Thailand

"Der Leidensdruck ist sehr groß geworden"

Straßenszene in Bangkok nach der Verhängung des kriegsrechts am Dienstag, eine Frau passiert mehrere Soldaten.
Straßenszene in Bangkok nach der Verhängung des Kriegsrechts am Dienstag © dpa / picture-alliance / Narong Sangnak
20.05.2014
"Mit der Verhängung des Kriegsrechts kann man den Konflikt nicht lösen", sagt Michael Winzer vom Auslandsbüro Thailand der Adenauer-Stiftung. Aber: Jetzt habe man sich Luft verschafft, um eine friedliche Lösung zu finden.
Das Militär hat in Thailand das Kriegsrecht verhängt. Der Militärchef des Landes begründete den Schritt damit, dass nach den monatelangen Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Regierungsgegnern "Frieden und Ordnung für alle Menschen" wiederhergestellt werden solle.
Michael Winzer, Leiter des Auslandsbüros Thailand der Adenauer-Stiftung in Bangkok, vermutet, dass der Leidensdruck zu hoch geworden sei:
"Man hat im ersten Quartal dieses Jahres zum ersten Mal ein negatives Wirtschaftswachstum gehabt, die Tourismuszahlen sind eingebrochen, das Konsumentenvertrauen ist auf niedrigstem Stand seit fast 13 Jahren gesunken und da ist der Druck in der Wirtschaft in der Bevölkerung einfach so groß geworden, dass etwas geschehen musste."
Kriegsrecht löst den Konflikt nicht
Durch das Kriegsrecht hat das Militär nun weitreichende Befugnisse erhalten, betont Winzer. So könne das Militär nun Ausgangssperren verhängen, die Medien zensieren, Gebäude besetzen, Straßen sperren, Dinge beschlagnahmen, Versammlungen verbieten und Personen bis zu sieben Tagen grundlos verhaften.
Winzer ist überzeugt, dass die Verhängung des Kriegsrechts den Konflikt "mit Sicherheit nicht lösen" könne.
"Aber man hat den Konflikt sozusagen auf Pause geschaltet, man hat sich etwas Luft verschafft, in der Zeit können sich die Konfliktparteien zusammensetzen, um über eine friedliche Lösung nachzudenken."
Mangelnde Kompromissfähigkeit in der Politik
Insgesamt sei das Land sehr gespalten, es habe sich auch eine Art Resignation angesichts des stagnierenden Machtkampfes breit gemacht. Keiner habe eine Idee, wie man aus dem politischen Stillstand herauskommt.
Der Machtkampf könne kurzfristig nicht gelöst werden, denn man müsse eine Konsens- und Kompromissfähigkeit entwickeln.
"Das sind Prozesse, die wahrscheinlich Jahre dauern."
Ein Kompromiss sei sehr schwierig, weil die Konfliktparteien auf ihren Maximalforderungen bestehen und es zugleich in Südostasien wichtig sei, eine gesichtswahrende Lösung zu finden. Doch der Zeitpunkt dafür sei lange überschritten.

Sie können das Interview mit Michael Winzer bis zum 20.10.2014 in unserer Mediathek nachhören.

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