der Bedeutungslosigkeit".
Vierzehn Jahre lang hatte der französische Autor tschechischer Herkunft keinen Roman mehr geschrieben.
"Sein jüngstes Buch ist ein schmales Alterswerk, zum Heulen komisch und zum Lachen tragisch",
schreibt Karasek. Der Kritiker fühlt sich dem Autor verbunden, unter anderem wegen desselben Geburtsortes, und betont das seltsam oft.
Kritikerkollege Volker Hage lässt sich selbst dagegen außen vor. Im SPIEGEL schreibt Hage, die vier männlichen Hauptfiguren in Kunderas Roman wirkten wie "Marionetten".
Verkrampftes Alterswerk?
Genau dieselbe Assoziation hat Andreas Breitenstein von der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG. Der Roman sei eine "Versuchsanordnung". Und dann der Todesstoß: "Selten hat man ein so verkrampftes Alterswerk gelesen wie dieses." Breitenstein stört sich außerdem an Kunderas, wie er schreibt, frivolem Umgang mit der Figur Stalin.
Kundera habe in seinem neuen Roman Stalin "zum Witze erzählenden Schlaumeier, gemütvollen Prachtkerl und weisen Väterchen stilisiert".
Über die sowjetische Avantgarde schreibt Catrin Lorch in der SZ. Es geht um einen nun in Wiesbaden begonnenen Prozess gegen eine vermeintliche Fälscherbande, die sich auf diese Kunst spezialisiert haben soll. Im Zentrum der Ermittlungen steht eine Wiesbadener Galerie.
1500 Werke wurden sichergestellt. "Heute sind die Bilder falsch, die Expertisen sind falsch, die Experten sind auch falsch", mit diesen Worten zitiert Lorch den Malewitsch-Experten Andrei Nakov. Als Nakov Bilder aus der Wiesbadener Galerie öffentlich unter Fälschungsverdacht stellte, habe er einen anonymen Anruf bekommen: "Wenn Sie Ihre Äußerungen nicht zurücknehmen [ ... ], werden Sie Ihr Gesicht nicht wieder erkennen", habe der Anrufer gesagt.
Und wenn Sie, liebe Hörer, etwas gegen diese Presseschau einzuwenden haben, dann ... - dann wird Angela Merkel das nächste Bond-Girl.
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