Technik mit menschlichem Anlitz

Von Peter Kujath · 16.04.2013
Auf dem Gebiet der Robotik ist Japan führend. Das liegt auch am demographischen Wandel. Es fehlt an Arbeitskräften, der Anteil älterer Menschen wird immer größer. So ist es kein Wunder, dass in Japan bereits erste Roboter in der Pflege im Einsatz sind - und in der Schule.
Der Roboter Parlo steht in einer Hotel-Lobby in Tokio. Die etwa einen Meter große Figur ist Teil eines Projekts der Tsukuba-Universität. Professor Kenji Suzuki will herausfinden, wie Menschen auf Roboter reagieren:

"Wir haben hier im REMM-Hotel in Akihabara insgesamt vier Roboter stehen, die den Hotel-Mitarbeitern helfen sollen. Dabei erfüllen sie drei verschiedene Rollen. Die erste Aufgabe besteht darin, Hotelgäste willkommen zu heißen, der nächste erklärt, wie man die Hotelkarte benutzt, die ja als Zimmerschlüssel dient. Und die dritte Funktion ist, die Sehenswürdigkeiten hier in Akihabara vorzustellen."

Zu diesem Zweck unterhalten sich zum Beispiel zwei der Roboter über den nahe gelegenen Skytree, den höchsten Fernsehturm der Welt. Kenji Suzuki möchte wissen, welches Verhalten der Roboter die Menschen am meisten anspricht:

"Eines der ersten Ergebnisse unserer Forschung ist, dass die Form oder die Farbe der Roboter keine so große Rolle spielen. Wenn sich zwei Roboter unterhalten, dann ist das für einen kurzen Moment interessant. Aber wenn ein Roboter den Menschen direkt anschaut und dann mit Irashaimase oder mit ohaiyo gozaimasu anspricht, hat das eine ganz andere Wirkung.

Dabei wird zwar nicht viel Information vermittelt, aber die Kommunikationsintensität ist am stärksten. Der Roboter, der die Bewegungen des Menschen verfolgt, den Augenkontakt sucht und ihn dann begrüßt, hat die größte Wirkung. Das hat uns ein bisschen überrascht."

Im Kopf des kleinen Begrüßungs-Roboters ist eine Kamera integriert. Außerdem messen Sensoren den Abstand zum Hotel-Gast, um ihn im richtigen Moment anzusprechen. 35 Prozent der Gäste reagieren für mehr als zwei Sekunden darauf. 25 Prozent gehen sogar hin, um mit dem Roboter zu reden.

Die Roboter-Modelle sind weitgehend Standard und nicht besonders auffällig. Für die Forschungsgruppe der Tsukuba-Universität geht es vor allem darum, die Reaktion der Menschen zu messen und zu bewerten.

Megumi Kizaki: "Unsere Gäste finden die Roboter niedlich und reagieren auf sie sehr positiv, betont die Managerin des REMM-Hotels Megumi Kizaki. Das gilt auch für Saya, die ab und an in einer Grundschule in Tokio unterrichtet."

Saya: "Guten Tag, mein Name ist Saya. Heute will ich Euch etwas über Roboter erzählen. Aber zuerst möchte ich wissen, was Roboter alles für besondere Sachen machen können."

In diesem Klassenzimmer sitzt heute hinter dem Lehrerpult ein Roboter oder besser eine Roboter-Dame. Saya heißt sie und wurde von einem Team um Professor Kobayashi von der Tokio Universität der Wissenschaften entwickelt. Rund 300 Worte kennt Saya und kann 700 Antworten geben. Dabei hat sie die Möglichkeit, sechs verschiedene Gesichtsausdrücke zu produzieren und den Kopf entsprechend zu bewegen. Angezogen ist sie wie eine echte Frau und wirkt daher sehr lebendig:

"Tabanobori-san, welchen Roboter kennst Du?"
"Er ist nicht da, nicht da."

…antwortet stattdessen ein Mädchen und bringt damit die Roboter-Lehrerin in Bedrängnis. Nach einer kurzen Pause wird der nächste Schüler aufgerufen. Die Kinder finden Saya trotzdem interessant.

Mädchen: "Als Saya plötzlich angefangen hat zu sprechen, war ich schon sehr überrascht."
Junge: "Ich möchte später einmal Roboter-Forscher werden."

Und genau darum geht es, meint Takuya Hashimoto vom kobayashi lab, der das Projekt an der kudan-Grundschule in Tokio betreut:

"Wir wollen, dass Kinder möglichst früh mit diesen Techniken in Berührung kommen, deshalb setzen wir solche Roboter in den Schulen ein."

Roboter sind in Japans Anime und Manga-Heften allgegenwärtig. Die bekannteste Figur ist wohl Doraemon, die Roboter-Katze aus der Zukunft, die ihrem Schützling Nobita mit technischen Spielereien immer wieder aus der Patsche hilft. Vor einiger Zeit hatte das Zukunftsmuseum in Tokio Doraemon eine ganze Ausstellung gewidmet:

Führerin: "Doraemon kam ja aus dem 22. Jahrhundert, also aus der Zukunft mit all seinen Erfindungen. Die Japaner haben sich deshalb gerne vorgestellt, wie es wohl wäre, wenn wirklich ein Roboter bei ihnen wohnen würde. Deshalb versuchen wir in dieser Ausstellung aufzuzeigen, wo überall schon Roboter im Alltag eingesetzt werden und wie ein künftiges Zusammenleben aussehen könnte."

Das reicht von den bereits entwickelten Pflegerobotern, so die Museumsführerin Rie Jingu, über Geräte, die dank künstlicher Intelligenz selbstständig einfache Probleme lösen. Auch der bekannte Roboter von Honda Ashimo gehörte zu den Ausstellungsstücken. Ganz wie Doraemon soll er nicht nur im Haushalt helfen, sondern am besten auch ein Spielkamerad sein. Das allerdings ist selbst in Japan noch Zukunftsmusik.
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