Theaterpremiere "Die unsichtbare Hand" in Bochum

Willenloses Zappeln im digitalen Netz

Autor Ayad Akhtar, aufgenommen vor dem American Theater 2012 in Chicago
Autor Ayad Akhtar wurde bereits für sein Debüt "Geächtet" gefeiert, nun kommt sein Stück "Die unsichtbare Hand" in Bochum auf die Bühne. © imago/ZUMA Press
Dorothea Marcus im Gespräch mit Eckhard Roelcke · 04.12.2016
Ayad Akhtars Stück "Die unsichtbare Hand" feierte Premiere am Schauspielhaus in Bochum. Die Inszenierung von Regisseur Anselm Weber drücke sehr gut aus, wie ausgeliefert wir der digitalen Übermacht letztlich seien, meint unsere Kritikerin.
"Ja, er hat es großartig inszeniert", stellte Theaterkritikerin Dorothea Marcus nach ihrem Besuch der Premiere von Ayad Akhtars "Die unsichtbare Hand" am Schauspielhaus Bochum zweifelsfrei fest. Das Drama des New Yorker Autors handelt vom Überlebenskampf eines amerikanischen Bankers in einem pakistanischen Gefängnis. Von Dschihadisten entführt, versucht er, auf den globalen Finanzmärkten das Lösegeld zu verdienen, das er braucht, um freizukommen. Das Stück berge einige Fallstricke, so Marcus.
"Auf den ersten Blick wirkt es eher so wie eine extrem spannende Theaterversion der US-Geheimdienst-Serie 'Homeland', die alles mögliche an moralischen Fragen an unsere westliche Gesellschaft verdichtet."

Den Algorithmen ausgeliefert

Aber der Falle der alltäglichen Zeitungswirklichkeit sei Regisseur Anselm Weber entgangen. Er arbeite kongenial mit seinem Bühnenbildner Raimund Bauer zusammen. Es gebe einige realistische Elemente, doch ...
"… der Raum weitet sich darüber in eine Art von schwarzem, undefinierbaren Space, auf den ein neongrünes, leuchtendes Digitalgitter gelegt ist. Also, so eine Art von Kontrollmatrix, ein abstraktes, digitales Koordinatennetz, in dem letztlich dann alle völlig willenlos zappeln – und dieser 'unsichtbaren Hand' ausgeliefert sind; so, wie wir letztlich heute auch diesen Algorithmen ausgeliefert sind, einer automatisierten Maschinerie von Macht."

Terrorist als Robin-Hood-Figur

Die Schauspielerleistung von Omar El-Saedi, der den gebildeten, gegen Korruption kämpfenden Terroristen Bashir als Robin-Hood-Figur anlege, hob Dorothea Marcus hervor. Allein Heiko Raulin, der den Banker Nick spiele, drücke vielleicht ein bisschen zu sehr auf die "Opfer-Tränendüse des verlorenen Familienvaters". Immerhin sei er derjenige, der ausgerechnet in Pakistan Wasser privatisieren wolle und den Terroristen dadurch Kapital an die Hand gebe.
Das Stück drücke sehr gut aus, "wie jede moralische und demokratische Veranstaltung ein hilfloses Feigenblättchen ist, angesichts der digitalen Übermacht, der wir letztlich ausgeliefert sind". (CWU)

Hören Sie hier eine ausführliche Besprechung von Ayad Akhtars dramatischer Vorlage, der schon für sein Debüt "Geächtet" gefeiert wurde, von Kritiker Michael Laages.
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