Traveller-Paradies Australien

Müssen arbeitende Backpacker bald Steuern zahlen?

Eine Erntehelferin pflückt Kirschen auf einer Farm im Nordwesten Tasmaniens.
Eine Erntehelferin pflückt Kirschen auf einer Farm im Nordwesten Tasmaniens. © imago/UIG
Von Andreas Stummer · 23.08.2016
Letztes Jahr ernteten 40.000 Backpacker auf australischen Farmen die Hälfte aller Feldfrüchte. Ab 2017 will die australische Regierung 32,5 Cent von jedem Dollar einbehalten, den ein Rucksacktourist verdient. Das könnte verheerende Folgen für die australische Landwirtschaft haben.
Am Eingang zu "McMillan’s Obstgarten" nahe des Marktfleckens Stanthorpe im Osten des Bundesstaates Queensland. Während früh, um halb sieben, andere noch faul im Schlafsack liegen, beginnt für ein Dutzend junge Australien-Reisende der Arbeitstag. Nach der Anfahrt auf dem Traktor-Anhänger ist alles nur noch Handarbeit. Poncho-große Beutel um die Schultern werden die Rucksacktouristen bis zum Abend etwa zehn Tonnen Äpfel pflücken.'
"Ohne die Hilfe von Rucksacktouristen könnten landwirtschaftliche Betriebe wie unserer nicht überleben", glaubt Farmer Julian McMillan. Wie schon sein Vater und sein Großvater erzeugt Julian ökologisches Obst und Gemüse, das er auf Märkten und an eine der führenden, australischen Supermarktketten verkauft.
"Ich schwöre auf die Arbeit unserer Rucksacktouristen. In den letzten 20 Jahren haben wir etwa 3000 Backpacker beschäftigt – sie geben sich Mühe und sind motiviert. Das macht einen großen Unterschied in der Qualität unserer Früchte und bedeutet, dass wir konkurrenzfähig sind."

Arbeiten gegen die Ebbe in der Urlaubskasse

Letztes Jahr ernteten 40.000 Backpacker auf australischen Farmen die Hälfte aller Feldfrüchte. Sie pflückten Äpfel, Kirschen, Bananen oder Erdbeeren, sortierten Mangos, Kürbisse und Ananas oder halfen bei der Weinlese. Im Schnitt bekommen sie dafür zwischen elf und dreizehn Euro die Stunde. Genug um wieder flüssig zu sein, wenn Ebbe in der Urlaubskasse ist. Denn ein ganzes Jahr über, oder länger, in Australien unterwegs zu sein ist teuer.
"Wenn das Geld ausgeht dann muss man einfach zwei, drei Monate reinhauen und arbeiten, arbeiten. Und dann kann man wieder reisen, holidays genießen und Australien genießen."
Melanie Mayer aus Darmstadt macht seit eineinhalb Jahren Working Holidays in Australien. Zusammen mit Freundin Liv aus Dänemark hat sie in Pubs bedient, rote Rüben und Melonen geerntet. Bis zu einem Verdienst von 14.000 Euro mussten die beiden keine Steuern zahlen.

9 Euro statt 13 die Stunde

Ab 2017 aber wird das anders: Dann behält die australische Regierung 32,5 Cent von jedem Dollar, den ein Backpacker verdient. Anders gesagt: Für’s Apfelpflücken bekommt Liv dann nicht mehr 13, sondern nur noch neun Euro die Stunde.
"Die Steuer ist zu hoch. Ich würde nicht so lange in Australien bleiben sondern in andere, billigere Länder weiterreisen – wie Neuseeland oder Fiji."
Und Backpacker Marc Augier aus Marseille meint:
"Ich liebe Australien und möchte wieder kommen. Aber dann werde ich für meine Reisekasse in Frankreich arbeiten und hier nur noch Ferien machen. Denn diese Steuer macht Geld verdienen für Backpacker sehr, sehr schwierig."

Farmerverbände beknien die australische Regierung

Farmerverbände haben die australische Regierung bekniet statt 32,5 nur 19 Cent jedes Dollars einzubehalten, den ein Backpacker verdient. Doch der Finanzminister blieb hart. Er verspricht sich durch die Steuererhöhung Mehreinnahmen von 350 Millionen Euro.
Ein Backpacker auf Langzeitaufenthalt in Australien verdient im Schnitt um die 10.000 Euro, die er auch dort wieder ausgibt. Oft in ländlichen Gebieten, da, wo auch die Farmjobs sind. Doch für die sieht Simon Talbot vom australischen Farmerverband in Zukunft schwarz.
"Der Obst- und Gemüseanbau ist für Australien jährlich sechseinhalb Milliarden Euro wert und der Agrarsektor wächst. Im Jahr 2030 rechnen wir mir einem Umsatz von fast 20 Miliarden. Aber wenn wir künftig weniger Backpacker haben, die für uns arbeiten, dann wird es dieses Wachstum nicht geben."
Null Steuern in Neuseeland, 32,5 Prozent in Australien. Wer mit dem Rucksack loszieht wird wohl nicht lange überlegen wo er ab 2017 lieber arbeiten geht. Und das würde die australische Wirtschaft, aber vor allem die Farmer teuer zu stehen kommen.
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