"Typisch deutsch?"

Nicht-Rauchen in Deutschland?

Ein voller Aschenbecher auf dem Gartentisch eines Restaurants
Ein voller Aschenbecher auf dem Gartentisch eines Restaurants © Lino Mirgeler / dpa
Von Matthias Baxmann und Matthias Eckoldt · 23.02.2017
"Rauchen gefährdet die Gesundheit!" heißt es auf deutschen Zigarettenpackungen, dazu kommen Bilder von Gesundheitsschäden aufgrund des Rauchens. Und es gibt ein Rauchverbot in öffentlichen Restaurants. Doch manch einer wundert sich, wieviele Ausnahmen sich die Deutschen leisten.
Derek Scally, Irland:
"Das ist eine geradezu reziproke Geschichte. Als man in Irland vor einigen Jahren ein Rauchverbot einführen wollte, sagten alle: Das klappt bei den chaotischen Iren niemals! Man meinte sogar, dass einige extra anfangen würden zu rauchen, nur um dem Verbot zu trotzen. Aber nichts da! Es hat gewissermaßen über Nacht sehr gut geklappt. Das Rauchverbot wurde quasi mit deutscher Konsequenz durchgezogen. Bei den angeblich ordentlichen und obrigkeitshörigen Deutschen hingegen sind irische Verhältnisse eingezogen. Das Rauchverbot gibt es zwar, aber die Deutschen finden andauernd Ausnahmen. Da wird aus einem Restaurant einfach eine Bar, und es darf wieder geraucht werden. Oder es werden plötzlich die Aschenbecher herausgeholt, weil eigentlich schon Feierabend ist und das Ganze zu einer geschlossenen Gesellschaft erklärt wird. Das ist die irischste Sache, die in Deutschland passiert ist, seit ich hier lebe."
Fatima Lacerda, Brasilien:
"Vor dem Rauchverbot konnte es für mich ein Kraftakt sein, in ein Restaurant zu gehen. Wenn da in der Nähe ein Pärchen geraucht hat, obwohl ich gegessen habe, hat mir das oft genug den Abend vermasselt. Ich habe nämlich als Tochter einer Kettenraucherin eine ziemliche Aversion gegen das Rauchen. Aber anders als in Italien oder Frankreich wird in Deutschland schon noch häufig im öffentlichen Raum geraucht. Ich denke allerdings nicht, dass die Deutschen so renitent sind und sich gegen das Rauchverbot stellen, sondern dass die Tabakindustrie hier so eine unglaublich große Lobby hat."
Benedict Neff, Schweiz:
"Rauchen ist ein Problem in Deutschland. Ich habe mir das in der Schweiz abgewöhnt, weil man dort nirgendwo mehr rauchen darf. Und dann bin ich nach Berlin gekommen, und hier kann man in Kneipen, Clubs und Bars rauchen. Da denke ich mir: 'Wenn alle rauchen, dann rauche ich halt auch wieder.' Oftmals ist es ohnehin so verraucht, dass es kaum noch einen Unterschied macht, ob man passiv mitraucht oder sich selbst eine Zigarette ansteckt. Ansonsten finde ich toll, wie das Rauchverbot in Deutschland gehandhabt wird. Die einzelnen gastronomischen Einrichtungen sollten meiner Meinung nach einfach selbst entscheiden können, ob sie das Rauchen genehmigen oder nicht. Die Schweizer sind da ganz anders. Wenn ich Besuch bekomme, beklagen sich viele meiner Bekannten darüber, dass man in Deutschland immer noch in Bars und Clubs rauchen darf. Die schimpfen dann darüber, dass die Sachen am nächsten Tag stinken und man sich vergiftet. 'Warum können denn die Deutschen nicht auch endlich vernünftig werden?' fragen sie mich dann oft."
Hany Ghanem, Ägypten:
"Da ich selbst Nichtraucher bin, finde ich es sehr angenehm, dass es in Deutschland das Rauchverbot gibt und sich die Leute auch daran halten. Allerdings ist mir aufgefallen, dass sich immer Gruppen vor Restaurants sammeln und dort rauchen. Wildfremde Menschen kommen dabei ins Gespräch. Das finde ich für deutsche Verhältnisse so einmalig, dass ich schon überlegt habe, auch mit dem Rauchen anzufangen. Das gilt auch für die Arbeit. Ich habe schon öfter mitbekommen, dass bestimmte Entscheidungen in der Raucherzone getroffen werden. Die Leute kommen dann zurück in den Newsroom und teilen mir mit, wie es weitergeht."

Unsere Serie "Typisch deutsch" wird seit dem 10.11.2016 an jedem Donnerstag um 17.50 Uhr in der Sendung Studio 9 ausgestrahlt. Die Autoren Matthias Baxmann und Matthias Eckoldt haben Korrespondenten aus rund 30 Ländern zu ihren Erfahrungen befragt. Dazu ist auch das Buch "Typisch deutsch" im Holiday Verlag erschienen.

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