Technik

Im 3D-Copyshop

Von Laf Überland · 29.04.2014
Boeing, EADS, BMW oder Rolls-Royce drucken heute einzelne Teile wirtschaftlicher in 3D-Druck aus als sie konventionell fertigen zu lassen. Allerdings ist der 3D-Druck auch für Laufkundschaft im Alltag angekommen.
Die Macher von Botspot sind keine ausgemachten Computerfreaks, sondern eigentlich ein paar Fernsehjournalisten, die sich mit Wissenschafts- und Technikthemen beschäftigten und so vor Jahren schon auf den amerikanischen Trend stießen, sich 3D-Drucker in den Heimwerkerkeller zu stellen.
Und sie fragten sich: Warum passiert das bei uns nicht? Im Herbst vorigen Jahres machten sie in Berlin Kreuzberg an einer guten und belebten Adresse ihren Botspot-Laden auf - einen der ersten 3D-Copyshops für Laufkundschaft in Deutschland.
"Viele Leute, die jetzt bei uns in den 3D-Laden kommen, die kommen mit Teilen an - zum Beispiel Kaffeemaschinen, sage ich jetzt mal als Beispiel - die existieren zum Beispiel gar nicht mehr. Oder Autos: Das sind Oldtimer aus den Fuffziger Jahren, da kann man gar keine Ersatzteile mehr kaufen. Und da können wir halt Ersatzteile nachbauen, die gar nicht mehr existieren."
Von Lieschen Müller bis zur großen Firma, die Zugteile nachgebaut haben will, reiche das Spektrum, erzählt einer der Botspot-Geschäftsführer, Thomas Strenger:
"Andere kommen hier rein, weil sie Modellbauer sind und zum Beispiel eine Eisenbahn haben und plötzlich die ganze Straße, in der sie wohnen, nachgebaut haben wollen, ausgedruckt haben wollen. Dann kommen medizintechnische Firmen, die wollen kleine Kästchen ausgedruckt haben für ihr Dialysegerät, war auch schon da. Dann kommen hier Architekten rein, die wollen ihre Architekturmodelle ausgedruckt haben."
Und alle lernen als Erstes:
"Es ist nicht so wie im 2D-Copyshop: Ich gehe mit einem Buch rein und kopiere das innerhalb von einer halben Stunde ..."
3D-Druck ist kompliziert
Nein, 3D-Druck ist wesentlich komplizierter. Beim 3D-Druck wird - im Gegensatz zu Methoden, die Material entfernen, wie Schleifen, Bohren, Fräsen - Material aufgetragen, eine Schichte nach der anderen. In einem manchmal nur mikrowellengroßen Gerät läuft dabei an Schienen und Stäben eine Art Heißklebe-Pistole und schichtet meistens heißen, flüssigen Kunststoff aufeinander: Punkt für Punkt, Lage für Lage - unermüdlich fährt der Druckkopf in seinem Gestänge die Form des Objekts ab - je nach Feinheit für ein 20 Zentimeter großes Objekt durchaus schon mal ne ganze Nacht lang ...
Der Computer, der die Druckerdüse steuert, braucht dafür exakte Daten - aus einer "druckbaren Datei", so nennen sie das. Und der Weg zu einer solchen STL-Datei geht, wenn man etwas selbst entwerfen will, vom Modellieren im 3D-Programm (wie es sie kostenlos im Internet gibt: zum Beispiel Blender oder Sketchup) - über ein Programm zur Optimierung und Nachbearbeitung des virtuellen Bildschirm-Modells - bis schließlich zur dritten Software zum Erstellen einer tatsächlichen Druckdatei für den 3D-Printer.
Mini-Modelle von sich selbst gehören derzeit zu den Lieblingsobjekten der Laufkundschaft: MEIN 3D heißt das nicht gerade billige Angebot - und liefert eine verblüffend lebensechte Figur - die Sechs-Zentimeter-Version, die in die Streichholzschachtel passt, kostet 45 Euro, die 35 Zentimeter hohe aber 780 - dafür zeigt die aber auch erstaunliche Details.
Alles gibt es im Internet als digitale Baupläne
Diese Figurinen werden übrigens aus Gips gedruckt, möglich ist aber auch Metall - und natürlich Kunststoff, der ist bislang das gängigste Druckmaterial. Der springende Punkt beim 3D-Druck sind die Dateien: ob iPhone-Hüllen über Bierflaschenöffner in Art Déco und Schmuck für den Hals oder die Schlafzimmerwand bis hin zu Fantasy-Kostümen oder Zitronenpressen in Häschenform - alles gibt es im Internet als digitale Baupläne zum Runterladen-und-dann-ausdrucken.
Auf Pirate Bay, der Mutter aller illegalen Tauschbörsen, gibt es längst auch eine Kategorie für 3D-Druckpläne, und Fachleute gehen davon aus, dass die künftigen Copyright-Kämpfe im Maschinenbau- und Designbereich die um Filme und Musik verblassen lassen. Das Marktforschungsunternehmen Gartner rechnet damit, dass die Verluste für Rechteinhaber 2018 bei mindestens 100 Milliarden Dollar jährlich liegen, denn: "Mit 3D-Druckern ist es so einfach wie noch nie, alles Mögliche zu kopieren - und Urheberrechtsverletzungen sind schwerer zu verhindern", sagt ein Gartner-Analyst.
Workshops zur 3D-Technik
Die Technik jedenfalls fängt gerade erst an, richtig zu explodieren. Deshalb bieten Copyshops wie Botspot auch eine Rundumversorgen für interessierte Kunden an: scannen nicht nur ein, drucken oder verkaufen und vermieten die Geräte, sondern sie bieten auch Workshops an zur 3D-Technik: zum Modellieren, Ausdrucken und Scannen ... Im Moment lohnt das ja noch, findet Thomas Strenger: Aber natürlich wird sich der Markt verändern, je normaler und alltäglicher die 3D-Druckerei wird:
"Ich glaube, in zehn Jahren wird es nicht mehr so einen Allroundanbieter geben, wie wir das sind. Ich glaube, in zehn Jahren wird es dann vielleicht auch wirklich den Pizzaladen geben, der auch 3D-Pizzen ausdruckt.Vielleicht hat er noch in seinem Angebot als Dessert einen Schokoladendrucker, der dann zur Weihnachtszeit den Weihnachtsmann ausdruckt, der Sie dann selber sind, weil - Sie wurden vorher eingescannt, und dann kann die Familie zuhause Ihnen den Kopf abbeissen ... - also das ist mit Sicherheit in zehn Jahren möglich."
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