Tribute-Album zum 90. Geburtstag

Deutscher Pop ehrt Knef

Aufnahme der Schauspielerin Hildegard Knef am 23.09.1976 mit einem Stapel ihrer Autobiografie "Der geschenkte Gaul".
Die Schauspielerin Hildegard Knef im Jahre 1976. © picture-alliance / dpa / Dieter Klar
Von Horst Senker · 17.12.2015
Am 28. Dezember wäre Hildegard Knef 90 Jahre alt geworden. Zu diesem Jubiläum haben sich Künstler wie Mieze, Bela B. oder Seelig nun vereint und das Tribute-Album "Für Hilde" aufgenommen - mit neuen Interpretationen von Knefs bekanntesten Stücken.
"Hallo Ihr Lieben, hier ist Hilde Knef. Wie gern wär' ich jetzt bei Euch. Sei es auf der Bühne oder mittenmang."
Klaus Hoffmann: "Ich habe sie durch eine Tante kennen gelernt, und dann habe ich mir gedacht, die Alte, die ist unglaublich. Das war Berlinerisch und die hat ganz schön die Hosen runter gelassen."
Annett Louisan: "Als deutschsprachige Interpretin muss man sich irgendwann mit Hildegard Knef befassen, denn es gibt selten so gute Liedtexte."
Hans Nieswandt: "Ich wurde immer gewarnt von meinen Eltern, mich mit so einer wie der Knef einzulassen."
Hildegard Knef: "Ich glaube, was man am meisten übersieht, ist die Dünnhäutigkeit, auch die Verletzbarkeit, auch Ängste, die ich habe, aber dann wieder die Freude daran, es zu überkommen."

"Ich lass schon oft etwas formlos heraus"

Die Knef. Eine Institution – auch heute noch. Intensiv, geradlinig, kompromisslos, immer mit dem Bewusstsein anzuecken, schnoddrig im Tonfall, ihr Fazit: "Ich lass schon oft etwas formlos heraus".
"Es fällt mir ein, es fällt mir auf und dann schreibe ich."
Das neue Album "Für Hilde" hat den Hamburger Rapper Samy de Luxe zu einem Duett mit der Diva aus der Konserve geritzt. Die Fantastischen Vier kreieren aus der Knefschen Phantasie "Im 80. Stockwerk" eine neue Geschichte.
Ein Textfragment der Knef hat der Ex-Hip Hopper Nisse vollendet.
"Für mich ist Hildegard Knef einfach unabhängig von ihrem Legenden- und Ikonenstatus extrem wichtig für die Entwicklung in der Musik der deutschen Sprache, weil sie gesungen und geschrieben und gesagt und getan hat, was sie wollte und damit ganze Tabus gebrochen hat."
Knef: "Man muss wissen, dass Schreiben eben ein Krokodil ist und es frisst einen."
Die erste Aufnahme mit der Knef entsteht 1951. Andere haben für sie geschrieben.

Weitreichende Menschenkenntnis

1999 nimmt sie mit 74 das letzte Album auf. Der damals 28-jährige Till Brönner ist ihr Produzent.
Knef: "Ich kann sehr positiv an Dinge ran gehen (...) aber (...) ich neige zu Depressionen."
Knef: "Hier haben wir ganz neue Möglichkeiten mit diesen jungen und neuen Menschen, die ganz neue Ideen auch haben zu arbeiten."
Till Brönner: "Ein Mensch, der über so unsäglich weitreichende Menschenkenntnis verfügt, der einen solchen Überlebenswillen hat, auch so viel Geschmack und so viel Persönlichkeit auf einmal mitbringt, das ist wirklich Wahnsinn."
Hilde Knef: "Damals hab ich Les Humphries in einer Diskothek zum ersten Mal gehört und habe den Diskjockey gefragt, wer das sei und die DECCA hat dann gesagt, ich sei wahnsinnig , mit dem zu arbeiten und das wurde dann eine sehr erfolgreich damals noch Platte."

Hilde Knef, der polarisierende Glücksfall

Boris Vian und Cole Porter, Frankreich und Amerika, Jazz, Blues und Chanson prägen Hildegard Knef. Den Ruhm hat sie mit großem Engagement erarbeitet und auch verdient. Sie bleibt risikofreudig, modern, widersprüchlich, eine Mutige, die sich viel zumutet. Zwischen heiklen Themen und gewagten Rollen wird sie gefeiert und abgelehnt. Verlässlich bleibt ihr instinksicherer Spürsinn und dauerhaft ihr Ruf, ihrer Zeit voraus zu sein.

Sascha Eigner, Gitarrist von Jupiter Jones:
"Intrigen, Intrigen" heißt das gute Stück, in dem die Hilde so ordentlich Hass auf ignorante Massen und arrogante Panikmacher getankt hatte und gerade in der heutigen Zeit haben wir das nur allzu gerne aufgegriffen."
Nach Vorgängern wie Max Raabe, Stefan Gwildis und Lisa Bassenge hat jetzt auch Jupiter Jones mit "Intrigen, Intrigen" einen offensichtlich sehr begehrten Platz in der Riege von Interpreten Knefscher Lieder eingenommen ebenso wie Alina mit dem Lied von Hildegard Knef.
Alina: "Als das Lied damals 1968 das erste Mal veröffentlicht wurde von Hildegard Knef, war sie wirklich eine Rebellin und das zeigt einfach die Größe dieses Songs."
Und vor allem zeigt es die Größe dieser Frau, deren Ideen, Gedanken und Absichten auch über ihren 90. Geburtstag hinaus weiter bestehen. Beispielhaft war sie und ein polarisierender Glücksfall bleibt ist.
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