Thé Tjong-Khing: "Kunst mit Torte"

Großartige Kunst-Geschichten für Kinder

Thé Tjong-Khings Buch "Kunst mit Torte"
"Es macht große Freude", sagt unsere Kritikerin über dieses Buch. © Moritz Verlag / dpa / picture alliance / Arne Dedert
Von Eva Hepper  · 14.02.2017
Hier verfolgen Hunde, Schweine oder Hasen einen Dieb und rasen dabei durch die Kunstgeschichte. Der niederländische Illustrator Thé Tjong-Khing bedient sich in "Kunst mit Torte" bei Kandinsky, Dali oder Beckmann – und baut aus deren Landschaften und Figuren ein spannendes Kinderbuch ohne Worte.
Es sieht chaotisch aus in Frau Hunds Zimmer. Ein halbes Dutzend Kunstbücher breiten sich kreuz und quer vor ihrem Sessel aus. Über den van Gogh-Band, der noch aufgeschlagen auf ihrem Schoß ruht, ist sie schließlich eingeschlummert.
Und so träumt die Hundedame von einer Ausstellung mit Gemälden aller Künstler, von denen sie gelesen hat. Gemeinsam mit ihren Freunden ist sie gerade bei der Hängung der Munchs, Picassos und van Goghs – und sogar eines eigenhändigen Werks –, als ein Dieb eben dieses klaut.
Damit beginnt die rasante Verfolgungsjagd, die Thé Tjong-Khing in seinem neuen Bilderbuch "Kunst mit Torte" erzählt. Torte? Genau, das ist das Stichwort, bei dem die Fans des niederländischen Illustrators aufmerken werden. 2006 legte er mit "Die Torte ist weg" ein Werk vor, das vielfach ausgezeichnet und zum Bestseller wurde. Es folgten weitere Bücher um die kleine Tierschar, die gerne Kuchen isst und stets bestohlen wird. Eines war schöner als das andere. Ob sich die Geschichte aber noch einmal variieren lässt?
Diesmal ist die Torte zunächst nur auf dem geklauten Gemälde, aber das Muster ist geblieben: Hunde, Schweine, Hasen, Katzen und Co jagen den Dieb. Die Geschichte entfaltet sich ohne Text ausschließlich im Bild, denn wieder verwebt Thé Tjong-Khing den Haupterzählstrang mit unzähligen kleinen Nebenhandlungen. Doch das Großartige dieses Kinderbuches sind die Landschaften, durch die seine Protagonisten hetzen: Es sind zentrale Werke der Kunstgeschichte.

Van Goghs Weizenfeld und eine Wüste mit Dalis schmelzenden Uhren

Die kleine Tierschar stürmt aus dem Frank-Gehry-Museum zunächst durch ein Weizenfeld van Goghs, saust über Stock und Stein Georges Braques, durchkämmt anschließend die Hügel Kandinskys, eine Wüste mit den schmelzenden Uhren Dalis und weitere Gemälde, bis es schlussendlich auf Hokusais berühmter Welle zum Showdown kommt.
Mit spielerischem Witz und großer Könnerschaft zitiert Thé Tjong Khing die großen Meister. Manche Werke erscheinen als originalgetreue Kopie, aus anderen tauchen nur Details auf und wieder andere werden kombiniert - etwa, wenn Rodins Denker und Rousseaus schlafende Zigeunerin in einer Parklandschaft Max Beckmanns auftauchen. Und dann greifen diese Figuren auch noch ins Geschehen ein!
Das ist hinreißend anzusehen. Und es macht große Freude, herauszufinden in welchem Setting die Tiere sich gerade befinden. Als kleine Hilfe sind die Kunstwerke auf der Umschlaginnenseite briefmarkengroß abgebildet.
Und die Geschichte? Die ist so zauberhaft wie typisch für den 1933 in Indonesien geborenen Illustrator. Denn ohne Turbulenzen geht es auch diesmal nicht ab. Warum aber das Hasenkind dauernd heult, die Schweinedame vermöbelt wird oder der Hund sein Hemd zerfetzt, versteht man erst nach vielfachem Hin- und Herblättern. Denn Thé Tjong Khings Fantasie ist so überbordend, dass man nie alle Details auf einen Blick erfassen kann.
Wenn am Ende Frau Hund erwacht und zu malen beginnt, wird klar, was sie, der Autor und die Leserinnen und Leser der Kunstgeschichte zu verdanken haben. Torten gehören auch dazu.

The Tjong-Khing: Kunst mit Torte
Moritz-Verlag
32 Seiten, 14 Euro

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