Taxiruf per Touchscreen

Von Thomas Gith · 20.11.2012
Apps fürs Smartphone erleichtern den Alltag. Mit einigen von ihnen lassen sich sogar Taxis herbeirufen. Dafür genügt es prinzipiell, ein paar Mal auf das Display zu drücken und schon fahren die Wagen vor. Das kann praktisch sein, ist aber auch sehr umstritten.
Es ist kurz nach 12 Uhr mittags. In der Auguststraße in Berlin Mitte herrscht an diesem Werktag Verkehrschaos. Lieferwagen verstopfen die Straße, Radfahrer schlängeln sich über den Bürgersteig. Der Journalist Po Cheung sitzt in einem Café und blickt durch ein großes Glasfenster auf das Treiben. Gleich muss er raus ins Getümmel – und dann weiter zum Zahnarzt. Da er mit dem Taxi fahren will, holt er erst einmal sein Handy aus der Tasche.

"Also ich hab hier ein ganz normales Smartphone mit dem Android-Betriebssystem. Und ich habe verschiedene Apps, also Zusatzprogramme installiert, unter anderem auch My Taxi, das ist eine so genannte App mit der man Taxis rufen kann, ganz bequem, wo man eben steht, man drückt dann einfach auf das Icon, auf den Button, ich kann das ja mal eben zeigen."

Und dann tippt er mit seinen Zeigefinger auf das My Taxi Symbol – und los geht’s. Zuerst muss man sich mit Namen und Passwort einloggen, das GPS-System erkennt dann automatisch den Standort des Nutzers, markiert ihn auf einem digitalen Stadtplan. Jetzt noch das Ziel eingeben – und natürlich die Zeit.

"Also, 13 Uhr, möchte ich losfahren, damit ich dann eben pünktlich ankomme. So, jetzt drück ich auf bestellen. Dann fragt mich das Programm noch mal, ob ich verbindlich bestellen möchte. Und ich klick dann auf ja und das System meldet mir, dass ein Fahrer gesucht wird. Das dauert immer ein paar Sekunden. Wir haben einen Fahrer für sie gefunden und sie werden benachrichtigt, sobald dieser auf dem Weg zu ihnen ist."

Hört sich leicht an – klappt aber diesmal nicht. Denn kurz darauf kommt die Absage: Ein Fahrer hat den Auftrag zwar zuerst angenommen – doch dann gleich wieder storniert. Immerhin wird der Nutzer benachrichtigt. Also alles von vorne: Doch diesmal hängt sich die Internetverbindung auf, nichts geht mehr. Nach mehreren Versuchen gelingt die Bestellung – endlich!

Die My Taxi App informiert jetzt darüber, dass Fahrer Klaus Knöpfler unterwegs ist und den Auftrag angenommen hat. Auch das Baujahr seines Taxis, eine Foto des Fahrers und die Bewertung seines Services durch andere Kunden erscheinen auf dem Bildschirm. Für den Nutzer ist all das kostenlos, fällig wird nur der Preis für die Taxifahrt. Ein an und für sich angenehmer Service. Doch die Stiftung Warentest äußert auch Kritik an der My Taxi App. Simone Vintz.

"Also wir haben My Taxi sehr kritisch eingestuft, weil das Passwort unverschlüsselt übertragen wurde. My Taxi hat sich direkt darauf gemeldet auf unseren Test, hat uns darauf hingewiesen, dass inzwischen eine neue Version auf dem Markt ist und das dort die Verschlüsselung oder der Bug mit der Verschlüsselung behoben wurde."

Wer die My Taxi App auf die neuste Version aktualisiert, hat demnach nichts zu befürchten. Doch Kritik an der App gibt es auch von einigen Taxizentralen. Der Grund: Normalerweise vermitteln die zwischen Kunden und Fahrern, bekommen von den Taxis dafür Geld. My Taxi umgeht die Zentralen, stellt den direkten Kontakt zwischen Kunden und Fahrer her – und erhebt dafür von den Taxis pro Fahrt 79 Cent. Der Dienst am Kunden kann darunter leiden, meint Hermann Waldner von Taxifunk Berlin.

"Wir sagen, dass der Servicegedanke bei so einem Service wie My Taxi eben viel zu kurz kommt und dass nur diese Kunden zum Zuge kommen, die eben schnell und vollautomatisch über Smartphone eine Bestellung abgeben. Und solche Anbieter machen natürlich diesen Fullservice, den eine Funkzentrale anbietet, langfristig vielleicht das Leben schwer."

Die Funkzentralen wickeln telefonisch auch komplizierte Aufträge ab: Etwa Fahrtenbestellungen für Rollstuhlfahrer, die direkt in ihrer Wohnung abgeholt werden müssen. Prinzipiell ist das natürlich auch über eine App möglich – wenn auch vermutlich etwas umständlich. Doch die Funkzentralen haben längst reagiert: Viele bieten mittlerweile eigene, kostenlose Apps für iPhone und Android-Geräte an – die ähnlich wie My Taxi funktionieren. Ein großer Anbieter ist dabei Taxi.eu. Die App lässt sich deutschlandweit nutzen, sagt Geschäftsführer Herrmann Waldner.

"Also derzeit sind es in Deutschland 18.000 Taxis die an dem Dienst Taxi.eu teilnehmen. Das sind im Größenverhältnis rund ein Drittel aller Taxen in Deutschland. Es gibt insgesamt etwa 50.000 Taxis in Deutschland."

Zu den großen und deutschlandweiten Anbietern zählt dabei neben Taxi.eu und My Taxi auch Taxi Deutschland mit seiner App, die in mehr als 2500 Orten funktioniert. Doch nur ein kleiner Teil aller Taxibestellungen in Deutschland wird bisher tatsächlich über das Smartphone abgewickelt.

In Berlin Mitte ist Po Cheung mittlerweile ins Taxi eingestiegen. Fahrer Klaus Knöpfler erzählt, wie er den Auftrag erhalten hat.

"Ich hatte eine Anfrage eines Kunden, der 80 Meter entfernt war, und dies erschien auf meinem Smartphone-Tableau. Und ich musste zustimmen, ich habe zugestimmt und in dem Augenblick bekam ich die Adresse von dem Kunden und er hat mein Gesicht auf seinem Display gesehen."

Wenige Minuten später ist das Ziel erreicht. Kaum ist bezahlt und ausgestiegen, kommt eine Nachricht von My Taxi aufs Handy. Po Cheung holt sein Smartphone hervor.

"Die App fordert mich auf, den Taxifahrer zu bewerten. Und ich fand ihn eigentlich ganz nett, den Herrn Knöpfler. Und deshalb bewerte ich ihn mit fünf Sternen. Das Taxi war auch sauber, also zweimal fünf Sterne bewerten. Und schon ist die Fahrt erledigt und ich kann beim nächsten Mal dann wieder die App nutzen, wenn ich ein Taxi brauche."