Tschechische Philhamonie mit Jakub Hrůša

Mystisch und fantastisch

Der tschechische Dirigent Jakub Hrůša.
Der tschechische Dirigent Jakub Hrůša © imago/CTK Photo/Stan Peska
10.02.2017
Ein besonders dichtes und abwechslungsreiches Programm dirigierte Jakub Hrůša in Prag - die Tschechische Philharmonie spielte Musik von Miloslav Kabeláč und Hector Berlioz. Adam Plachetka sang orchestrierte Lieder von Franz Schubert.
Die Wege der Musikgeschichte sind verschlungen und manchmal unergründlich. So kann die große alte Sinfonie, die diesen Prager Konzertabend beschließt, auch heute noch erstaunen. Immerhin ist die Symphonie fantastique von Hector Berlioz ein Werk von 1830, als die europäische Musikwelt gerade zu begreifen begann, was ihr Giganten wie Beethoven und Schubert hinterlassen hatten und als die kommenden großen Meister der Romantik noch in den Windeln lagen oder gar nicht geboren waren. Berlioz' große Sinfonie ist bis heute einzigartig, steht da wie ein Solitär in ihrer instrumentalen Vielfalt und ihrer subjektiven Kraft. Nach Prag passt das Werk insofern besonders gut, als dass Berlioz in Paris die volle pädagogische Kunst der böhmischen Schule hatte genießen können, indem er Unterricht zum Beispiel bei Antonín Rejcha hatte. Von diesem Meister lernte Berlioz, das gesamte Spektrum der damals existierenden Blasinstrumente für das Orchester zu verwenden.
Der Donnerstagabend im Rudolfinum begann mit einem Orchesterwerk des tschechischen Komponisten Miloslav Kabeláč. Er gehört zu den einflussreichsten Personen der Musikgeschichte des Landes im 20. Jahrhundert, durch seine Werke und durch sein Wirken als Kompositionslehrer und Dirigent. Seine Passacaglia "Das Mysterium der Zeit" stammt aus dem Jahr 1957. Kabeláčs künstlerischer Horizont war sehr weit - er rezipierte nicht nur alle wichtigen Strömungen der europäischen Musikentwicklung (was in der sozialistischen Tschechoslowakei nicht immer einfach war), sondern interessierte sich auch für die klassische Musik Asiens, Afrikas und des Nahen Ostens. Eine Verbindung barocker europäischer Formen (in diesem Fall der Passacaglia mit einer ostinaten Bassfigur) und orientalischer Melodik vollbrachte Miloslav Kabeláč in diesem Orchesterwerk, das Jakub Hrůša gern und regelmäßig dirigiert.
Solist an diesem Abend war der in Prag geborene Bariton Adam Plachetka, der überwiegend als Opernsänger erfolgreich ist. Doch das Liedfach liegt ihm genauso, zumal wenn es in der Form der eleganten und tiefgründigen Schubert-Instrumentationen Max Regers und Hector Berlioz' geboten wird. Dabei darf natürlich der "Erlkönig" nicht fehlen, der in Berlioz' Fassung hinüberleitet zur nicht weniger gruselig-dramatischen Handlung seiner Symphonie fantastique.
Dvořák-Saal, Rudolfinum Prag
Aufzeichnung vom 9. Februar 2017
Miloslav Kabeláč
"Mysterium času"/"Das Mysterium der Zeit”, Passacaglia für Orchester op. 31
Franz Schubert
"Gruppe aus dem Tartarus" D 583
"Im Abendroth" D 799
"Prometheus" D 674
bearbeitet für Singstimme und Orchester von Max Reger
Franz Schubert
"Erlkönig" D 328
bearbeitet für Singstimme und Orchester von Hector Berlioz
Hector Berlioz
Symphonie fantastique op. 14
Adam Plachetka, Bariton
Tschechische Philharmonie
Leitung: Jakub Hrůša