Thomas Bach und der Fall Stepanowa

Reiner wäscht den Sport sonst keiner

IOC-Präsident Thomas Bach und Russlands Präsident Wladimir Putin in Sotschi 2014.
Putins Freund und zugleich Stepanowas Helfer? Der IOC-Präsident Thomas Bach (l.) © dpa/picture alliance/Vladimir Astapkovich
Von Arno Orzessek · 30.10.2016
So etwas schafft nur Thomas Bach: Erst schließt der IOC-Chef die Russin Julija Stepanowa aus "ethischen Gründen" von den Olympischen Spielen aus, dann verschafft er ihr einen Job in seinem Verband. Und was kommt als nächstes, Edward Snowden als NSA-Chef?
Zugegeben: Seine äußere Erscheinung tendiert ein bisschen ins Amtsschimmelhaft-08/15-Artige. Das ändert aber nichts daran, liebe Leute, dass unser Thomas Bach ein wahrer Wunderwuzzi ist.
Olympiasieger im Fechten, Doktor beider Rechte, rechte Hand der Adidas-Korruptions-Koryphäe Horst Dassler, sagenhaft dotierter Siemens-Berater, Netzwerker zwischen Kreml und Scheich-Palästen, schließlich IOC-Chef: Ein Karriere-Sprint in Usain Bolt-Schritten.
Und obwohl Bach kein Turmspringer ist, muss man sagen: Den sportdiplomatischen Rückwärtssalto mit lockerer Schraube hat so ein Tausendsassa trotzdem drauf.

Thomas Bach hat Hegel im Blut

Bitte schön! Die vom Doping-Saulus zum Whistleblower-Paulus mutierte Julija Stepanowa aus "ethischen Gründen" von Olympia auszuschließen, ihr dann aber einen Job im zutiefst ethischen Anti-Doping-Kampf des IOC zu verschaffen: Das ist ein tolles Ding, das eigentlich nur jemand drehen kann, der Hegel im Blut hat, Stichwort: dialektische Aufhebung der Gegensätze. Sie wissen schon - These, Antithese, Synthese.
Nestbeschmutzerin Stepanowa in Rio rennen zu sehen: Na klar, das konnte Bach dem lupenreinen Sportsfreund Putin, dem die saubere olympische Idee noch jüngst in Sotchi ungezählte Milliarden wert war, nicht zumuten.
Andererseits: Stepanowa unbehaust zu lassen, obwohl schon mancher Dorn im Auge des Kremls für immer außer Sicht befördert wurde – nicht mit Ehrenmann Bach!
So blieb er Putins Freund und wurde zugleich Stepanowas Helfer. Das nennen wir mal eine coole Bachsche Synthese. Die - apropos "höher, schneller, weiter" - zum Weiterdenken nötigt.
Putin trauert doch immer der Sowjetunion hinterher. Die aber kam von Lenin, Lenin von Marx, Marx von Hegel. Auch Putin müsste also die alte Synthese-Masche imponieren. Deshalb, Genosse Wladimir, folgender Ratschlag:
Ihr staatseigenes Doping-Reich, da hat ja in erster Linie der ARD-Investigator Hajo Seppelt entlarvt. Erklärlicherweise sind Ihre Anabolika-Adonisse und Epo-Elfen sauer auf den. Heben Sie diesen Zwist nun synthesemäßig auf! Holen Sie sich Seppelt als Pressesprecher ins Sportministerium. Reiner als der wäscht Ihren Sport keiner.

Lance Armstrong als Ehrenpräsident des Radsport-Verbands?

Mannomann, wäre das ein Zeichen. Auch über den Sektor Leibesertüchtigung hinaus.
Hat nicht die ganze Welt Anstoß am Spionagemonster NSA genommen, außer natürlich Angela Internet ist Neuland Merkel? Und hängt nicht der Whistleblower Edward Snowden unterfordert in Moskau ab?
Wie schlau wäre es von einem künftigen US-Präsidenten, sagen wir Donald Trump, Snowden zum NSA-Chef zu bestellen!
Ethisch aus der Schusslinie, hätte die Firma alle Kapazitäten, Hajo Seppelt im russischen Sportministerium auszuspähen. Also, ob der dort wirklich Anti-Doping agiert oder den Laboren als gefallener Engel lieber den Weg zum garantiert dopingfreien Doping weist.
Wir sagen: Oh, brich an, schöne neue Welt! In der die NSA unter Snowden Seppelts Ethik prüft, Putins Unschuld beweist und dessen Affäre mit Julija Stepanowa diskret verschweigt.
In der Thomas Bach aber, dieser Johann Sebastian unter den Sport-Funktionären, nicht eher ruht, als bis Ex-Spitzen-Spritzer Lance Armstrong Ehrenpräsident des Weltradsport-Verbands ist.
Und, Leute! Welches Zeug wir heute eingeworfen haben, das verraten wir dann auch.
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