Tausende in Moskau gegen Putin auf der Straße

Von Gesine Dornblüth · 12.06.2013
Präsident Wladimir Putin betonte in seiner Ansprache zum russischen Nationalfeiertag: Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit hätten Priorität für das Land. Seine Kritiker sehen das aber anders. Sie zogen in einem Demonstrationszug durch die Hauptstadt.
"Freiheit für die politischen Gefangenen". Diese Forderung stand heute im Mittelpunkt der Protestdemonstration in Moskau. Viele Teilnehmer hielten Fotos von Häftlingen hoch. 27 Menschen sind angeklagt, bei einer Protestkundgebung am 6. Mai letzten Jahres an Massenunruhen teilgenommen oder diese organisiert zu haben. Viele von ihnen sitzen seit einem Jahr in Untersuchungshaft. Unabhängige Beobachter halten die Anklage für völlig überzogen. Experten sagen, es gab keine Massenunruhen. Den Angeklagten drohen mehrjährige Haftstrafen. Ein Demonstrant:

"Sie sind unschuldig und müssen freigelassen werden. Und zwar so schnell wie möglich. Deshalb bin ich hier."

Das wird so nicht funktionieren, sagt Wladimir Ryschkow von der oppositionellen, nicht im Parlament vertretenen Partei Parnas. Er führte den Demonstrationszug mit an.

"Ich fürchte, wir müssen mit Verurteilungen rechnen. Da ist es umso wichtiger, Solidarität mit den Gefangenen zu zeigen. Was mit ihnen geschieht, ist eine grobe Verletzung von Menschenrechten."

Erneut wurden heute auch Rufe nach einem "Russland ohne Putin" laut. Eine andere Losung lautete: "Freiheit, Würde, Widerstand". Von dem Optimismus vergangener Kundgebungen war allerdings nichts zu spüren. Dmitri Gudkow, einer von zwei Duma-Abgeordneten, die die Proteste unterstützen, gab sich dennoch kämpferisch:

"Jede Protestaktion erinnert die Machthaber daran, dass wir da sind, dass wir nichts vergessen haben, weder die politischen Gefangenen, noch die Forderungen, die wir bei vielen früheren Kundgebungen formuliert haben. Die Gesellschaft reift, und früher oder später werden hier eine Million Menschen stehen."

Heute waren es geschätzt 10.000. Unter den Demonstranten war auch der prominente Blogger Aleksej Nawalnyj. Gegen ihn läuft derzeit ein Verfahren wegen Veruntreuung, ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft. Ein anderer bekannter Oppositioneller, Sergej Udalzow von der Linksfront, konnte nicht teilnehmen. Er ist einer der Angeklagten des 6. Mai und steht unter Hausarrest.

Im Demonstrationszug waren auch Regenbogenfahnen zu sehen. Gestern hatte die Staatsduma ein Gesetz verabschiedet, dass sogenannte Homosexuellen-Propaganda verbietet. Das Gesetz ist allerdings noch nicht in Kraft. Die heutige Demonstration verlief ruhig. Die Polizei hielt sich zurück.
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