Theatermusik

Wenn Rockbands fremdgehen

Markus Acher von The Notwist live in der Fabrik Hamburg.
Markus Acher von The Notwist live in der Fabrik Hamburg. © Imago/ xFuturexImage
Von Jutta Petermann · 11.02.2015
Es ist nicht immer alles nur Rock'n'Roll. Manche Rockmusiker arbeiten für kulturelle Einrichtungen wie Theater, beim Film oder fürs Hörspiel. Zwei neue CDs dokumentieren diese Arbeit, die so ganz anderes ist als Rock- oder Popmusik.
"Für mich ist die Energie im Theater schon anders aber für mich unheimlich reizvoll. Ich finde der Hauptunterschied zu Popkonzerten ist der auf Popkonzerten gehen die Leute hin, weil sie das hören wollen, was sie eigentlich schon kennen von Platte. Im Theater ist es so, dass so ein Abend wirklich in dem Moment genau vor dem Publikum entsteht, wenn ein Theaterstück abgespielt ist, ist das weg und es macht nur begrenzt Sinn das aufzuzeichnen."
Ein bisschen was davon will Peter Thiessen, Sänger und Texter der Hamburger Band Kante aber nun doch davon festhalten auf der CD "In der Zuckerfabrik", wie zum Beispiel die Musik zur Münchner Inszenierung von 2011. Seit sieben Jahren steht Thiessen mit seinen Bandkollegen auf den Bühnen u.a. des Burgtheaters in Wien, des Staatsschauspiels Dresden, der Schaubühne in Berlin. Sophokles, Voltaire, Goethe, Brecht oder Handke geben ihnen dabei die Texte vor, am häufigsten arbeiten sie für die Regisseurin Friederike Heller, die den Rahmen der Inszenierung absteckt, die Kante dann um eine Art Tonspur ergänzt.
"Wir haben Sachen gemacht wie die Chortexte zu Antigone vertont, da hat mans mit inhaltlich und metrisch total kompliziertem Material zu tun da kann man z.B. so ne normale Popsongform gar nicht anwenden, da mussten wir komplett neue Arten von Musik dazu erfinden, das ist einengend, aber das ist auch ne tolle Aufgabe."
Eine ganz neue Musik
Wer vom Pop kommt, den fordert so etwas heraus. Kante erobert sich so eine für sie ganz neue Musik.
Auch die befreundeten Kollegen von The Notwist ziehen aus dem Arbeiten in anderen Kulturumfeldern kreative Impulse, erzählt Sänger Markus Acher. Sie erschaffen Klänge für Hörspiele und Theaterstücke, sind vor allem aber gefragte Filmkomponisten. Die Bayern lieferten etwa die Soundtracks zu "Lichter" und "Sturm" von Regisseur Hans-Christian Schmid.
"Eigentlich wenn wir über das Stück erfahren und uns des durchlesen, dann nach dem ersten Gespräch haben wir meistens ganz spontan und intuitiv irgendwelche Ideen für Instrumente oder generell das es elektronischer sein sollte oder als Band gespielt oder collagenmäßig das sind eigentlich immer so Sachen , die ohne viel nachzudenken kommen und meistens ganz gut sind."
Die instrumentellen Tracks ihrer CD "Messier Objects" kann man keinen konkreten Arbeiten zuordnen. Die Musiken sind nur als Objects bezeichnet und durchnummeriert. "Messier Objects" soll als Vorarbeits- oder Ergänzungswerk zum letzten regulären Album "Close to the Glass" verstanden werden und die experimentellere Seite der Band zeigen. Im Grunde unterscheidet sich der kreative Prozess beim Komponieren für andere Auftraggeber kaum von dem, was The Notwist für ihre Bandmusik macht. Sie hören vorher gezielt sehr viel Musik anderer an. Soundtracks oder sogenannte Library Music aus den 70ern, Gebrauchsmusik für Fernsehen, Kino, Werbung oder Videospiele.
Regelmäßiges Einkommen ist ein handfester Reiz
"Also es ist insofern anders, das wir nicht alles machen können, was wir wollen, was ja auch was Positives ist, also man muss immer wieder über Sachen nachdenken und kommt an Problematiken, die man so noch nicht hatte , was löst jetzt die Musik, die wir da gerade gemacht haben aus, passt die überhaupt zu Bildern dazu, ist die spannend, ist die langweilig, ist die zu viel, ist es zu wenig, solche Sachen, die macht man natürlich jetzt beim normalen Album nicht."
Bei normalen Alben kann man dafür aber auch nicht voraussehen, wie viel sie wirtschaftlich einbringen werden. Regelmäßiges oder zumindest planbares Einkommen ist für Rockmusiker ein ganz handfester Reiz an der Theater- oder Filmmusikkomposition. Aber trotzdem ist da auch noch die berühmte Bühnenluft, die zumindest die Musiker von Kante gerne schnuppern. Sie spielen auch kleinere Rollen in den Inszenierungen, für die sie die Musik liefern und sind Teil des Bühnenbilds. Unvergessliche Momente, wie ihr Auftritt in Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre sind so schon entstanden.
"Und in der Inszenierung in Dresden da war es so da gibt es ne riesige Drehbühne, die nach unten versenkt werden kann oder auch ausgefahren kann nach oben und in dem Moment fuhr die runter, ne riesige Öffnung tat sich auf, Nebel kam raus und dann verschwanden die ganzen Kulissen unterm Bühnenboden und ein Podest von hinten fuhr nach vorne mit uns der Band drauf und dann gibt's son Rundhorizont der in Feuerstrahlen erglühte, das war echt ganz großes Kino."
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