Terrorbekämpfung

Das falsche Signal

Polizist am Frankfurter Flughafen
Polizist am Frankfurter Flughafen © dpa / picture alliance / Frank Rumpenhorst
Von Falk Steiner · 04.02.2015
Wer zum Flughafen fährt und ins Ausland zu einer als terroristisch eingeschätzten Gruppierung reisen will, dem drohen zukünftig bis zu zehn Jahre Haft. Dass diese Gesetzesänderung sinnvoll ist, daran darf man begründete Zweifel haben, meint Falk Steiner.
Das Dilemma liegt offen auf der Hand: Eigentlich hat sich der Verdächtige hierzulande bislang nichts zu Schulden kommen lassen, denn sonst könnten auch die bisherigen rechtlichen Maßstäbe greifen. Doch ihn ziehen zu lassen, und darum zu wissen, dass er im Ausland sodann aller Voraussicht nach auch gegen deutsches Recht verstoßen wird, ist politisch auch kein akzeptabler Zustand.
Gut gemeint sind sie also zweifelsohne, die Gesetzesänderungen, die Justizminister Heiko Maas und das Bundeskabinett heute auf den Weg gebracht haben, um dem abzuhelfen: Wer die Absicht hegt, sich einer terroristischen Vereinigung anzuschließen oder sie zu unterstützen und zu diesem Zwecke auszureisen, der soll künftig dafür belangt werden können.
Wo soll die Grenze liegen?
Bis zu zehn Jahren Haft drohen dann demjenigen, der ein Flugticket erwirbt und zum Flughafen fährt, um in Richtung einer als terroristisch eingeschätzten Gruppierung auszureisen. Nur: Wo genau soll da die Grenze verlaufen, deren Überschreiten eine Straftat bildet? Der Bundesgerichtshof hat bereits einige Urteile zu vergleichbaren Vorbereitungshandlungen fällen müssen, und die Kriterien sind keineswegs immer eindeutig. Ein gekauftes Flugticket und ein im Internet veröffentlichter Abschiedsbrief jedoch dürften kaum ausreichen, um Menschen mehrere Jahre lang in deutschen Gefängnissen einzuquartieren.
Doch wer wahrhaft keine Angst davor hat, in Syrien sein Leben zu riskieren, es als Selbstmordattentäter oder Kanonenfutter geradezu wegzuwerfen, wird sich von der Neufassung des deutschen Strafgesetzbuch-Paragrafen 89b eher nicht nachhaltig beeindrucken lassen.
Jene, die wirklich entschlossen sind, für die Gruppe Islamischer Staat, die Al-Nusra-Front oder auch die PKK in den Krieg in Syrien und dem Nordirak zu ziehen, wird auch dieser Gesetzestext im Regelfall nicht aufhalten können. Weshalb es ratsam ist, auch an die Folgen jenseits der eigentlichen geplanten Strafrechtsverschärfung zu denken.
Ein Staatsfeind, noch bevor die Tat begangen wurde
Berichten die eigenen deutschen Dienste denn nur von jenen, die in den Dschihad zogen? Und nicht auch von solchen, die auf halber Strecke doch umkehrten? Hier liegt, neben aller juristischen Grundsatzdiskussion zum problematischen Vorfeldstrafrecht, ein ganz praktisches Problem. Der Gesetzentwurf könnte dazu führen, dass kaum einer, der bereits ein Flugticket gekauft hat, eine Chance auf Abbruch seines Vorhabens mehr sieht.
Das politische Signal, das Heiko Maas und die Bundesregierung nun senden, ist zu eindeutig: Wer sich auch nur auf den Weg zum Flughafen macht, muss mit einem Verfahren rechnen, er ist bereits ein Staatsfeind, trotzdem er seine Handlung nicht ausgeführt hat.
Dass dieses Signal politisch wirklich sinnvoll ist, daran darf man begründete Zweifel haben. Wichtiger wäre gewesen, hätte der Minister heute auf eine andere Stelle des nun zur Novellierung anstehenden Paragrafen hingewiesen: Einsicht und Abbruch können zur Straffreiheit führen. Denn auch Terrorismus-Sympathisanten dürfen jederzeit dazulernen – bevor sie die eigentlichen Taten begehen.
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