TV-Serie "Jongo"

Der Superheld aus Afrika

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Eine Straßenszene in Johannesburg - die afrikanischen Superhelden bewegen sich in Großstädten. © Marietta Schwarz
Von Fanny Kniestedt · 09.06.2016
Ein normaler Mann, der durch einen Kristall Superkräfte bekommt, ein Bösewicht und eine alte Prophezeiung - das sind die Zutaten der neuen Superhelden-Serie "Jongo". Das Besondere: Es ist die erste Superhelden-Geschichte aus Afrika.
"Wir wollten wir einen Superhelden, der wirklich authentisch afrikanisch ist - zu dem der gesamte Kontinent aufschauen kann."
So Autor und Co-Produzent Gareth Crocker über seine neue Serie "Jongo". Seit April läuft die im südafrikanischen Fernsehen und handelt von Eli King - einem jungen Hip Hop Tänzer, der Superkräfte durch einen außerirdischen Kristall erhält. Der stammt von seinem Vater, der ermordet wurde und nun ist Eli auf der Suche nach den Tätern, die wiederum den Kristall wollen, um eine alte Prophezeiung zu erfüllen.
Die Fernsehserie aus Südafrika zeigt das Bedürfnis junger Kreativer, eigene Superhelden auf dem Kontinent zu kreieren. Zu ihnen gehört auch nigerianische Illustrator Roye Okupe.
"Warum ich das mache? Ich bin mit Superhelden groß geworden. Ich bin ein Geek. Jeden Samstagmorgen habe ich bei uns in Nigeria die Ninja Turtels, Superman, Spiderman, Ironman geschaut. Ich habe so viele Comics wie möglich gelesen. Aber als ich größer war fiel mir auf, dass es gar keine Superhelden gibt, die uns repräsentieren. Als ich 2002 in die USA ging und noch mehr von all dem Superhelden-Zeug gesehen habe, die Filme, die 2005 raus kamen und sah, wie erfolgreich diese weltweit waren, habe ich mir gesagt: Es ist Zeit, dass auch Afrika im Superhelden-Genre repräsentiert wird."

Superheld kämpft gegen Soziopathen

Zeichner Roye ist von ruhigem Gemüt, quasi das Gegenteil zu seinem Alter Ego Wale Williams, dem Superhelden aus seiner Feder. Seit 2015 erscheint die Geschichte von "EXO: the legend of Wale Williams" als Graphic Novel.
Dabei geht es ebenfalls um einen jungen Mann. Dieses Mal in der Zukunft - im Jahr 2025. Auch ihm hinterlässt sein Vater etwas, als dieser auf mysteriöse Weise verschwindet - einen Anzug, der dem Träger übermenschliche Kräfte verleiht. Wale bekämpft fortan Armut, Korruption und vor allem den Soziopathen Oniku, der mit seiner Gefolgschaft die futuristische Stadt "Lagoon City" unsicher macht.
Eigentlich sollte die Geschichte ein 90-Minuten-Film werden. Doch die Reaktionen der potenziellen Investoren waren sehr zurückhaltend, wie Illustrator Roye Okupe in einem Interview mit der BBC erzählte.
"Ich habe einige Animations-Clips zusammengestellt und diese dann an mehrere unterschiedliche Produzenten in der ganzen Welt geschickt. Was ich an Reaktionen bekam, war meistens: Das klingt alles ganz nett, aber wir wissen nicht, ob es auch Erfolg haben kann. Hast du denn eine Fan-Gemeinschaft, werden die Leute positiv darauf reagieren? Einer sagte sogar: Das wird nicht funktionieren, weil deine Geschichte auf einem afrikanischen Charakter basiert."

Afrikanische Superhelden lösen Skepsis aus

Die Reaktionen internationaler Investoren auf die Anfragen des Illustratoren Roye Okupe zeigen, wie viel Skepsis "afrikanische" Helden noch auslösen. Dass "afrikanisch" auch modern und global bedeuten kann und damit viele Konsumenten anspricht, will das nigerianische Start-up "Comic Republik" zeigen. Die junge Firma sitzt in einem kleinen Raum, die Rollläden sind runtergelassen und halten die gleißende Sonne draußen. Innen entstehen am Laptop ausschließlich Comics mit afrikanischen Superhelden – kostenlos für alle Fans im Internet verfügbar als PDF.
"Anfangs war es sehr schwer auf dem Markt der Superhelden. Die Leute haben uns nicht ernst genommen. Sie meinten: Ihr zeichnet also - keine Filme? OK, dann seid ihr am Anfang und wir haben noch Zeit."
Noch fehlt es an der ganz großen Fangemeinschaft für die Helden des Start-ups "Comic Republik" und auch beim Illustrator Roye Okupe. Der Nigerianer geht deshalb erstmal klassische Wege für seine Legende von Wale Williams.
"Ich habe beschlossen die Sache in meine eigenen Hände zu nehmen und die Geschichte erst mal als Buch raus zu bringen, sie im Internet zu verbreiten und zu gucken, was die Leute sagen. Und um dann mit einer größeren Fan-Gemeinschaft den Film umzusetzen. Die schon fertigen Animationsfilme habe ich in einem Trailer verarbeitet, um damit das Buch zu bewerben."

Schwarze Superhelden - Zeichen für Gleichberechtigung

Und es scheint zu funktionieren. Ende März tauchte seine Graphic Novel in einer der Bestseller-Listen des Online-Versandhändlers Amazon auf. Auch bei den Superhelden-Geschichten von "Comic Republik", steigen die Online-Abrufe. Dabei kommt nur die Hälfte der Leser aus Afrika. Viele sind aus Brasilien, von den Philippinen und aus den USA. Kein Wunder. In den Vereinigten Staaten haben schwarze Superhelden eine längere Tradition und wurden zu einem Symbol für mehr Gleichberechtigung. Das konnte der Soziologe Adilifu Nama zeigen. Er ist Professor an der Loyola Marymount Univeristät und erklärt im Video zu seinem Buch "Super Black: American Pop Culture and Black Superheros" wie sich die Bürgerrechtsbewegungen der 70er Jahre in Comics widerspiegelten.
"Diese Bewegungen forderten das allgemeine Bild über Schwarzsein heraus, änderten dieses und erzwangen eine Umdeutung. Das Aufkommen von schwarzen Superhelden zu dieser bestimmten Zeit ist ein radikaler Bruch in der Geschichte schwarzer Repräsentation. Vorher waren Schwarze in Comics Chauffeure, Hausmädchen, Kriminelle oder Tänzer. Nun gab es Schwarze, die fliegen und die Natur kontrollieren konnten."
Und das ist genau das Ziel der afrikanischen Superhelden-Geschichten. Dieses Selbstbewusstsein entspricht einer jungen afrikanischen Generation, die auf globaler Ebene partizipieren will. Für die südafrikanische Fernseh-Serie "Jongo" ist dieses Selbstbewusstsein besonders klar formuliert. Mit der Wahl des Spielorts in der "City of Gold – the cradle of human kind", also der "Stadt des Goldes - der Wiege der Menschheit" demonstriert die Serie: Der Kontinent sieht sich nicht mehr an der Peripherie der Welt, sondern im Zentrum. Damit nehmen die Macher die Deutungshoheit zur Frage, was authentisch "afrikanisch" ist, in ihre Hände. Dazu zählen auch mystische und spirituelle Elemente in ihren Heldengeschichten – wie Prophezeiungen und Hexen. Diese schließen einen modernen Lebensstil jedoch nicht aus.
So will der Freund von Superheld Eli ihn filmen beim ersten Sprung über ein Auto, damit er das Video auf Facebook stellen kann.
Aber Eli findet das nicht so toll und meint, es solle weder irgendein IT- noch Hexenzeug mit dem Video fabriziert werden. Und schon gar nicht solle es in irgendeiner Cloud landen. Eli ist ein kritischer Geist und urban geprägt. Wie alle afrikanischen Superhelden.

Superhelden pflegen kosmopolitischen Lebensstil

Damit präsentieren die Macher den Gegenentwurf zum Image des ländlichen Afrika und spiegeln eher die Realität. 40 Prozent aller Afrikaner leben inzwischen in Metropolen - Tendenz rasant steigend. Von denen wiederum sind 60 Prozent unter 25 Jahren. So wie die Superhelden Wale Williams und Eli King. Jung und ganz normale Typen, die wie viele andere Altersgenossen auf der Welt einen kosmopolitischen Lebensstil pflegen, mit dem sich andere unabhängig ihrer Herkunft und Hautfarbe identifizieren können. Genau das ist das Ziel von Illustrator Roye Okupe.
"Ich bin in Nigeria aufgewachsen. Ich habe mich Superman, Spiderman, Batman und all diesen Geschichten aber nicht zwangsweise wegen ihrer Herkunft verbunden gefühlt, sondern aufgrund dessen, was sie repräsentierten. Und ich will das gleiche für Afrika und Nigeria. Ich möchte eine Superhelden-Geschichte kreieren, mit der sich nicht nur Nigerianer oder Afrikaner identifizieren können, sondern jeder auf dieser Welt."
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