Tausende Fälle im Zivil- und Strafrecht

Jede Menge Arbeit für die Schiedsleute

Hände symbolisieren eine Streitschlichtung.
Ehrenamtliche Schiedsleute haben häufig mit Nachbarschaftsstreit zu tun. © picture alliance / dpa / Tobias Kleinschmidt
Von Klaus Deuse · 28.07.2015
Die Richter in Deutschland sind überlastet, dabei gehört nicht jeder Fall vor Gericht. Es gibt auch ehrenamtliche Schiedsleute, die in zivil- und strafrechtlichen Angelegenheiten vermitteln. Im vergangenen Jahr wurden über 15.000 Fälle verhandelt. Mit Erfolg?
"Vor einiger Zeit hatten wir Probleme mit einem Anwohner, der sich ständig auf unsere Parkplätze stellte. Darauf hin angesprochen, reagierte er unverschämt und wurde beleidigend. Es musste eine Lösung her. Er musste irgendwie zur Einsicht kommen – und darauf hin bin ich dann zum Schiedsmann gegangen",
sagt Marion Höffner. Schließlich habe der renitente Parker ihren Mann auch körperlich bedrängt. Auseinandersetzungen, die Monika Ganteföhr nicht fremd sind. Seit 31 Jahren übt sie in Herne das Ehrenamt der Schiedsfrau aus. Wenn sie angerufen wird, geht es nicht nur um Lappalien, sondern auch um minderschwere Fälle aus dem strafrechtlichen Bereich.
"Da sind wir zuständig für Beleidigungen und Bedrohung, Sachbeschädigung, Körperverletzung, Hausfriedensbruch und Verletzung des Briefgeheimnisses."
Mal ist der Baum zu groß, mal die Hecke zu weit
Viel zu tun gibt es für die ehrenamtlichen Schlichter vor allem im nachbarrechtlichen Bereich. Oft landen dabei Klassiker auf dem Schreibtisch von Monika Ganteföhr.
"Wenn der Baum zu groß wird oder die Hecke zu weit rüber wächst oder Wurzeln ins eigene Grundstück wachsen. Alle diese Dinge müssen zuerst zu einem Schiedsmann oder einer Schiedsfrau, bevor man Klage einreichen kann bei einem Gericht."
Denn wenn kein öffentliches Interesse vorliegt, dann ist das kein Fall für den Staatsanwalt, sondern für die 10.000 Schiedsleute in der Republik. Was viele aber nicht wissen und über ihre Rechtsschutzversicherung direkt zur Keule der Klage greifen wollen. Doch nach den Gesetzesvorschriften müssen sich die Streithähne erst bei den Schiedsleuten in ihrem Wohnbezirk auseinandersetzen. Nicht selten in deren Wohnzimmer.
"Viele Schiedspersonen schlichten eben zu Hause in den eigenen vier Wänden. Das bedeutet, es muss ein Raum vorhanden sein mit einer Tür, die ich zumachen kann, denn die Verhandlungen sind nicht öffentlich. Also Familienmitglieder, die sich in der Wohnung aufhalten, sollen nicht mithören können."
Allerdings verfügen nicht alle ehrenamtlichen Schlichter so wie Monika Ganteföhr über ein separates Arbeitszimmer.
"Und ich kenne durchaus Kollegen, die ihre Frau in der Zeit dann auch schon mal um den Block schicken. Bei Wind und Wetter."
Erfolgsquote liegt bei mehr als 50 Prozent
Aus gutem Grund. Denn in diesen 31 Jahren ist der Schiedsfrau, die inzwischen Bundesvorsitzende der ehrenamtlichen Schiedsleute ist, nichts Menschliches fremd geblieben.
"Es wird manchmal sehr laut. Aber das muss es auch, weil es sich oft um Ärger handelt, der sich über lange Zeit angestaut hat und da muss der Druck auch mal aus dem Kessel."
Wenn dieser Druck raus ist, dann geht es darum, die Streithähne zu einem Vergleich zu bewegen. Und an den haben sich die Beteiligten wie bei einem Gerichtsurteil 30 Jahre lang zu halten. Wie im Fall von Marion Höffner und des bis dahin uneinsichtigen rücksichtslosen Parkers, der sich verpflichtet hat, sein Auto künftig woanders abzustellen.
"Also es war schon gut, einen Schiedsmann aufgesucht zu haben. Denn im klärenden Gespräch zeigen sich dann doch Leute, die vorher ne große Klappe haben, kleinlaut. Und insofern bin ich sehr zufrieden mit der Reglementierung, die der Schiedsmann dann herbei geführt hat."
Über 12.000 zivilrechtliche Fälle haben die Schiedsmänner und –frauen im vergangenen Jahr verhandelt. Weitere knapp 3.000 im strafrechtlichen Bereich. Die Erfolgsquote liegt bei über 55 Prozent.
Mehr zum Thema