Thomas Middelhoff

Schmerzhafte Bauchlandung

Der ehemalige Arcandor-Chef Thomas Middelhoff
Der ehemalige Arcandor-Chef Thomas Middelhoff nähre perfekt das Klischee vom skrupellosen Konzernlenker, kommentiert Barbara Schmitt-Mattern. © dpa / picture-alliance / Roland Weihrauch
Von Barbara Schmitt-Mattern · 14.11.2014
Das Urteil gegen den Ex-Manager Thomas Middelhoff ist unerwartet hart, aber gerechtfertigt, meint Barbara Schmitt-Mattern. Mit seinem überheblichen, unehrlichen Verhalten habe Middelhoff der deutschen Managerklasse geschadet.
Im Sommer brüstete sich Big T. noch, dass er wie eine Katze der Öffentlichkeit entkam und heimlich über ein Garagendach aus dem Essener Landgericht sprang – damals waren mal wieder die Gerichtsvollzieher hinter ihm her. Heute blieb es dem einstigen Top-Manager zumindest erspart, öffentlich mit Handschellen abgeführt zu werden. Dass er aber sofort nach der Urteilsverkündung bis auf weiteres in Untersuchungshaft genommen wurde, wegen Fluchtgefahr und Verdacht auf Verschleierung – das ist eine schmerzhafte Bauchlandung für den 61-Jährigen. Und zwar zusätzlich zum Urteil selbst.
Arcandor um eine gute halbe Million erleichtert
Unerwartet hart ist es ausgefallen und dürfte Thomas Middelhoff deshalb wie ein K.O.-Schlag vorkommen – gerade ihm, der sich bis zuletzt so lächelnd, larmoyant und leutselig gab, und der heute früh kurz vor der Urteilsverkündung noch wie gewohnt in der Kantine des Essener Landgerichts einkehrte. Drei Jahre Haft ohne Bewährung hat die Justiz verhängt, statt Wein und Sonne in Saint Tropez muss der Mann aus Bielefeld im besten Rentenalter jetzt ins Gefängnis. Schadenfreude ist nicht angebracht, das wäre zu billig und würde die Arbeit des Rechtsstaats entwürdigen.
Nein, gerechtfertigt und angebracht ist dieses Urteil. Um eine gute halbe Million Euro hat der Verurteilte seinen ehemaligen Arbeitgeber, den Karstadt-Mutterkonzern Arcandor erleichtert: Middelhoff flog nach New York und nach Münster. Hier eine Hochschulratssitzung, dort ein Managermeeting – all das waren Nebentätigkeiten, die mit Arcandor rein gar nichts zu tun hatten, und dennoch zahlte das Unternehmen zig Reisekosten, weil der Vorstands-Vorsitzende die Chuzpe hatte, sämtliche Rechnungen einfach Arcandor unterzuschieben.
Dreiste Begründungen
Gleiches gilt für eine 180.000 Euro teure Festschrift für einen ehemaligen Mentor, sowie für Hubschrauberflüge nach Bielefeld. Middelhoff hatte nun mal einfach keine Zeit, am Kamener Kreuz im Stau zu stehen. Es sind dreiste Begründungen wie diese, die den Vorsitzenden Richter heute noch einmal hörbar geärgert haben: Aus reiner Verteidigungstaktik heraus habe der Angeklagte abenteuerliche Erklärungen abgeliefert und sich rettungslos in Widersprüche verstrickt: Das saß. Der Fall des Thomas Middelhoff taugt jedoch nicht für Verallgemeinerungen.
Dieser Mann ist in seiner Art nicht vergleichbar mit der deutschen Managerklasse. Und gerade deshalb hat er ihr so geschadet. Denn einer wie Middelhoff nährt perfekt das Klischee vom skrupellosen Konzernlenker, der jede Bodenhaftung verloren hat. In seinem Fall war das noch besonders schlimm, weil der Boss durch die Lüfte flog, während Arcandor kurz darauf in die Pleite schlitterte. Welch eine Hybris.
Und ganz Narzisst, hat Middelhoff bis zuletzt noch reklamiert, vor Gericht seine Ehre retten zu wollen. Ehre hat jedoch viel zu tun mit Ehrlichkeit, so wurde der Angeklagt heute vom Gericht erinnert. Für Thomas Middelhoff hat seine Unehrlichkeit nun einen besonders hohen Preis – und diesmal zahlt er selbst.
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