TV-Duell zwischen Klöckner und Dreyer

Hart aber freundlich

Julia Klöckner und Malu Dreyer
Julia Klöckner (CDU) und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD, r.) am 1. März 2016 im Sendestudio des SWR in Mainz. © picture alliance / dpa / Foto: Andreas Arnold
Von Anke Petermann · 04.03.2016
Fast 30 Prozent Einschaltquote – selten schauen so viele das Regionalprogramm in Rheinland-Pfalz. Das Aufeinandertreffen von SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer und CDU-Herausforderin Julia Klöckner wollten viele nicht verpassen. Am Ende gab es sogar eine kleine Überraschung.
"Die Erwartungshaltung bei unserem Testpublikum war, dass Julia Klöckner etwas besser abschneiden würde",
so der Mainzer Politikwissenschaftler Thorsten Faas, der 70 Probanden analog zur gesellschaftlichen Zusammensetzung ausgewählt hatte, die das SWR-Duell bewerteten. Ihre Erwartung bestätigte sich nicht, konstatierte Faas:
"35 Prozent unserer Probanden haben Dreyer vorn gesehen, 32 Prozent Klöckner."
Dass die Herausforderin eine Stunde lang auf Augenhöhe mit Der Amtsinhaberin agierte, sei nicht zu unterschätzen, meint der Politologe – Anerkennung für Klöckner. Anders sieht das die Allgemeine Zeitung aus Mainz: die CDU-Spitzenkandidatin habe die Chance vertan, eine halbe Million Rheinland-Pfälzer von der Notwendigkeit eines Wechsels zu überzeugen. Ihr Handicap habe sich die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende selbst zuzuschreiben, findet der Kommentator: Erst die Nähe zur Kanzlerin inszeniert, dann von Merkel abgerückt, deshalb die Breitseite von Gegnerin Malu Dreyer verdient.
Dreyer: "Die Kanzlerin hat einfach Recht. Wir brauchen eine europäische Lösung. Sie fallen ihr in den Rücken, anstatt sie zu stärken. Sie braucht eigentlich die Unterstützung von ganz Deutschland."
Frey: "Also …"
Klöckner: "Das möchte ich korrigieren… CDU und CSU sind der Motor bei der Lösung der Fragen der Flüchtlingskrise. Die Kanzlerin hält Europa zusammen. Ich steh an ihrer Seite."

Mit Menschlichkeit gepunktet

Was die Bundeskanzlerin im Interview mit der Mainzer Allgemeinen und der Rhein-Zeitung soeben bestätigt. Mit Julia Klöckner als Ministerpräsidentin, so wirbt Angela Merkel für ihre Stellvertreterin an der Parteispitze, würden abgelehnte Asylbewerber in Rheinland-Pfalz konsequenter zurückgeführt. Doch bei diesem umstrittenen Thema hatte Malu Dreyer beim Testpublikum mit einem Plädoyer für Menschlichkeit gepunktet. Die Replik der Amtsinhaberin auf Klöckners Forderung nach einem "Integrationspflichtgesetz" fiel dem Kommentator der Frankfurter Allgemeinen Zeitung dagegen "zu schnoddrig" aus. Die CDU-Spitzenkandidatin erzählt häufig von muslimischen Männern, die Frauen nicht respektierten. Einspruch Dreyer:
Dreyer: "Frau Klöckner, die Diskussion, die Sie regelmäßig aufmachen, da frage ich mich manchmal schon, leben Sie eigentlich hier in Rheinland-Pfalz? Wir haben einen so ausgezeichneten interreligiösen Dialog. Imame geben einem hier in der Regel auch die Hand. Und ich kenne hier in Rheinland-Pfalz keine Menschen, die sich angeblich weigern, irgendwelches Essen anzunehmen, die einem keine Hände geben…"
Also: keine Parallelgesellschaften in diesem rot-grün regierten Land? Da darf man zweifeln. Alles in allem aber,
"hart in der Sache, aber freundlich im Umgang",
so fasst Petra Wagner vom SWR das Damen-Duell zusammen. "Vorbildhaft", ergänzt die Süddeutsche Zeitung: ein "hochprofessioneller Umgang" der Kontrahentinnen miteinander, und zwar nicht nur im Fernsehen, sondern im gesamten bisherigen Wahlkampf. Insofern: Glückwunsch, Rheinland-Pfalz!
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