Türkei

    Namhafte Schriftsteller protestieren gegen Youtube-Sperre

    Türkische Flagge und Twitter-Symbol
    Das Verbot von Twitter und Youtube in der Türkei sorgt für Kritik an der Regierung. © dpa / picture-alliance / Karl-Josef Hildenbrand
    28.03.2014
    Orhan Pamuk, Salman Rushdie, Elfriede Jelinek und Günter Grass - sie alle protestieren mit mehr als 100 internationalen Schriftstellern gegen die Sperren sozialer Netzwerke in der Türkei. Kurz vor der Kommunalwahl am Sonntag ließ Ministerpräsident Erdogan Twitter und Youtube vom Netz nehmen.
    Mehr als 100 Schriftsteller haben in einem offenen Brief die wiederholten Sperren sozialer Netzwerke durch die türkische Regierung kritisiert und ein Ende der Eingriffe ins Internet gefordert. Ein freier Austausch von Gedanken sei in einer Demokratie unabdingbar, hieß es in dem am Freitag von der internationalen Autorenvereinigung PEN veröffentlichten Dokument.
    Zu den Unterzeichnern des Briefes, der sich an die türkische Regierung richtet, gehören beispielsweise Margaret Atwood, Orhan Pamuk, Salman Rushdie, Günter Wallraff, Elfriede Jelinek und Günter Grass. Die internationalen Autorenvereinigung PEN gilt als Stimme verfolgter und unterdrückter Schriftsteller.
    Das Twitter- und YouTube-Verbot sei in Folge eines rückschrittlichen Internetgesetzes verhängt worden und stelle eine nicht tolerierbare Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung dar, schreiben die Autoren in dem offenen Brief. Stattdessen solle die Türkei stolz sein, die Heimat von Europas jüngstem Internetpublikum mit über 36 Millionen Internetnutzern zu sein, wodurch das Land zu einem der bestvernetzten Staaten in der muslimischen Welt gehöre.
    Vollkommen "unangemessen"
    Nach Twitter hat die türkische Regierung am Donnerstagnachmittag auch die Videoplattform YouTube blockiert. Damit geriet Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan auch international unter Druck. Auslöser für die Youtube-Sperrung war ein dort veröffentlichtes Gespräch - unter anderem zwischen Außenminister Achmet Davutoglu und Geheimdienst-Chef Hakan Fidan, berichtete Reinhard Baumgarten. In der Audioaufnahme geht es um einen möglichen Militäreinsatz in Syrien und darum, ob dafür notfalls ein rechtfertigender Grund geschaffen werden könnte. Präsident Abdullah Gül sagte am Freitag, bei der Veröffentlichung eines solchen abgehörten Gesprächs handele sich um Spionage, die die Sicherheit des Staates gefährde. Die Staatsanwaltschaft in Ankara hat inzwischen Ermittlungen aufgenommen. Den Täter drohten härteste Strafen.
    Die Bundesregierung bezeichnete die Youtube-Sperre in der Türkei als vollkommen "unangemessen". Millionen von Nutzern dafür zu strafen, dass in einem Fall etwas Ungesetzliches geschehen sein könnte, sei eine unangemessene Reaktion, sagte Außenamts-Sprecher Martin Schäfer.
    Kommunalwahlen wichtiger Test für Erdogan
    In der vergangenen Woche war auf Anordnung von Erdogan der Kurznachrichtendienst Twitter in der Türkei gesperrt worden. Der Vowurf: Der Dienst halte sich nicht an die türkischen Gesetze. Über Twitter waren Links zu Aufnahmen veröffentlicht worden, die Erdogan und andere Spitzenpolitiker mit Korruption in Verbindung bringen. Ein türkisches Gericht hatte am Mittwoch angeordnet, die die Twitter-Sperre aufzuheben.
    Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan steht am Rednerpult im Parlament in Ankara.
    Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan© dpa picture alliance / Cem Ozdel
    Im Machtkampf zwischen Erdogan und seinen Gegnern wurden in den vergangenen Monaten immer wieder Mitschnitte von Telefonaten und Gesprächen ins Netz gestellt. Sie sollen Vorwürfe von Korruption und Machtmissbrauch belegen. Die Regierung reagierte mit einer immer schärferen Kontrolle des Internets.
    Am Sonntag finden in der Türkei Kommunalwahlen statt. Ihr Ergebnis gilt als wichtiger Test für die wegen Korruptionsvorwürfen unter Druck geratene Regierung von Ministerpräsident Erdogan. Sowohl er als auch die Oppositionsparteien haben die Wahl zur Entscheidung über den künftigen Kurs im Land erklärt. Mehr als 52 Millionen Menschen sind in den 81 Provinzen zur Stimmabgabe aufgerufen.

    Mehr zur Situation vor den Kommunalwahlen in der Türkei hören Sie in der "Ortszeit" ab 17:07 Uhr.

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