Trauerfeier in Paris

"Sie haben den Todeskult, wir haben die Liebe zum Leben"

Frankreichs Präsident Hollande steht vor dem Invalidendom. Im Hintergrund sind viele weitere Menschen zu sehen.
Frankreichs Präsident Hollande, Mitglieder der Regierung und Hinterbliebende gedenken vor dem Invalidendom der Terror-Opfer vom 13. November. © AFP / Philippe Wojazer
Von Ursula Welter · 27.11.2015
Zehn Minuten brauchte es, um bei der Trauerfeier die Namen der 130 Opfer der Pariser Terroranschläge zu verlesen, nur vereinzelt waren Angehörige der Gedenkfeier ferngeblieben. François Hollande versprach "die Armee der Fanatiker" zu zerstören und beschwor "die Liebe zum Leben".
"Nationale Trauer, persönliche Dramen". "Die Tränen auf den Wangen, die Trikolore im Herzen" - Der Tag der nationalen Trauerzeremonie im Hof des Invalidendoms war geprägt von Schlagzeilen wie diesen.
In ganz Frankreich wurden Fassaden, Balkone, Geschäfte mit der Trikolore geschmückt, als Zeichen der Trauer, aber auch des friedlichen Widerstands. "Wir geben nicht auf" schrieb ein Markthändler auf die Fahne , die seinen Marktstand schmückte.
Am Fuße der Goldenen Kuppel in Paris stand die Republikanische Garde Spalier und stimmte zu Beginn der Trauerfeier ein erstes Mal die Marseillaise, die französische Hymne an. Hier, wo Frankreich normalerweise seiner gefallenen Soldaten gedenkt.
Vertreter aller Parteien, der politischen Institutionen, der Religionsgemeinschaften, aber auch der Rettungskräfte und der Sondereinheiten der Polizei waren anwesend.
Die meisten Angehörigen der 130 Toten hatten sich auf den Tribünen eingefunden, auch einige der 350 Verletzten waren gekommen, soweit möglich – viele Opfer liegen noch in den Krankenhäusern, manche auf der Intensivstation.
Nur vereinzelt verweigerten Familien heute ihre Teilnahme an der Gedenkfeier für die Opfer – aus Protest gegen die aus ihrer Sicht mangelhafte Sicherheitspolitik Frankreichs. Andere waren gekommen, obwohl auch sie Zweifel haben, angesichts offenkundiger Ermittlungspannen.
"Es gibt viel Wut", sagte dieser Mann, der am 13. November seinen Bruder verloren hatte. "Kein Hass, aber Wut, denn es wurde nicht alles getan, um die Sicherheit zu gewährleisten, um dieses Drama zu verhindern."
Hollande richtete seine Rede vor allem an die Jugend
Die Medien waren angehalten, Nahaufnahmen der trauernden Angehörigen heute Vormittag zu vermeiden.
Zum Titel von Jaques Brel, "Wenn uns nur die Liebe bleibt", wurden die Porträts der Opfer eingeblendet:
Zeitungen hatten heute die Liste der Namen auf ihre Titelseiten gedruckt, Radio- und Fernsehsender blendeten die Namen ebenfalls ein, um die Toten aus der anonymen Zahl 130 herauszuholen, um den Opfern des Terrors Gesicht und Biografie zu geben.
Gut zehn Minuten brauchte es heute auch, um im Hof des Invalidendoms all die Namen der Opfer zu verlesen.
Staatspräsident François Hollande, der zum Auftakt allein auf einem Stuhl vor der Tribüne mit den Angehörigen der Opfer Platz genommen hatte, richtete seine Rede vor allem an die Jugend, die in Frankreich nun die "Generation Bataclan" genannt wird.
Frankreich werde den 13. November niemals vergessen. Die ganze Nation traure .
"130 Tote und so viele Verletzte, für immer gezeichnet. Ich will Ihnen nur das sagen: Frankreich wird an Ihrer Seite stehen, wir werden unsere Kräfte bündeln, um den Schmerz zu lindern.
Ich verspreche Ihnen feierlich, Frankreich wird alles tun, um die Armee der Fanatiker zu zerstören, die dieses Verbrechen verübt hat."
Würdigung auch des französischen Lebensgefühls
Die meisten Opfer jünger als 35, sagte François Hollande. Die Jugend, die den Fall der Mauer miterlebt habe, junge Menschen, die die Januar-Attentate in Frankreich gegen "Charlie Hebdo" und die jüdischen Geiseln erschüttert hätten, die selbst noch vor Monaten demonstriert hätten, gegen den Hass des Terrors.
"Und wenn es einen Grund bräuchte, um heute aufrecht zu stehen, um für unsere Prinzipien zu kämpfen, für diese, unsere gemeinsame Republik, dann finden wir diesen Grund in der Erinnerung an sie."
Die Opfer stammten aus mehr als 50 Kommunen Frankreichs, 17 Staaten waren betroffen, sagte François Hollande, der gerade erst mit Außenminister Fabius aus Moskau zurückgekehrt war. Laurent Fabius hatte vor Beginn der Trauerzeremonie für die Opfer im Sender RTL wiederholt, Frankreich selbst werde keine Bodentruppen nach Syrien schicken,
"die Bodentruppen müssen zugleich aus Einheiten der Freien Armee (der Opposition) bestehen, aus arabisch-sunnitischen Truppen und warum nicht auch aus Kräften des Regimes."
Eine schlichte Zeremonie hatte die französische Regierung heute gewünscht und eine Würdigung auch des französischen Lebensgefühls, das die Attentäter am 13. November treffen wollten.
"Sie haben den Todeskult, wir haben die Liebe, die Liebe zum Leben."
Sagte der Staatspräsident, der die Franzosen aufrief, in Konzerte zu gehen, in die Stadien, Musik zu spielen. So interpretierte die Opernsängerin Nathalie d’Assay das Lied "Perlimpinin" von Barbara, das davon handelt, wie der Gewalt Zärtlichkeit und eben Freude am Leben entgegengesetzt wird.
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