Tierbuch

Der Lachende Hans und andere Frohnaturen

Drei zweieinhalb Wochen junge Lachende Hänse
In Australien heißen diese Vögel Laughing Kookaburra, in Deutschland ist vom Lachenden Hans die Rede. © picture-alliance/ dpa/dpaweb
Von Eva Hepper · 11.11.2014
Das wundervoll illustrierte Kinderbuch "Die Welt der wilden Tiere" von Dieter Braun entführt in die Welt wilder Tiere. Dem staunenden Betrachter begegnet ein monogam lebender Papagei, miauende Geparde und ein Vogel, den man Lachender Hans nennt.
Ein schön austariertes Entree: Zuerst ein farbgewaltiges Titelbild mit einem prächtig gestalteten Tigerkopf. Dann ein zartes, Ton in Ton gehaltenes Vorsatzblatt, das mit seinen vielen schokoladenbraunen Formen auf mokkabraunem Hintergrund einer ornamental bedruckten Tapete ähnelt. Erst bei näherem Hinsehen lassen sich die Kleckse, Flecken und Verästelungen als Pfotenabdrücke erkennen; als Spuren vom Elefanten- oder Flamingofuß, der Löwentatze oder dem Okapihuf.
So knallig und dezent, so deutlich und hintergründig, so laut und so leise zugleich zieht der Kinderbuchautor und Illustrator Dieter Braun den Betrachter in seine „Welt der wilden Tiere". Sein herausragend schön gestaltetes Bilderbuch porträtiert ausgewählte Exemplare der Fauna der Südhalbkugel; darunter Säugetiere, Vögel, Reptilien und Insekten.
Ein Breitmaulnashorn aus Halbkreisen und Ovalen
Dieter Braun inszeniert seine Protagonisten nach Kontinenten sortiert. Mal auf einer Einzelseite, mal über eine Doppelseite hinweg, treten sie singulär oder in Gruppen auf. Der Strich des Illustrators ist einfach und klar, seine Bildsprache reduziert. Ihr Grundvokabular basiert auf der Kombination geometrischer Formen mit frei gezeichneten Elementen. Da die meisten Formen zudem flächig ausgefüllt und fast durchweg in gedeckten Farben vor monochromem Grund gehalten sind, muten die Zeichnungen an wie Drucke aus den Anfängen der (Werbe-)Grafik.
So formt sich das Breitmaulnashorn beispielsweise vor allem aus Halbkreisen und Ovalen vor sattem Orange, die Maserung des Gepardenfells setzt sich zusammen aus Drei- und Vierecken, und der Seidenreiher bildet sich aus gekurvten Formen. Im Hintergrund: zart schimmerndes Blau, in dem Himmel und See eins werden. Das ist reinster Retro-Look.
Jede einzelne Illustration ist ein kleines Kunstwerk. So erscheint der in Südamerika beheimatete Mähnenwolf in einem wunderbar komponierten Wald. Breite Striche werden zu Baumstämmen, dünne Linien und Punkte ergänzen sich zu bodennahen Pflanzen, Sterne und Mond leuchten als großer Kreis und kleine Zackenformen im Hintergrund. Davor steht anmutig, ein Bein gerade erst aufsetzend, der Wolf. Und der Buckelwal springt aus leicht gewellten Linien als mächtige Bogen-Silhouette vor einem schwarzen Nachthimmel in die Höhe. Das sind Bilder von großer Schönheit.
Wunderschön und informativ
Trotz seines grafischen Stils und der freien, künstlerischen Herangehensweise trifft Dieter Braun nahezu perfekt Ausdruck und Wesen der Tiere. Seinem Tiger will man lieber nicht begegnen und dem Spucke im Maul sammelnden Lama auch nicht unbedingt. Den Lachenden Hans jedoch würde man gerne einmal streicheln und vor allem hören. Den Lachenden Hans?
Glücklicherweise hat der Illustrator den meisten seiner Tierporträts einen kurzen Text zur Seite gestellt. Dort erfahren die Leser, dass der Ruf des australische Kookaburra an Gelächter erinnert – daher sein Spitzname –, dass der Ara meist monogam lebt und der Gepard eher miaut als brüllt.
Dieter Braun ist ein wunderschönes und zugleich informatives Buch gelungen. Definitiv nicht nur für Kinder!

Dieter Braun: Die Welt der wilden Tiere: Im Süden
Knesebeck Verlag, 2014
144 Seiten, 29,95 Euro
ab 6 Jahren

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