Türkische Gemeinde rügt Kölner Moschee-Bau

Von Michael Obermeyer · 27.10.2011
2000 Mängel am Rohbau der Kölner Zentral-Moschee hat ein Gutachter festgestellt. Der Architekt hält sein Selbstverständnis als "guter Techniker" dagegen. Der Streit könnte überwundene Ressentiments in der Domstadt wieder aufkochen.
Es scheint so, als würden sich die beiden Parteien, die am Bau der Kölner Zentral-Moschee beteiligt sind – die türkisch-islamische Bauherrin Ditib und der renommierte Architekt Paul Böhm – unversöhnlich gegenüber stehen. Mit massiver Kritik begründet der Verein die fristlose Kündigung von dem Architekten des bundesweit größten Moschee-Komplexes.

2000 Mängel am Rohbau will ein von der Ditib beauftragter Sachverständiger festgestellt haben – so zum Beispiel Abweichungen in der Symmetrie und bei der Farbgebung. Viele der Mängel seien dem Architekten zwar bekannt gewesen, er habe die Abweichungen aber nicht in seinen weiteren Plänen berücksichtigt. Kurz und gut: Der Verein wirft Paul Böhm Schludrigkeit und unzulängliche Arbeitsweise vor.

Eine Kritik, die Paul Böhm natürlich nicht auf sich sitzen lassen will:

"Das finde ich eine, mit Verlaub, unverschämte Unterstellung. Wir sind Architekten und unser Selbstverständnis ist es, dass wir als Architekten auch gute Techniker sind und die Entwürfe, die wir erstellen, auch eine vernünftige und angemessene Ausführung bekommen."

Auch jemand anders kann sich über die die Art und Weise, wie der Verein den renommierten Architekten an den Pranger stellt, nur wundern – Kölns ehemaliger Oberbürgermeister Fritz Schramma. Er sitzt im Beirat zum Moscheebau und kann die Vorwürfe gegen den Architekten nicht nachvollziehen:

"Das ist natürlich starker Tobak und es geht natürlich auch sehr an die Berufsehre des sehr renommierten Architekten-Büros Böhm."

Die Ditib, also die türkisch-islamische Union der Anstalt für Religion, fürchtet hingegen ums eigene Image – nicht nur die ursprünglichen Kosten seien von kalkulierten 17 Millionen auf 34 Millionen Euro explodiert, die jetzt notwendige Sanierung werde weitere Millionen verschlingen. Das alles müsse man auch den Glaubensbrüdern und -schwestern vermitteln, bei denen man bundesweit Geld für den Bau der Moschee eingesammelt habe. Ayse Aydin, Sprecherin der Ditib:

"Auch die Baumängel alleine schon bedeuten einen Imageschaden für die Moschee. Das sind natürlich Fragen, die auch sich stellen: Wer bezahlt diese Schludrigkeit?"

Die Zentralmoschee war nach langem politischen Streit und nach großen Protesten in der Bevölkerung vor gut drei Jahren vom Kölner Stadtrat genehmigt worden. In der Zwischenzeit hatte sich die Aufregung gelegt, nicht zuletzt auch wegen des beeindruckenden Entwurfs von Paul Böhm. Köln hatte plötzlich eine weitere architektonische Visitenkarte. Für Kölns ehemaligen Oberbürgermeister Fritz Schramma steht das jetzige Einvernehmen durch die massive Kritik seitens der Bauherrin an ihrem ehemaligen Architekten wieder auf dem Spiel:

"Ihr macht natürlich uns jetzt die Argumentation pro Moschee nicht leichter. Die Akzeptanz, die in der Bevölkerung gewachsen ist – das konnte man spüren – kriegt jetzt einen Knicks und die Gegner haben ein wenig Wasser auf ihren Mühlen. Ich befürchte, dass das sich zu einer Bewegung entwickelt, die wir eigentlich in Köln nicht haben wollen und wo wir eigentlich dachten, wir wären schon drüber hinweg."

Es waren in der vergangenen Zeit Mutmaßungen laut geworden, dem neu gewählten, wesentlich konservativeren Vorstand der DIitib sei der sehr moderne Entwurf der Moschee nicht besonders wohlgefällig. Eine Annahme, die Ditib-Sprecherin Aydin entkräften will:

""Das ist einfach was Neues, was Schönes, es ist etwas, wo ich mit meinen Kindern reingehe, wo sie sagen, das ist mein Platz in meiner Religion. Deshalb ist es in der Gemeinde eher so, dass es, viele stehen da, sind beeindruckt, sind erstaunt, aber sie werten nicht in dem Sinne dass sie sagen: Gefällt mir oder gefällt mir nicht. Viele sind sehr, sehr beeindruckt."

Als Künstler habe Paul Böhm brilliert, als Baumeister versagt, so lautet das Fazit der Ditib. Dass die in den Augen der DItib unzulängliche Bauplanung und Bauleitung den Architekten noch teuer zu stehen kommen können, nämlich in Form von Schadensersatzforderungen, das will die Bauherrin nicht ausschließen. Architekt Böhm jedenfalls befürchtet ein langes juristisches Verfahren.
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